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Beschwerdemanagement
Kunden hören, die nichts verraten
Was Kunden an Sparkassen ärgert, erzählen sie privat weiter oder posten es. Von dieser „inneren Abwanderung“ erfährt die Sparkasse oft nichts. Doch Zwischenfälle lassen sich in positive Gesprächsanlässe verwandeln, sagen Pilotsparkassen.

Ein aufmerksames Beschwerdemanagement kann vieles wiedergutmachen, was im Kundenkontakt schiefgelaufen ist. Doch es hat Grenzen: Nur wenn sich der Kunde unmittelbar beschwert, kann reagiert werden.

„Die größten Vertriebspotenziale bietet der Kontakt zu bestehenden Kunden“, sagt Michael Maier, Sparkassenverband Baden-Württemberg, „aber es gelingt uns nicht immer, Beschwerden umfassend zu erfassen und nachzuhalten.“ Viele Zwischenfälle bleiben unbemerkt und damit auch ungelöst – das ist doppelter Frust für Kunden.

Störungen aktiv melden

Für die Kundenbindung ist es wichtig, Kunden „früher grummeln zu hören“ – und sie manchmal auch aktiv zu warnen. Dazu entstehen im DSGV-Projekt „Girokonto und Zahlungsverkehrsstrategie“ gerade neue Lösungen. Das Ziel ist, Zwischenfälle und die eventuell daraus folgenden Kundenbeschwerden möglichst von vorneherein zu vermeiden.

Vor allem zwei „klassische“ Problemstellungen beschäftigen die Pilotsparkassen, bei denen Kunden persönlich betroffen sind und negative Konsequenzen spüren.

Warnung bei Skimming-Verdacht

Die erste ist „Skimming“, also das Auslesen von Kartendaten, die dann zu betrügerischen Abbuchungen genutzt werden. Nicht immer merkt der Kunde, dass etwas nicht stimmt – dann hilft es ihm besonders, von seiner Sparkasse angesprochen zu werden. Eine Mitteilung „Es wurden verdächtige Abbuchungen auf Ihrem Konto festgestellt“ gibt Kunden die Chance, direkt zu reagieren.

 

„Es wurden verdächtige Abbuchungen auf Ihrem Konto festgestellt“: Eine aktive Ansprache ist wichtig für die Kundenbindung und kann Beschwerden überflüssig machen.


Dazu soll es 2021 einen Standardprozess geben. Die aktive Ansprache der Kunden kann dann über deren präferiertes Medium gesteuert werden, läuft also gleichermaßen zum Beispiel über Push-Nachricht durch die S-App, E-Mail oder elektronischen Postkorb. Bis zur Fertigstellung des Prozesses im Release 21.1 ist in einem ersten Schritt das Zwischenfallmanagement für Skimming bei jenen Kunden möglich, die bereits den Kontowecker aktiviert haben.

Zahlungsverkehr und Girokonto

Ein weiterer typischer Zwischenfall tritt ein, wenn Studierende einen Nachweis für ihr kostenfreies Girokonto einreichen sollen. In vielen Sparkassen ist das Girokonto bis beispielsweise 30 Jahren kostenfrei – aber nur gegen Vorlage eines Ausbildungsnachweises. Diese Nachweispflicht nervt Kunden. Manche vergessen auch, dass sie einen Nachweis einreichen sollen und plötzlich wird das Konto bepreist.

Mindestens sollte es die Möglichkeit geben, dass Studiennachweise digital eingereicht werden können. Um Prozesskosten und Ärger gleichermaßen zu sparen, können Sparkassen auch entscheiden, Studierende bis zum Studienende grundsätzlich von der Kontoführungsgebühr freizustellen.

Reputation und Kundenbeziehung

Die Umsetzung weiterer Zwischenfall-Lösungen wird auch 2021 weitergehen. Dann geht es zum Beispiel um Überweisungsbetrug und um das Wechselkursrisiko an ausländischen Geldautomaten: Hier wählen Kunden instinktiv meist eine „Auszahlung in Euro“ und damit den schlechteren Kurs. Die damit verbundenen Kosten führen im Nachgang oft zu Ärger mit der Hausbank.

„Das sind genau die Themen, die massenweise auftreten, automatisiert erfasst werden können und nicht – wie etwa Kontopreise – von der Geschäftspolitik der einzelnen Sparkasse abhängig sind“, erklärt DSGV-Projektleiter Axel Weiß die Auswahl. „Darum kümmern wir uns jetzt.“

„Wir wollen, dass negative Kundenerlebnisse frühzeitig erkannt und in positive Erlebnisse mit der Sparkasse gewandelt werden können“, sagt Tanja Herdlitschke, Sparkasse Siegen. Auch andernorts sieht man das so: „Wenn wir typische Zwischenfälle erkennen und proaktiv Lösungsmöglichkeiten für Kunden aufzeigen, spart das  auch bei uns im Haus viel Ärger, Telefonieren und letztlich Geld“, bekräftigt Toni Janka Trojan aus dem Kundenservice der Sparkasse Bremen. Zukünftig sind dann auch Zwischenfälle vor allem eins: ein Anlass, den Kundenkontakt auszubauen und die Kundenzufriedenheit zu erhöhen.

Anke Bunz
– 10. Dezember 2020