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Firmenkundengeschäft im Wandel
Agieren Sie schon oder reagieren Sie noch?
Die Firmenkundenberatung der Sparkassen kann mithilfe des Firmenkundenportals und von Data-Analytics besser auf den Kunden zugeschnitten werden, erläutern die Autoren Roland Elsner und Dominik Pfeifferling von Sparkassen Consulting in ihrem gemeinsamen Gastbeitrag.

Die Finanzbranche unterliegt seit Jahren einem starken Wandel. In Deutschland gibt es aktuell kaum eine andere Branche, die sich in einem solchen Umbruch befindet. Auch im europäischen Vergleich durchläuft der deutsche Bankenmarkt die stärkste, strukturelle Veränderung der letzten 20 Jahre.

Die Digitalisierung hat die Finanzbranche, beschleunigt durch die Coronapandemie, erreicht und strukturelle sowie wirtschaftliche Veränderungen herbeigeführt, die zu verändertem Kundenverhalten führen und neue Geschäftsmöglichkeiten entstehen lassen. Sie charakterisiert sich durch zunehmende Vernetzung von Marktteilnehmern und deren Informationen, sowie durch eine stetig wachsende, jederzeitige Verfügbarkeit aller relevanten Informationen.

Kundenanforderungen verändern sich

Die sich daraus ergebende Transparenz führt in der Finanzbranche dazu, dass Kunden

  • sich online und mobil über Finanzprodukte, Preise und Zinssätze vollumgänglich informieren,
  • kanalübergreifend Beratungen und Dienstleistungen in Anspruch nehmen und
  • jederzeitige Information zum aktuellen Status ihrer Finanzthemen erwarten.

Die Ansprüche der Kunden verändern sich nachhaltig, denn auch die jungen Generationen rund um Y, Alpha und Beta kennen in Teilen gar keine andere Banking-Welt wie zum Beispiel die Baby-Boomer oder X-Generation. Sie übertragen ihre Erfahrungen, die sie in anderen Branchen machen, auf ihre Hausbanken.

Welche Anforderungen ergeben sich daraus für Sparkassen?

Das Leistungs- und Produktportfolio muss

  • jederzeitige Verfügbarkeit von standardisierten Bankdienstleistungen,
  • transparente Produkte und Leistungsübersichten,
  • einfache Abwicklung der Transaktionen und
  • reibungslose Wechsel zwischen den Kanälen ermöglichen.

Selbstbestimmtheit spielt während der gesamten Customer-Journey eine elementare Rolle. Der Kunde entscheidet, wann er welche Information abrufen will.
Sparkassen müssen die Customer-Journey demnach zwingend an den Erwartungen des Kunden ausrichten und deren Anforderungen an das eigene Leistungs- und Produktportfolio optimieren.

Digitalisierung und Plattformgeschäft

Dieses veränderte Kundenverhalten löst technologieinduzierte Innovationen aus, die alle Bankbereiche betreffen. Dem Digitalisierungstrend folgend, schaffen Fintechs transparente Online-Angebote. Mittelständler nehmen diesen Service vermehrt an, was die Bankenlandschaft durcheinanderbringt.

Erfolgsfaktoren, wie schnelle Kreditentscheidungen, umfassende anbieter- und produktunabhängige Beratung, werden dabei von den Kunden besonders geschätzt. Beispielsweise kann eine Full-Service-Plattform für Mittelstandsfinanzierung ein Vermittlungsvolumen von rund 1,5 Milliarden Euro vorweisen („FinanzBusiness“).

Sparkassen und andere Banken verlieren durch FinTechs im gezielten Kampf um Nischenproduktabsätze Marktanteile. Aufgrund der Vermittlung von Kunden findet eine erneute Umverteilung der Kunden in einem bisher weitgehend verteilten Markt statt.

Kooperationen mit Fintechs bieten Sparkassen die Möglichkeit, Erträge kurzfristig in das eigene Institut zurückzuholen und an der Umverteilung der Kunden zu partizipieren, sowohl als Produktanbieter als auch als Produktnachfrager. Wenn die Finanzierung im eigenen Haus nicht dargestellt werden kann oder das eigene Produktportfolio mit Blick auf alternative Finanzierungen nicht ausreicht, bieten Kooperationen eine neue Chance, dennoch Erträge zu generieren.

Warum Sparkassen ihre Datenbasis häufig nicht nutzen

Interoperable Soft- und Hardware-Systeme ermöglichen es Fintechs, Potenziale aus den eigenen Kundendaten mittels verschiedenster Analyse-Tools zu heben.  Sparkassen und andere Banken haben dabei häufig Schwierigkeiten.

Insbesondere im Firmenkundengeschäft nutzen Sparkassen die zur Verfügung stehenden Daten nur rudimentär. Als kontoführendes Institut, das in der Regel Darlehen ausgibt und regelmäßig Unterlagen zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage ihrer Kunden einholt, haben Sparkassen sämtliche Daten, die zur Erkennung von Potenzialen und Affinitäten ihrer Kunden notwendig sind.

Doch scheitert man vielerorts nicht mal an der neuen, datengetriebenen Vertriebswelt, sondern schon an der Einführung beziehungsweise einer betraglich auskömmlich optimierten Aktivlinie im gewerblichen Vertrieb, da mehr Risiken als Chancen hausintern gesehen werden. Hier muss deutlich mehr Mut in die Entscheidungen fließen, da sonst mutige Marktteilnehmer einfach schneller sind.

Damit diese Daten jedoch nutzbar gemacht werden können, müssen sie in auswertbarer Form in OSPlus hinterlegt und nicht als Freitext in einem Kontaktfeld oder papierhaft in einer Schattenakte im Beraterschrank abgelegt sein. Eine digitale Kreditakte muss heute ohnehin Standard in allen Instituten sein – Zeiten wie Corona in Verbindung mit Homeoffice haben die Notwendigkeit hier deutlich erhöht. 

Mit Einführung der Sparkassen-Data-Analytics Lösung, die von der S Rating und Risikosysteme GmbH bereitgestellt und die im Privatkunden-Markt  seit mehreren Jahren sehr erfolgreich genutzt wird, könnten die erfassten Daten automatisiert und zielgerichtet ausgewertet werden – vorausgesetzt, der Datenbestand ist sauber gepflegt. Hierüber ließen sich konkrete Vertriebsanlässe generieren. In diesem Kontext gilt es auch, die Rolle des Vertriebsmanagements für das Firmenkundengeschäft zu definieren und Kapazitäten sowie Aufgaben neu zu allokieren, da eine aktive Impulssteuerung das A und O des künftigen gewerblichen Vertriebs darstellt.

Das Firmenkundenportal – Der Kunde im Fokus

Um die Customer-Journey konsequent und umfassend zu optimieren, geht die Sparkassen-Finanzgruppe mit dem Roll-out des Firmenkundenportals (FKP) den richtigen Weg. Der Kunde erhält hier die Möglichkeit, selbstbestimmt über seinen favorisierten Kanal mit der Sparkasse in Kontakt zu treten. Im FKP werden dabei alle relevanten Service- und Zahlungsverkehrsdienstleistungen angeboten.

Gleichzeitig wird um das FKP ein Ökosystem entstehen, das sämtliche Leistungen der Sparkassen-Finanzgruppe und ausgewählte Angebote von Non- und Nearbanks enthält. Der Kunde wird ebenfalls in die Lage versetzt, Aktiv- und Passivprodukte eigenständig online abzuschließen.

Mit dem FKP wird ein Angebot geschaffen, das sich an den Bedürfnissen und Anforderungen der gewerblichen Kunden orientiert und die Customer-Journey des Kunden maßgeblich optimiert.

Welche Rolle spielen die Primärberatenden noch?

Es lässt sich mutmaßen, dass Primärberatende zukünftig nur noch eine untergeordnete Rolle in der Beratung des Kunden spielen. In manchen Themenfeldern ist das auch richtig. Die Bedeutung deren Rolle wird dafür in der Gestaltung der Customer-Journey und der Vernetzung der Kanäle hin zu einer omnikanalen Kundenberatung immer wichtiger.
 

Die Vernetzung der Vertriebskanäle wird immer wichtiger.


Als einer der wenigen Beratertypen verfügt der Firmenkundenvertrieb über ein breites Netzwerk an Spezialisten für Versicherungen, Leasing, Auslandsgeschäft, Anlagegeschäft, Zahlungsverkehr und die private Sphäre der gewerblichen Kunden. Diese ergänzen die Kernkompetenz – das Aktivgeschäft. Hier ist der Firmenkundenvertrieb Ansprechpartner und Problemlöser für die Kunden. Zusätzlich organisiert dieser seine Spezialisten und gestaltet die Customer-Journey im Sinne einer ganzheitlichen Beratung. In Kombination mit S-Data-Analytics und dem FKP wird die Customer-Journey kundenzentriert optimiert.

 

Roland Elsner, Dominik Pfeifferling, Sparkassen Consulting (Bild oben: Shutterstock)
– 16. August 2021