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Bankenmarkt Deutschland / Dezentrale Verbünde
„Wer solche Träume hat, soll sie sich selbst finanzieren“
Private Geldhäuser wie die Deutsche Bank attackieren aktuell wieder die dezentralen Verbünde. In einem Interview kontert DSGV-Präsident Helmut Schleweis: In der schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten sollten sich Banken um ihre Kunden statt um uralte Diskussionen kümmern.

Wer sich für eine grundlegende Konsolidierung und Großfusionen aus Renditegründen ausspreche, lebe offenbar in einer völlig anderen Welt als die Breite der Gesellschaft – das sagte der DSGV-Präsident in einem „FAZ“-Interview mit Blick auf jüngste Debattenbeiträge von Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing.  

„Ich denke, Banken sollten Kunden finanzieren – nicht umgekehrt“ unterstrich Schleweis. Aus Sicht von Kunden sei ein Bankenmarkt genau dann effizient, wenn er viel Wettbewerb bietet.

Kundennah im Wettbewerb

Genau das leisteten die dezentralen Verbünde mit einer Vielzahl lokaler Institute. Zusammenschlüsse innerhalb dieser Gruppen seien dabei auch kein Verlust an Wettbewerb im Markt, da die Verbünde jeweils unter einer einheitlichen Marke auftreten.

Gerade die Coronakrise zeige den strukturellen Wert dezentraler Verbünde. Der deutsche Mittelstand sei sehr gut kapitalisiert in die Coronakrise gegangen. Gleich in den ersten Wochen hätten Sparkassen zudem mit 1,4 Millionen Beratungsgesprächen und durch Tilgungsaussetzungen Erste Hilfe geleistet.

Wandel statt Crashs

Deutsche-Bank-Chef Sewing hatte gegenüber der Politik kürzlich formuliert: „Wir müssen ein gewisses Maß an kreativer Zerstörung zulassen.“ Schleweis grenzte sich hiervon klar ab. „Wir beobachten, dass sich viele deutsche Unternehmen dank ihrer Eigenkapitalstärke schneller erholen können als gedacht – auch wenn der neuerliche Lockdown einige Unternehmen zurückwerfen wird.“

Diese grundsätzliche Stärke gelte es zu erhalten und zu fördern. „Wir brauchen sicherlich Transformation und Wandel“, so der DSGV-Präsident, „aber nicht Crashs und Insolvenzen, die Existenzen gefährden.“ Die Sparkassen sähen sich als Dienstleister ihrer Kunden und wollten ihnen in eine digitale, nachhaltige Zukunft helfen.

Effizienz selbst finanzieren

Auch bei der Weiterentwicklung der europäischen Bankenunion geben die Sparkassen den Vorstellungen der Privaten Kontra. Grenzüberschreitende Fusionen seien zu komplex und ökonomisch sinnvoll, deshalb habe es sie bisher kaum gegeben, sagte Schleweis der „FAZ“.

„Wir sind es leid, ständig als Argument dafür herhalten zu müssen, dass Bankenfusionen in Europa zu komplex sind“, stellte Schleweis für die Sparkassen-Finanzgruppe klar. „Wer solche Träume hat, soll sie sich selbst finanzieren“, bekräftigte der DSGV-Präsident, und dies nicht über eine vergemeinschaftete Einlagensicherung versuchen.

Europa mit Brandschutz

Die Sparkassen seien wie die Genossenschaftsbanken nicht bereit, zweimal zu zahlen – erst durch eigene Prävention für die Verhinderung von Krisen, und dann über ein europäisches System auch noch für die Behebung von Krisen.

Ohnehin sei es schon „schmerzlich, in einem Fonds für Bankenabwicklungen in Europa zu zahlen, der gar nicht für uns da ist“. Diese Ausgaben seien nicht einmal als Betriebsausgaben absetzbar. „Hier werden wir wirklich nicht gut behandelt“, kritisierte Schleweis.

Respekt für Prävention

Die von der EZB angemahnte Verbesserung im Sicherungssystem der Sparkassen-Finanzgruppe werde in der Gruppe intensiv diskutiert, um eine demokratisch legitimierte Umsetzung zu gewährleisten. Die Sparkassen-Finanzgruppe sei föderal und subsidiär aufgebaut. „Wir sind ein Spiegelbild Deutschlands – und wollen dafür auch Respekt“, sagte Schleweis. Wenn die Reform fertig sei, werde der Haftungsverbund der Gruppe besser und stärker sein als zuvor.

Anke Bunz
– 15. Dezember 2020