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Kommunalfinanzierung
Raum für nachhaltige Investitionen
Die deutschen Kommunen haben rund 150 Milliarden Euro an Investitionsrückstau aufzuholen. Gleichzeitig sollen sie den Wandel zu einer nachhaltigen Wirtschaft leisten. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert, kommunale Finanzierungen regulatorisch nicht zu überfrachten. Ein Standpunkt von Florian Schilling.

Die europäischen Volkswirtschaften befinden sich im Übergang zu einer treibhausgasarmen und ressourceneffizienten Wirtschaft. Damit dieser Wandel gelingt, ist es sinnvoll, natürliche Ressourcen optimal zu nutzen und die Kreislaufwirtschaft zu unterstützen. Viele Kommunen berücksichtigen bei ihren Investitionsentscheidungen bereits nachhaltige Aspekte.

Gerade deshalb jedoch dürfen diese Investitionen durch „Sustainable Finance“-Regulierung nicht verteuert werden. Die Finanzkraft der Kommunen ist endlich – und zudem durch die Auswirkungen der Pandemie stark belastet.

Aus Sicht der deutschen Städte und Gemeinden muss sich die künftige europäische und deutsche Sustainable Finance-Strategie an fünf Punkten messen lassen:

  1. Maß und Mitte zu halten, ist bei der Umsetzung der verschiedenen regulatorischen Maßnahmen wichtig. Sonst droht die Gefahr, dass wir nicht mehr Klimaschutz, sondern nur mehr Kosten und hohen bürokratischen Aufwand bekommen; dies wäre ein Bärendienst für den Klimaschutz, da das eigentlich wichtige gemeinsame Ziel hinter allgemeiner Frustration zu verschwinden droht.
     
  2. Nachhaltigkeitsaspekte spielen bei der kommunalen Kreditaufnahme sowie Kapitalanlage schon heute eine wichtige Rolle. Die kommunale Handlungsfähigkeit, und damit auch Investitionsfähigkeit, darf nicht durch verpflichtende klimaspezifische Vorgaben eingeschränkt werden.
     
  3. Unter einem verpflichtenden ESG-Rating würden vor allem finanzschwache Kommunen leiden. Die Schere zwischen armen und reichen Kommunen würde weiter auseinandergehen und das Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse in weite Ferne rücken.
     
  4. Effekte aus dem Klimawandel müssen in das ökonomische System integriert werden, etwa in Form der CO2-Bepreisung. Nicht sinnvoll ist es hingegen, der Finanzwirtschaft die Aufgabe eines „grünen Kontrolleurs“ kommunaler Investitionsentscheidungen zuzuschieben.
     
  5. „Sustainable Finance“ darf nicht zu einer Schwächung der Finanzmarktstabilität führen. Eine solche Schwächung entsteht, wenn vermeintlich „grüne“ Investitionen durch weichere Kreditstandards gefördert, und vermeintlich umweltschädliche „braune“ Unternehmungen sowie deren Transformation durch härtere Standards erschwert werden.

Fazit: Städte und Gemeinden treffen ihre Zukunftsentscheidungen sehr bewusst so, dass dadurch soziale und wirtschaftliche Chancen gefördert werden. Das ist ihre Aufgabe. „Sustainable Finance“ muss daher die Bemühungen der Kommunen um Nachhaltigkeit im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung und im Dreiklang von Sozialem, Umwelt und Wirtschaft stützen.

Nur gemeinsam mit den Kommunen und Sparkassen vor Ort als Scharnier zu Bürgerschaft und Wirtschaft wird die Transformation Europas in einen klimaneutralen Kontinent gelingen. Es ist daher von elementarer Bedeutung, dass die Kommunen und die von ihnen getragenen Sparkassen auf europäischer Ebene sowie von der Bundesregierung bei der strategischen Ausrichtung und Ausformung von „Sustainable Finance“ einbezogen werden.

Damit der ökologische Wandel in der Breite gelingt, muss er gesellschaftlich mitgetragen und wirtschaftlich verarbeitet werden. Der Nachhaltigkeit ist also nicht gedient, wenn „Sustainable Finance“ auf „Green Finance“ verkürzt und kommunale Investitionen dazu regulatorisch überfrachtet werden.

Autor: Florian Schilling ist Referatsleiter für Kommunalfinanzen des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB).

12. April 2021