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Bilanzzahlen / SVB
Reuter fordert Bündelung der Kräfte
Das Kreditvolumen der bayerischen Sparkassen liegt im ersten Halb­jahr erneut auf Rekordniveau. Doch damit ist für Bayerns Sparkassenpräsidenten Ulrich Reuter die Welt noch lange nicht in Ordnung. Die Häuser müssten intensiver zusammenwirken.

Ulrich Reuter, Präsident des Sparkassenverbands Bayern, erläuterte, das Kreditvolumen von Bayerns Sparkassen wuchs um 2,8 Prozent auf 154,7 Milliarden Euro, hier zeigten sich jetzt die erhöhten Zusagen für Corona-Hilfskredite aus dem Vorjahr.

Auch die Einlagen bei den bayerischen Sparkassen nahmen um 1,7 Prozent zu und damit nochmals stärker als im Jahresvergleich. Es dominierten täglich fällige Gelder. Mit einem Einlagenbestand von 191 Milliarden Euro zur Jahresmitte liegt der Einlagenüberhang im Verbandsgebiet inzwischen bei mehr als 36 Milliarden Euro.

Das belaste das Zins- und damit auch das Betriebsergebnis 2021 weiterhin stark, sagte Reuter und zeigte sich besorgt: „Die Sparkassen arbeiten gut und ihre Kunden honorieren das, machen immer mehr Geschäft mit ihnen – doch die Ergebnisse werden immer stärker durch die Zinssituation belastet.“

Reuter führte aus, die Sparkassen stünden zudem massiv unter Druck, vor allem wegen der Themen Prämiensparverträge und AGB-Änderungsmechanis­mus. Zudem kritisierte der Verbandspräsident die EU-Pläne zur Vergemein­schaftung der europäischen Einlagensicherung und die Anforderung von Bafin und EZB-Aufsicht, das Institutssicherungs­systems der Spar­kassen neu auszurichten.

Reuter: Bayerns Sparkassen nehmen die Herausforderungen an

Zudem stehe eine umfangreiche Regulierung zum Green Deal bevor, der die soziale und ökologische Transformation Europas bedeute: „Die bayerischen Sparkassen als regionale Kredit­institute haben all diese Heraus­forderungen angenommen“, sagte Reuter. Sie leisteten täglich mit fast 36.000 Mitarbeitern anerkannt gute Arbeit für Firmen- und Privatkunden und kämpften gleichzeitig an vielen Fronten. Es sei entscheidend, die Sparkassen „jetzt nicht weiter zu überfrachten“.

 

Professor Ulrich Reuter, Präsident des Sparkassenverbands Bayern.


Reuter erinnerte an die Mahnungen von Bundesbankvorstand Joachim Wuermeling vom April des Jahres, die deutsche Kreditwirtschaft müsse auch unpopuläre Entscheidungen fällen und beispielsweise Filialen schließen. Sparkassen müssten diesen Faden aufgreifen, um sich zukunftsfest aufzustellen und ihren staatlichen Versorgungs­auftrag weiterhin zuverlässig erfüllen zu können sagte Reuter.

Das Kundenverhalten ändert sich – das Filialnetz muss es auch

Reuter gab aber zu bedenken, dass die sinkende Wirtschaft­lichkeit regionaler Geldinstitute aus der Veränderung des gesamten Umfelds resultiere. Inzwischen gebe es in 30 Prozent der mehr als 2000 bayerischen Gemein­den beispielsweise keinen Lebensmittelmarkt mehr. Während die Zahl der Geschäfte in Zentrallagen sinke, wüchsen oft weit außerhalb der Ortschaften die Verkaufsflächen. Mobi­lität sei im ländlichen Raum bereits Grund­voraussetzung, um sich mit Dingen des täglichen Bedarfs versorgen zu können.

Reuter hob die Paralle­len hervor. Die Menschen benutzen die kleinen Anlaufstellen nicht mehr, führen mit dem Auto in einen größeren Supermarkt oder bestellten Waren über das Internet: „Mit den kleinen Sparkassenfilialen geht es genauso – die Versorgung bleibt aber aufrechterhal­ten, immerhin gibt es auch nach den Umstrukturierungen der letzten Jahre noch 2009 personen­besetzte Geschäftsstellen in Bayern. Sparkassen haben damit ein nach wie vor großes, flächendeckendes Netz – die Großbanken muss man suchen.“  

Kooperation von Sparkassen gewinnt an Bedeutung

Reuter bekräftigte ebenfalls, dass die Sparkassen immer öfter daran denken müssen, gewohnte Freiheitsgrade aufzugeben und sich zusammenzu­schließen: „Um ihre Wirkkraft zu steigern, müssen sie intensiver zusammen­ar­beiten, sich gegebenenfalls zusammenschließen und auch vermehrt auf zen­trale Dienstleister zurückgreifen.“

Die Bündelung der Kräfte nannte Reuter „spielentscheidend, auf welcher Stufe auch immer die Initiativen dazu starten.“ Häuser dächten zwar über Fusionen nach, doch perspektivisch sei es im Verbund „sicherlich sinnvoll, immer nur einen Anbieter für ein Produkt oder eine Dienstleistung anzustreben“.

Verwahrentgelte nicht mehr vermeidbar

Die Aufsicht mahnten Geldinstitute außerdem, weitere Einnahmequellen zu erschließen, etwa Verwahrentgelte und Gebührenerhöhungen. Reuter bestä­tigte, „dass die Sparkassen ihre Kunden tatsächlich nicht mehr vor der Weitergabe der Negativzinsen schützen können, wie sie es zuvor aber lange Zeit bis zur Schmerzgrenze getan hatten“. Der Markt sei aber an einem Punkt angelangt, an dem sich Verwahrentgelte zum Teil auch für Einlagen von weniger als 100.000 Euro nicht mehr vermeiden ließen.

Konten nicht teurer als anderswo 

Sehr problematisch nannte Reuter das Spannungsfeld zwischen der erkannten Notwendigkeit von angemessenen Gebührenerhöhungen einer­seits und der jüngsten Diskussion um Deckelungen für verschiedene Entgelte andererseits: „Die Sparkassen sind aktiv im Verbraucherschutz! Im europäischen Vergleich betragen die Bankgebühren in Deutschland nur ein Drittel dessen, was spanische oder italienische Kunden bezahlen, und etwa die Hälfte der Beträge für französische oder britische Banken.

Dass der deutsche Bankenmarkt viele Jahre durch extremen Preiswettbewerb die Preise von der Leistung entkoppelt habe, räche sich nun – die bisherige Quersubvention sei nicht mehr möglich. Viele hielten die Preise aber jetzt fast für unanständig. obwohl sie beispielsweise für einen Mobilfunkvertrag gerne 15 bis 20 Euro monat­lich bezahlten. Doch die Kontoführung für 8,45 Euro pro Monat für ein ‚Girokonto Komfort‘ bei einer bayerischen Sparkasse werde als zu teuer empfunden.

Eine Deckelung von Gebühren zu fordern, sei für ihn vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar, sagte Reuter, ebenso wenig wie der „wohlmeinenden Rat einzelner Unternehmensberater, bankenübergreifend Geldautomatennetze zusammenzulegen. Man stelle sich nur vor, jemand würde den Tankstellen einen solchen Vorschlag unterbreiten.“

» Mehr zur Geschäftsentwicklung der bayerischen Sparkassen im ersten Halbjahr 2021 «

 

(Bild oben: SFG)
– 28. Juli 2021