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AGB-Änderungen
Röseler: BGH-Urteil geht ins Geld
Das Urteil des Bundesgerichtshofs, nach dem Kreditinstitute ihre Geschäftsbedingungen nicht mehr so einfach ändern dürfen, könne einzelne Häuser die Hälfte des Jahresgewinns kosten. Das sagte Bafin-Exekutivdirektor Raimund Röseler.

Das Ende April verkündete BGH-Urteil habe „das Potenzial, für die Banken richtig teuer zu werden“, sagte der für die Bankenaufsicht zuständige Exekutivdirektor Raimund Röseler am Dienstag (18. Mai) auf der Jahrespressekonferenz der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). Einzelne Banken könne das Urteil im schlimmsten Fall die Hälfte des Jahresgewinns kosten.

Um die genauen Folgen zu beurteilen, müsse man aber die Urteilsbegründung abwarten, die noch nicht vorliege, sagte der Bankenaufseher. „Wir müssen sehen, wie weit das Urteil geht“ – etwa, ob nur Kontoführungsentgelte davon betroffen seien oder auch andere. Klar sei auch noch nicht, ob andere Branchen ebenfalls von dem Urteil betroffen seien.

Der BGH hatte Ende April die Praxis gekippt, dass Banken ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ändern können, wenn der Kunde nicht innerhalb von zwei Monaten dem ausdrücklich widerspricht. Die Klausel, wonach die Banken in diesem Fall von einer stillschweigenden Zustimmung ausgehen könnten, sei unwirksam (AZ: XI ZR 26/20).

Einige Institute hatten daraufhin geplante Preisänderungen zunächst gestoppt. Die Comdirect hatte eine eigentlich für Anfang Mai geplante Preiserhöhung bereits auf Eis gelegt, ihre Mutter Commerzbank will für Juli anstehende Preisanhebungen nach bisherigem Stand dagegen durchziehen.

Entwarnung für das System, nicht für einzelne Häuser

Röseler, der bis zum Antritt des neuen Präsidenten Mark Branson die Behörde interimsmäßig leitet, warnte auch davor, dass einzelne Banken die Coronakrise nicht überstehen könnten. „Eine Entwarnung können wir derzeit nur für das System aussprechen, also die Branche als Ganzes.“ Generell hätten die Institute zwar ein Ertragsproblem, aber kein Problem mit faulen Krediten.

„Und wir erwarten dies auch jetzt nicht“, betonte Röseler. Um dauerhaft wettbewerbsfähig zu sein, müssten die Banken aber ihre Kosten noch strikter senken als bisher.

Behörde will kein zahnloser Tiger sein

Die Aufsichtsbehörde Bafin wolle Finanzinstitute nach dem Zusammenbruch des Zahlungsdienstleisters Wirecard und der Greensill Bank künftig viel genauer prüfen, kündigte Röseler an. „Wir müssen uns noch mehr mit den Geschäftsmodellen der Institute beschäftigen, noch intensiver hinter deren Fassade schauen“, sagte er. Eine Eingreiftruppe solle bei Unternehmen ab Mitte August vor Ort schnell intensive Untersuchungen vornehmen können.

Die Bafin gilt vor allem im Ausland als zahnloser Tiger. Im Fall Wirecard wird ihr vorgeworfen, viel zu spät und falsch auf die Vorwürfe der Bilanzunregelmäßigkeiten reagiert zu haben.

Damit die Finanzaufsicht „mehr Biss erhält“, hatte Bundesfinanzminister Olaf Scholz den Chef der Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma, Mark Branson, als neuen Präsidenten der Bafin nominiert.

(rtr)

19. Mai 2021