Zurück
Konsortialfinanzierung
„Wir sind die Zentrale für interne und externe Partner“
Die Stadtsparkasse München hat ihren Geschäftsbereich Konsortialkredite gebündelt. Das kommt Firmenkunden und Verbundpartnern zugute, erläutern Marcus Betz und Bastian Wagner im Experteninterview.

Herr Betz und Herr Wagner, Sie sind bei der Stadtsparkasse München seit Jahresbeginn für das Konsortialgeschäft zuständig. Was erhofft sich Ihr Haus davon, diesen Geschäftsbereich zu zentralisieren?

Marcus Betz: Einmal geht es darum, den Vertrieb zu entlasten. Das Konsortialgeschäft war bisher in der Verantwortung eines jeden Firmenkundenberaters. Jetzt haben wir dafür eine eigene Funktion, an die der Vertrieb die Aufgaben abgeben kann. Damit entstehen mehr Freiräume für Akquisitionstätigkeiten.

Eine eigene Konsortialstelle entlastet aber auch die Bilanz der Stadtsparkasse, indem wir weniger Risikoaktiva binden. Die Freiräume werden wir für profitables Neugeschäft nutzen. Außerdem stärken wir unsere Position bei unseren Kunden. Das Thema Syndizierung eröffnet neue Aspekte in einer Kundenbeziehung. Das wollen wir systematisch nutzen.

Wir stehen somit unseren Firmenkunden auch bei größeren Finanzierungen mit der geballten Kraft der Sparkassen-Finanzgruppe zur Verfügung. Der Kunde muss also nicht zu einer anderen Bank wechseln, sondern kann uns als Hausbank behalten.

Was genau sind die Aufgaben der Konsortialstelle?

Bastian Wagner: Kurz gesagt: Wir bilden die Schnittstelle zu unseren Kunden, dem Vertrieb, der Marktfolge, der Rechtsabteilung und zu den Sparkassen.

Betz: Die Konsortialstelle ist vollumfänglich für die Prozessierung einer konsortialen Transaktion verantwortlich. Dazu gehört die Beratung der Kunden und des Vertriebs, die Mitwirkung bei Term Sheets, das Erstellen von Teasern und Information Memorandums, das Zusammenstellen der Konsortien sowie die dokumentäre Umsetzung mit Marktfolge und Rechtsabteilung.

Was tun Sie, wenn andere Geldinstitute bei der Stadtsparkasse München wegen eines Konsortialgeschäfts anfragen?

Betz: Wir erhalten sehr oft Anfragen zu Konsortialgeschäften von anderen Sparkassen und Banken und können diese Anfragen jetzt an einer zentralen Stelle bündeln. Denn mit der Konsortialstelle wurde eine feste Schnittstelle von innen nach außen und von außen nach innen geschaffen. Unsere Partner wissen also genau, an wen sie sich wenden können, und die Konsortialstelle koordiniert dann den Prozess in der Stadtsparkasse München.

Wagner: Unser Netzwerk in die Sparkassen-Finanzgruppe ist ein wichtiger Punkt. Wir wollen die schon jetzt sehr guten Beziehungen zu den Verbundpartnern mit dem Konsortialthema weiter vertiefen und die Zusammenarbeit ausbauen und verstetigen. 

Wir stellen anderen Sparkassen, die nach Anlagemöglichkeiten im Kreditbereich suchen, Kreditabschnitte zur Verfügung, beispielsweise im Immobiliensektor der Metropolregion München. Darüber hinaus versprechen wir uns einen nennenswerten Beitrag zu unseren Gebührenerlösen, wenn wir Konsortialführungen übernehmen.

Wie gehen Sie vor bei der Zusammenarbeit mit Unternehmen aus dem Verbund?

Wagner: Konsortialgeschäft lebt von gegenseitigem Vertrauen. Wenn ich mit Sparkassen über Transaktionen spreche muss klar sein, dass wir ein professioneller und kompetenter Partner sind. Das geht nicht von heute auf morgen, sondern das muss man sich erarbeiten und unter Beweis stellen. Dazu gehört auch, dass wir möglichst zielgenau wissen, welchen Risiko-Appetit die einzelnen Häuser haben. Einen großen Teil meiner Zeit verwende ich daher auf Telkos und Videocalls mit Sparkassen, um zu lernen und zuzuhören. Das ist sehr gut investierte Zeit.

Betz: Von einem Konsortialführer erwarten Sparkassen, dass er sie zielgerichtet durch den Prozess einer Transaktion begleitet. Dazu gehört, den Konsortialpartnern jederzeit für Fragen oder Themen zur Verfügung zu stehen und sie mit allen notwendigen Informationen zu versorgen. Das ist unser Anspruch, und der ist durchaus vergleichbar mit einer herkömmlichen Kunde-Bank-Beziehung.

Wagner: Wir verstehen die Funktion als Konsortialführer ja nicht als Einbahnstraße. Wir positionieren die Konsortialstelle bewusst auch als ersten Kontaktpunkt für Sparkassen und Banken, die uns zu Transaktionen einladen. Wir übernehmen die Kommunikation und sorgen dafür, dass die Themen intern an den richtigen Stellen platziert werden und die Sparkassen sich nicht erst um Ansprechpartner kümmern müssen.

 Wie sind Sie beim Aufbau während der ersten Monate vorgegangen?

Betz: Die Grundlage bildet ein Vorstandsbeschluss, der den Rahmen vorgibt. Neben der eigentlichen Funktion, die derzeit direkt an mich berichtet, haben wir Kapazitäten in der Marktfolge und in der Rechtsabteilung aufgebaut.

Wagner: Das ist ein wichtiger Punkt! Für den Erfolg der Konsortialstelle ist es mitentscheidend, dass die Sachbearbeitung aus einem Guss ist und an allen Stellen Know-How weiter aus- und aufgebaut wird.

Zu Beginn haben wir eine kleine Road-Show gemacht, wir haben uns also bei den Vertriebs- und Marktfolgeeinheiten vorgestellt und das Konsortialthema präsentiert. Wir leben von unseren sehr guten Kundenbeziehungen und sind darauf angewiesen, dass der Vertrieb das Thema entsprechend platziert.

Dann haben wir geprüft, wie ein gemeinsamer Workflow sinnvollerweise aussehen könnte. In konsortialen Strukturen hat man es oft mit dem Faktor Zeit zu tun. Es muss also klar sein, wer was wann und wie macht.

Darüber hinaus stellen wir gerade ein kleines Team zusammen aus einem Juniorbetreuer und einem erfahrenen Kollegen. Parallel haben wir umgehend damit begonnen, unser Netzwerk zu Sparkassen und Banken zu vertiefen und auszubauen. 

Wie war die Resonanz?

Wagner: Durchaus positiv. Die Kollegen im Haus sehen die Notwendigkeit und den Mehrwert, den wir stiften. Das Gleiche gilt übrigens für andere Sparkassen. Die Stadtsparkasse München steht im Sparkassenranking an vierter Stelle, und wir sind die größte Sparkasse in Bayern. Da wird es positiv wahrgenommen, wenn wir die Zusammenarbeit an dieser Stelle weiter ausbauen wollen und eine zentrale Anlaufstelle für unsere Partner in der Sparkassen-Finanzgruppe schaffen.

Ab welcher Größenordnung eines Kredits sollten mittelgroße Sparkassen nach Konsortialpartnern im Verbund oder außerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe suchen?

Betz: Dass kommt immer auf die Situation und darauf an, wie ein Haus beispielsweise solche Fragen beantwortet: Was lässt die Bilanz an zusätzlichen Risiken zu? Gibt es eine Obergrenze beim Engagement, die erreicht werden könnte? Stehen ausreichend Kapazitäten für Durchführung und Abwicklung zur Verfügung? Geht es um eine Asset-Klasse, bei der ein Haus nur noch in Maßen wachsen will?

Wagner: 10 bis 20 Millionen Euro sind je nach Größe der Sparkasse vielleicht ein guter Richtwert. Man muss auch immer darauf achten, dass die einzelnen Tickets nicht zu klein sind und im Verhältnis zum Aufwand stehen. Eine konsortiale Beteiligung sollte daher eigentlich nicht unter fünf Millionen Euro liegen.

Gibt es eine Obergrenze bei der Anzahl der Konsortialpartner?

Wagner: Auch hier gibt es keine absolute Zahl. Man muss aber darauf achten, dass Konsortien nicht zu viele Teilnehmer haben, sonst wird es schnell unübersichtlich und schwierig, den Service-Level zu halten. In der Sparkassen-Finanzgruppe sollte die Obergrenze bei sechs bis acht Partnern liegen.

 

In der zentral gelegenen Hauptstelle der Stadtsparkasse München in der Sparkassenstraße befindet sich auch die neue Abteilung für das Konsortialgeschäft.

Was sollten Unternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe beachten, wenn Verbundexterne am Konsortium beteiligt sind?

Wagner: Die Dokumentation ist bei großen Banken oft sehr umfangreich. Bei internationalen Häusern oder Transaktionen bewegt man sich zudem sehr schnell im sogenannten LMA-Standard und in englischer Sprache. Da sehe ich bei Konsortien von Sparkassen einen großen Vorteil, insbesondere für mittelständische Unternehmen, denn die Verträge sind schlank und Vertragssprache ist in der Regel Deutsch.

Zudem hat sich in der Sparkassen-Finanzgruppe ein gewisser Standard etabliert. Das bedeutet, dass die Konsorten mit der Dokumentation vertraut sind, was zusätzliche Transaktionssicherheit gewährleistet.

Sollte ein kleineres Haus die Konsortialführerschaft immer größeren Partnern überlassen, beispielsweise einer Landesbank?

Betz: Das kommt immer darauf an, wer in einem Konsortium das größte Ticket schreibt. In der Regel bringen die Landes- und Geschäftsbanken wegen ihrer Größe mehr Gewicht auf die Waage, und der Partner mit dem größten Commitment übernimmt in der Regel auch die Konsortialführung.

Für welche Kunden welcher Branchen sind Konsortialfinanzierungen sinnvoll?

Betz: Aus unserer Sicht kommt eine Konsortialfinanzierung für alle Branchen in Frage, grundsätzlich immer dann, wenn das Volumen für ein einzelnes Geldinstitut zu groß wird. Die Strukturierung geht dann auf die spezifischen Gegebenheiten der Branche ein, also ob beispielsweise der Kreditnehmer eine Saisonlinie benötigt oder bestimmte Covenants üblich sind. Auch die Laufzeit einer Finanzierung hängt von der Branche ab.

Was ist zu beachten, wenn Verbundunternehmen kommunale Projekte mit Konsortialfinanzierungen unterstützen?

Wagner: Prinzipiell sehe ich hier keine wesentlichen Unterschiede zu herkömmlichen Konsortialfinanzierungen. Natürlich hat man es hier oft mit langen Laufzeiten und Garantiestrukturen zu tun, die im klassischen Firmenkundengeschäft eher unüblich sind. Grundsätzlich bin ich der Auffassung, dass kommunale Projekte und Sparkassen auf Grund ihres gemeinsamen öffentlichen Auftrags sehr gut zusammenpassen.

Wie gehen Sie vor, wenn eine Sparkasse für das Auslandsgeschäft eines Firmenkunden eine Konsortialfinanzierung benötigt?

Betz: Konsortialfinanzierungen im Auslandsgeschäft gibt es zurzeit in der Stadtsparkasse München nicht. Wir vermitteln aber Auslandsfinanzierungen an Partnerbanken im S-Country Desk, an Landesbanken und an die Deutsche Leasing und bieten unseren Kunden einen Lösungsweg.

Welche Rolle spielt das Thema Digitaltechnik im klassischen Konsortialgeschäft?

Wagner: Es gibt sicher viele Prozesse, die sich digital sehr gut und komfortabel abwickeln lassen, beispielsweise der Austausch und die Speicherung von Daten und Unterlagen. Wir in der Stadtsparkasse arbeiten mit einer eigenen Cloud-Lösung.

Zudem verfolgen wir die Entwicklung bestehender und neuer Plattformen sehr genau und beobachten teilweise sehr interessante Ansätze. Beispielsweise lassen sich Themen wie Einladung, Administration und Orderabgabe digital darstellen.

Wichtig ist aus meiner Sicht, dass Digitalisierung echten Mehrwert schafft und nicht Selbstzweck ist. Solche Dinge wie Netzwerkaufbau, Beziehungspflege und das Verständnis für den Partner kann man ohnehin keiner Technik und keinem Chip überlassen.

Könnte die Blockchain-Technik bei Kreditkonsortien bisher komplexe Vorgänge vereinfachen?

Betz: Ja, Blockchain wird das Dokumentengeschäft revolutionieren. Dokumente verbriefen ein Recht an der Ware, und die Verbriefung kann beispielsweise durch einen Code ersetzt werden. Das ist allerdings noch Zukunftsmusik. 

Bastian Wagner ist seit Januar 2021 Leiter Konsortialfinanzierung bei der Stadtsparkasse München. Zuvor war der Jurist und Absolvent eines MBA-Studiengangs 19 Jahre bei der BayernLB tätig, zuletzt im Bereich Corporate Banking in München.

Marcus Betz ist seit Dezember 2018 Direktor Firmenkunden und Bauträger bei der Stadtsparkasse München. Zuvor war der Betriebswirt 20 Jahre bei der BayernLB tätig, zuletzt als Abteilungsleiter Corporate Banking in München und Mailand. Seine Bankausbildung absolvierte Betz bei der Stadtsparkasse Augsburg.

 

Bündeln und koordinieren das Konsortialgeschäft bei der Stadtsparkasse München: Bastian Wagner (links) und Marcus Betz (rechts).
Christoph Becker (Foto oben: Stadtsparkasse München)
– 7. Oktober 2021