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Frauen in Führung / waswillstdumehr
„Ja, ich will“
Sparkassen nehmen für sich in Anspruch, gesellschaftliche Vielfalt zu fördern. Doch bei der gleichberechtigten Teilhabe von Frauen an Führungsaufgaben hapert es noch. Was Arbeitgeber und junge Talente tun können, um das zu ändern. Ein Gespräch über Rollenbilder, Mütter und die Quote.

    Die Gesprächspartnerinnen:

    • Dr. Birgit Roos ist seit 2004 in Vorstandspositionen tätig. Führungserfahrungen sammelte sie unter anderem als „erste Frau auf der zweiten Ebene der WestLB“ und wurde von dort zur Investitionsbank Berlin berufen. Seit 2012 ist sie Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Krefeld und auch im Netzwerk „Sparkassen-Frauen in Führung“ engagiert.
    • Sabine Haberland-Hoffmann ist Leiterin Ausbildungsbetreuung und Führungskräfteberatung der Sparkasse Krefeld und seit 20 Jahren auch Gleichstellungsbeauftragte des Instituts.
    • Heike Hinsen ist seit 2012 Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Krefeld. Ihr Amt umfasst eine große Bandbreite an organisatorischen und personalwirtschaftlichen Aufgaben für eine gleichberechtigte Teilhabe an beruflichen Chancen.
    • Anja Steinbeck verantwortet in der Sparkassenakademie NRW etwa die Angebote für „Vorstandsmitglieder und Verhinderungsvertreter/-innen“ und fördert Frauen in Karriere insbesondere hin zur Geschäftsleiterqualifikation.

      Lesen Sie hier den ersten Teil dieses Beitrags: Gemeinsames Seminar von Stadt und Sparkasse Krefeld
       

    Zunächst eine Grundsatzfrage: Warum sollten Sparkassen Frauen mehr Verantwortung zutrauen?
    Birgit Roos, Sparkasse Krefeld: Wir haben in der Sparkassen-Finanzgruppe sehr viele Talente. Das ist großartig – wenn wir was daraus machen. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass es uns in der Gruppe allen guttut, wenn wir Frauen motivieren, ihre Kraft stärker für Führungsaufgaben einzusetzen. Wir brauchen die Besten aus der gesamten Belegschaft – also die Besten aus 100 Prozent.

     

    „Wir brauchen die Besten aus der gesamten Belegschaft – also die Besten aus 100 Prozent.“
    Birgit Roos, Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Krefeld.


    Mentoring gilt als eins der wesentlichen Instrumente für karriereorientierte Frauen.
    Sabine Haberland-Hoffmann, Sparkasse Krefeld: Viele Frauen haben verstanden, dass es neben fachlicher Qualifikation auch auf ihr Selbstbild, ihre berufliche Taktik, ihr Verhalten in Auswahlverfahren ankommt. Mentoring gibt ihnen das nötige Feedback dazu.

    Heike Hinsen, Stadt Krefeld: Mentoring bietet Schutz und macht Mut. Im Austausch unter Gleichgesinnten können Frauen leichter für sich klären, wie viel Führung sie anstreben – und ob überhaupt. In der Stadtverwaltung Krefeld haben wir deshalb ein Mentoring-Programm aufgelegt. Die Resonanz ist bombastisch


      Welche Entwicklung durchlaufen Nachwuchsführungskräfte beim Mentoring?
      Anja Steinbeck, Sparkassenakademie NRW: Unterschiedlich, je nach Lebensphase, Charakter und beruflichem Stand. Viele junge Frauen stellen aber zum Beispiel fest, wie sehr sie unbewusst von ihren Müttern geprägt wurden.

      Wo es starke, berufstätige Frauen in der eigenen Biografie gibt, fällt es den Töchtern oft leichter, zum Beispiel eine kürzere Babypause zu nehmen – ohne sich deshalb wie eine Rabenmutter zu fühlen, auch wenn das private Umfeld schief guckt. Da braucht es starke Vorbilder im beruflichen Kontext und mutige Frauen.

       

      „Es braucht starke Vorbilder im beruflichen Kontext und mutige Frauen.“
      Anja Steinbeck, Produktmanagerin Management & Führung
      Organisationsentwicklung und Beratung bei der Sparkassenakademie NRW.


      Ist das die klassische Frage – Kind oder Karriere?
      Roos: Für viele ist das so. Aus meiner Sicht sollte man aber, um auf dem Karriereweg wirklich weit zu kommen, diese Entscheidung schon deutlich vor einer möglichen Familienphase treffen und vorausberechnen, welche Qualifikationen Sie dazu brauchen.

      Vor allem sollten Frauen bedenken, dass Karrierewege in der Sparkasse über die „risikorelevanten Bereiche“ führen. Wenn man Familie und berufliches Fortkommen hintereinander statt parallel angeht, kann es zu lange dauern.
       

      Welche persönlichen Erfahrungen haben Sie mit Mentoring gemacht?
      Haberland-Hoffmann: Ich war im ersten Durchgang des Cross Mentorings Mentorin, und inzwischen als Koordinatorin mit dem Thema verbunden. Mir fällt auf, dass die Mentees selbst immer aktiver werden. Sie wollen wirklich mehr über sich erfahren. Sie wollen sichtbar sein. Das ist eine gute Entwicklung.

      Roos: Auf den ersten Karrierestufen habe ich selbst ein Mentoring-Programm mitgemacht und gebe meine Erfahrung heute als Mentorin weiter. Die direkte Rückmeldung in beide Richtungen ist sehr wichtig, um die eigenen Stärken besser einzusetzen. Vor allem muss man stringent vorgehen, selbstbewusst sein, präsent und sichtbar.
       

      Das heißt, „Ja, ich will“ ist die Zauberformel zum Erfolg?
      Roos: Das ist die Kernaussage – für jeden persönlich, aber das könnte auch eine gute Haltung zum Thema „Frauen in Führungsaufgaben“ für uns als Gruppe sein.

      Ich finde es zum Beispiel gut, dass die Ministerin Ina Scharrenbach die Schirmherrschaft für das Mentoring-Programm des RSGV übernommen hat. So werden wir auch in der Landespolitik als verantwortlicher Arbeitgeber sichtbar. Das steht den Sparkassen gut zu Gesicht.
       

      Was kann in den Häusern selbst getan werden?
      Hinsen: Ein wichtiges Stichwort ist: Recruiting. Als kommunaler Arbeitgeber standen wir lange in dem Ruf, vor allem jene Frauen anzusprechen, die gut versorgt und abgesichert sein möchten. Vielleicht ein bisschen ähnlich wie in Sparkassen.

      Heute stellen wir uns anders auf. Zur Personalentwicklung gehört etwa, dass wir Masterstudiengänge anbieten und finanzieren. Es ist allerdings ein typisch deutsches Problem, dass das Zeitfenster, wo der Sprung Richtung Karriere passieren muss, sehr kurz ist.

       

      „Frauen sind so sozialisiert, dass sie darauf achten, dass es allen gut geht. Manchmal vergessen sie dabei, zu sagen: Ich mach das jetzt, weil es mir guttut.“
      Heike Hinsen, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Krefeld.


      Wie unterstützen die Akademien?
      Steinbeck: Die Sparkassenakademie NRW hat sich zum Ziel gemacht, den gesetzlichen Auftrag „verstärkte Qualifikation von Frauen für Leitungsfunktionen einschließlich der Geschäftsleitungseignung“ gemäß Paragraf 19 des Sparkassengesetzes Nordrhein-Westfalen wirksam zu unterstützen.

      Zur konkreten Umsetzung haben wir verschiedene Formate entwickelt, die sich an den Karrierephasen der Frauen orientieren und wirksam Frauen Karriere unterstützen. Dazu gehören auch die Cross-Mentoring-Programme in NRW, die maßgeblich von den Regionalverbänden gefördert und umgesetzt werden.

      Haberland-Hoffmann: Solche übergreifenden Angebote sind sehr wichtig, weil dadurch auch tragfähige Netzwerke entstehen. Dennoch haben aus meiner Sicht gerade auch die Personalreferentinnen und Personalreferenten einen aktiven Part.
       

      Was können die Personalverantwortlichen tun?
      Haberland-Hoffmann: Bei mir im Team gehen wir etwa bei Ausschreibungen gezielt auf qualifizierte Frauen zu. Die Frauen prüfen üblicherweise, ob sie die Anforderungen zu 150 Prozent erfüllen, und wenn nicht, werfen sie ihren Hut gar nicht erst in den Ring. Das wollen wir ändern, und wer die guten Leute im eigenen Haus kennt, dem kann das auch gelingen.

      Umgekehrt sage ich schon denjenigen, die mit dem Studium beginnen: Nicht nur den Abschluss haben, sondern auch was draus machen!

       

      „Die Frauen prüfen üblicherweise, ob sie die Anforderungen zu 150 Prozent erfüllen, und wenn nicht, werfen sie ihren Hut gar nicht erst in den Ring.“
      Sabine Haberland-Hoffmann, Leiterin Ausbildungsbetreuung und Führungskräfteberatung sowie Gleichstellungsbeauftragte der Sparkasse Krefeld.


      Setzen sich junge Frauen auch manchmal selbst unnötige Grenzen?
      Hinsen: Frauen sind so sozialisiert, dass sie darauf achten, dass es allen gut geht. Manchmal vergessen sie dabei, zu sagen: Ich mach das jetzt, weil es mir guttut. Es ist aber möglich, auch in der Familie Verantwortung auf mehr Schultern zu verteilen.

      Roos: Ganz wichtig ist, sich auch vom eigenen Scheitern nicht frustrieren zu lassen. Es ist kein Problem, wenn man nicht gleich beim ersten Versuch vorwärtskommt. Dann macht man eben einen neuen. Karrierewege sind nicht immer nur nett. Manchmal muss man sein Krönchen richten, das gehört dazu.
       

      Frauen in Führung sollten krisenfest sein?
      Haberland-Hoffmann: Na klar. Und auch schon auf dem Weg dorthin. Gerade wenn man Erfolg hat, muss man das für den nächsten Schritt nutzen – statt sich mit  Lob von oben zufriedenzugeben. Es ist der richtige Zeitpunkt, eine neue Position anzustreben und sich zu verändern.

      Und wenn es schlecht lief, nehmen manche Frauen Kritik sehr persönlich. Viele männliche Kollegen sagen schlicht: Der kann mich mal – und gehen weiter ihren Weg.


      Also müssen wir die Strukturen aufbrechen, Klischees aufgeben – und auch die Kultur ändern?
      Steinbeck: Tatsächlich geschieht das schon. Das Industriezeitalter endet, und damit auch klassische Top-down-Führung. Das Innovationszeitalter braucht eine neue Form von Effizienz, die aus Kollaboration entsteht und von dem Gefühl angetrieben wird, eine Arbeit mit Sinn zu machen und einen wertvollen Beitrag zu leisten. Der Mensch steht im Fokus und prägt die moderne Wertschöpfung maßgeblich.

      Anforderungen an moderne Führung, können natürlich auch Männer erfüllen. Aber es sind Fähigkeiten gefragt, die oft auch Frauen gut liegen. Das sollte alle Frauen noch mutiger machen.
       

      „Aber eigentlich brauchen wir mehr Tempo. Ich kann mir inzwischen eine Quote vorstellen – auch in der Sparkassen-Finanzgruppe.“
      Birgit Roos


      Also brauchen wir gar keine Quote. Die Veränderung kommt irgendwie von selbst.
      Hinsen: Die Veränderung kommt, aber die Quote hilft. Sie hilft den Männern, zu sagen: Ok, das machen wir jetzt. Auch denen, die das schon lange für sinnvoll erachten. Und davon gibt es viele.

      Roos: Sagen wir so: Jeder und jede kann etwas dazu tun, dass Frauen mit Führungsverantwortung selbstverständlich werden. Die Netzwerke unserer Gruppe wie die „Sparkassen-Frauen in Führung“ haben da schon gut den Boden bereitet.

      Aber eigentlich brauchen wir mehr Tempo. Ich kann mir inzwischen eine Quote vorstellen – auch in der Sparkassen-Finanzgruppe.

       

      Lesen Sie hier den ersten Teil: Gemeinsames Seminar von Stadt und Sparkasse Krefeld

      Anke Bunz
      – 19. Mai 2021