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Vermögensbarometer 2021
Schleweis: „Traum vom Eigenheim ungebrochen“
Die Pandemieefahrungen haben den Wunsch nach einer eigenen Immobilien noch verstärkt, ein Erwerb ist für Normalverdiener aber kaum noch erreichbar. DSGV-Präsident Helmut Schleweis plädierte bei der Vorstellung des Vermögensbarometers deshalb für mehr politische Initiative beim klimaneutralen Bauen.

Die Konsumlaune der Deutschen bleibt trotz zurückgehender Corona-Einschränkungen verhalten. Das ermittelte der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) im Vermögensbarometer 2021. DSGV-Präsident Helmut Schleweis stellte die Ergebnisse der repräsentativen Umfrage zum Weltspartag heute in Berlin vor.  

Fast drei Viertel der Befragten (42 Prozent) haben ihr Konsumverhalten in den vergangenen zwölf Monaten eingeschränkt. 65 Prozent wollen auch in Zukunft weniger Geld ausgeben, was Schleweis als erstaunlich bewertete.

„Zum einen wäre zum Ende der Krise hin zu erwarten, dass die Menschen das Leben wieder feiern und entgangenen Konsum nachholen. Zum anderen schätzen 43 Prozent der Menschen ihre gegenwärtige finanzielle Situation als gut oder sogar sehr gut ein. Sie hätten also die Möglichkeiten zu konsumieren.“

 

Die Befragten des Vermögensbarometers zeigen sich zufrieden mit ihrer finanziellen Situation, die Konsumlaune ist aber nach wie vor verhalten.

 

Für das laufende Jahr erwarten die Sparkassen eine Sparquote von rund 15 Prozent, in den vergangenen 25 Jahren lag sie üblicherweise zwischen neun und elf Prozent. Schleweis begründete das mit tiefgreifenden Verunsicherungen und Sorgen um die Zukunft.

„Denn trotz aktuell guter individueller Situation hat rund die Hälfte der Bevölkerung die Sorge, ob der eigene – manchmal bescheidene – Wohlstand gehalten werden kann.“ Der Klimawandel, die Sorge um den gesellschaftlichen Zusammenhalt und spürbare Preisanstiege spielten eine entscheidende Rolle, so Schleweis.

Schleweis: Ultra-expansive Geldpolitik schrittweise beenden

Die steigende Inflation ist laut Barometer die größte Sorge bei der Vermögensbildung. 73 Prozent der Menschen sehen die Inflationsentwicklung kritisch. Bei den Älteren sind es inzwischen 85 Prozent, in der jüngsten Gruppe 61 Prozent: „Aus meiner Sicht ist diese Entwicklung der steigenden Inflation gefährlich. Es ist falsch, sie als vorübergehenden Effekt nach der Coronakrise zu verharmlosen“, so Schleweis.

Der EZB-Rat müsse im Dezember die Weichen für einen Ausstieg aus der ultra-expansiven Geldpolitik stellen, forderte der DSGV-Präsident: „Schritt eins sollte die Beendung der pandemiebedingten Sonderprogramme sein. Parallel dazu halten wir als Schritt zwei eine deutliche Erhöhung der Freibeträge bei den Einlagenfazilitäten für erforderlich.“ Nur so könne vermieden werden, dass die Einlagenschwemme zu einem dauerhaften Substanzverlust der Kreditinstitute führe.

 

73 Prozent der Befragten sehen die Inflationsentwicklung kritisch. Bei den Älteren sind es inzwischen 85 Prozent, in der jüngsten Gruppe 61 Prozent.

 

„Und der dritte und ganz wichtige Schritt muss dann eine Überwindung der negativen Leitzinsen sein“, so Schleweis. Die EZB sollte in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres hierfür Perspektiven eröffnen.

Auch die Wirtschaftspolitik sei gefragt, wie die Erfahrungen während der Corona-Pandemie, beim Unfall im Suez-Kanal und die derzeitigen Lieferengpässe zeigten. Schleweis: „Europa muss bei Schlüsseltechnologien und wichtigen Zulieferprodukten seine Abhängigkeit von globalen Zulieferern dringend verringern. Das ist sicher eine Kernaufgabe einer neuen Regierungskoalition.“

Aktien und Investmentfonds beliebt, viele Jüngere planen Immobilienerwerb

Beim Vermögensaufbau gelten laut Barometer Aktien und Investmentfonds als die geeignetsten Anlageoptionen. Die selbst genutzte Immobilie liegt auf Platz fünf, obwohl 35 Prozent der Menschen zwischen 20 und 50 Jahren einen Immobilienerwerb planen. Das entspricht einer Zunahme um acht Prozentpunkte im Vergleich zu 2020.

 

Das Renditebewusstsein ist im Jahresvergleich zwar gestiegen, Sicherheit ist bei der Vermögensanlage aber nach wie vor der höchste Wert.

Schleweis: „Der Traum vom Eigenheim ist also ungebrochen. Die Pandemieerfahrungen haben ihn eher noch verstärkt. Für viele Normalverdiener ist Wohneigentum heute jedoch kaum mehr bezahlbar. Das ist für ein Land wie Deutschland ein fatales Signal.“ Der DSGV-Präsident plädiert deshalb für Förderprogramme bei energetischen Sanierungen und für mehr politische Initiative zur Förderung des Wohneigentums.

Schleweis sprach sich dafür aus, Bauherren und Käufer bei der Grunderwerbsteuer zu entlasten, etwa durch einen Freibetrag für Ersterwerber. Auch bei der geplanten Reform der privaten Altersvorsorge dürfe das Wohneigentum nicht aus dem Blick geraten.

Schleweis: Steuerliche Anreize könnten nachhaltige Investments attraktiver machen

Schleweis begrüßte, dass sich etwa ein Drittel der Deutschen mit nachhaltigen Geldanlagen befassten. Gerade für 40 Prozent der 14- bis 29-Jährigen und für 42 Prozent der 30- bis 39-Jährigen sei das Thema besonders relevant. Allerdings investierten bisher nur sieben Prozent der Befragten tatsächlich in nachhaltige Geldanlagen.

Das Barometer zeige, dass Anleger bei nachhaltigen Anlagen mindestens die gleiche Sicherheit und möglichst eine höhere Rendite als bei anderen Anlageformen erwarteten.

Schleweis: „Die neue Regierungskoalition wäre deshalb gut beraten, einen sicheren Investitionsrahmen zu schaffen und solche Investitionen über steuerliche Anreize wie progressive Abschreibungen attraktiv zu machen.“ Politisches Ziel müsse sein, möglichst viele Menschen an den Chancen der ökologischen Transformation zu beteiligen. bec

 

Gerade Jüngere befassen sich zwar verstärkt mit nachhaltigen Anlagekriterien, haben sich aber oft noch nicht für bestimmte Produkte entschieden.
(Foto oben: DSGV)
– 28. Oktober 2021