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BBL_Homeoffice: Psychologische Auswirkungen (2)
Kevin und Kira allein zu Haus
Seit März 2020 arbeiten viele Menschen – auch Sparkassenmitarbeiter – im Homeoffice. Was können Mitarbeiter und Führungskräfte tun, um die Arbeit im Homeoffice möglichst erfolgreich zu gestalten?

Homeoffice ist ein bisschen wie die Impfung gegen Covid: Theo­retisch sind alle dafür, aber wenn es zum Schwur kommt, ist nur noch die Hälfte dazu bereit. Auch bei der Umsetzung zeigen sich Parallelen – eigentlich machbar, doch in der Praxis hapert es dann gewaltig von der Logistik bis zur erfolgreichen Durchführung.

Im ersten Teil des BBL-Beitrags „Gut geführt zu mehr Produktivität“ sind einige aktuelle Studien vorgestellt worden. Danach findet jeder Zweite die Arbeit im Homeoffice attraktiv. Von den Anwendern wünschen sich mehr als 70 Prozent, diese Möglichkeit auch künftig zu nutzen. Jeder Vierte meint, dass er dort produktiver arbeiten kann. Theoretisch ist die Arbeit im Homeoffice also ein Traum: Zeiten lassen sich flexibler gestalten, der Weg ins Büro entfällt – es gibt viele Vorteile.

Alles hat jedoch zwei Seiten: Vielen fehlt der zeitliche Rahmen. Der eigene Biorhythmus ist eben nicht alles – Tagesstruktur und Arbeits­routine müssen oft völlig neugestaltet werden. Man muss ganz allein arbeiten und die Arbeit im Homeoffice birgt somit die Gefahr sozialer Isolation.

Daniel Mohr gibt dazu in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (scherzhaft) den Tipp, sich zum Ausgleich Bilder der Kollegen an den Arbeitsplatz zu stellen. Seltener erwähnt wird auch, dass die Arbeit im Homeoffice letztendlich eine Lösung für privilegierte(re) Arbeitnehmer ist: Auf dem Sofa oder am Esstisch, zusammen mit Katze oder Kleinkind klappt es mit der Arbeit weniger gut als im eigenen Arbeitszimmer mit Schreibtisch und Bürostuhl.

Vielen Beschäftigte fehlen die Möglichkeiten

Bei Weitem nicht jeder Beschäftigte verfügt allerdings über diese Mög­lich­keit – immerhin leben die meisten Deutschen in einer Dreizimmerwohnung. Probleme mit der Ausstattung im Homeoffice gibt es anscheinend auch: Richtig zufrieden ist nur etwa die Hälfte.[1] Gemeint ist damit die ganze Palette von W-Lan über Computertechnik bis zu Tisch und Stuhl.

Natürlich macht es einen Unterschied, ob jemand nur einen Tag pro Woche im Homeoffice oder lediglich einen Tag pro Monat in der Sparkasse arbeitet. Die nachfolgenden Tipps sind dementsprechend einzuordnen. Die Qualität der Arbeit steigt allerdings immer mit der Qualität der Werkzeuge und der der Kommunikation.

Homeoffice: der Arbeitsraum und die IT

Für die dauerhafte Arbeit im Homeoffice sollte ein separates Zimmer zur Verfügung stehen. Das erleichtert die Konzentration, es sichert ebenso die notwendige Vertraulichkeit bei der Arbeit mit Dokumenten oder im Gespräch mit Kunden. Ohnehin müssen Unterlagen sicher verwahrt werden – hier gelten dieselben Regeln wie im Unternehmen.

Das trifft auch auf die Ausstattung zu: Im Homeoffice muss das Unter­nehmen genau wie im Büro darauf achten, die gültigen Regeln für Gesundheit und Arbeitsschutz einzuhalten. Ein ergonomisch gestalteter Stuhl, der Arbeitstisch in der richtigen Höhe oder eben der absperrbare Schrank sind nur Beispiele.

Die Arbeitsstättenverordnung regelt auch die erforderliche Größe des Arbeitszimmers. Weniger bekannt: Als verantwortliche Führungskraft ist man verpflichtet zu überprüfen, ob der Arbeitsplatz im Homeoffice des Mitarbeiters den Anforderungen entspricht.

Dazu vereinbart man am besten selbst oder durch einschlägig qualifi­zierte und ermächtigte Mitarbeiter der Sparkasse einen Termin vor Ort, mindestens aber müssen Sie die Einhaltung der Regeln anhand von Bildern und Plänen des Heimarbeitsplatzes prüfen (lassen).

Nicht selten hapert es auch bei der IT. Die regelmäßige Arbeit im Home­office ist nur möglich, wenn Haus oder Wohnung über eine leistungs­starke und stabile W-Lan-Anbindung verfügen. Auch die Verbindung mit dem Smartphone sollte verlässlich sein.

Bei der Arbeit mit sensiblen Daten ist es erforderlich, Signale auf dem Weg vom oder ins Unternehmen zu verschlüsseln oder gleich ein Virtual Private Network (VPN) einzurichten. Das ist eine auf Software gestützte Lösung, die für ein hohes Niveau an Privatsphäre sorgt, indem sie beispielsweise IP-Adressen verschleiert und Hackern so das Leben schwer(er) macht.

Laut einer Studie im Auftrag der IT-Firma Asus können nur 40 Prozent der Befragten wie gewohnt von daheim aus arbeiten.[2] In einer Reihe von Unternehmen fehlen mobile Endgeräte wie Notebooks, Webcams oder Smartphones. Schon erstaunlich, denn beispielsweise ohne Webcams funktionieren nicht einmal Videokonferenzen.

Die Hardware muss stimmen. Eine Ausstattung mit der erforderlichen Software sollte ebenso selbstverständlich sein wie ein für alle verfüg­ba­res Tool für Online-Meetings – egal, ob es um den Austausch unter Kollegen geht oder um den Kontakt mit Kunden. Auch das Teilen von Unterlagen oder die gemeinsame Arbeit an Papieren muss möglich sein.

Ach ja – auch in der Nutzung der Geräte und Programme fürs Home­office müssen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterwiesen werden. Ebenso sollte die Sparkasse eine – tatsächlich schnell erreichbare – Hotline für den Support einrichten.

Homeoffice: Gestaltung der Arbeit

Auch im Homeoffice spielt das „präsentable“ Outfit eine wichtige Rolle für das eigene Wohlbefinden.

Die Arbeit im Homeoffice bietet deutlich mehr Freiheiten: Alle müssen sich zwar grundsätzlich an die vereinbarten Arbeitszeiten halten, sie sparen aber auf jeden Fall die Zeit für den Weg zur und von der Arbeit. Pausen sind flexibler möglich, Kollegen oder auch Chefs stecken nicht einfach den Kopf durch die Tür und stören.

Aber – ein großes Aber: Wenn man nicht gerade absolut allein lebt, sind Störungen durch menschliche oder tierische Mitbewohner gleicher­maßen möglich, meist mit deutlich weniger sozialen Hemmungen als im Büro.

Die freie(re) Gestaltung der Arbeit macht es leichter möglich, sich im privaten Alltag zu verlieren. Wohl oder übel sind also klare Abspra­chen auch mit der Familie daheim zu treffen: Wann arbeitet man, wann ist man „verfügbar“. Gedacht werden sollte dabei gleichermaßen an Pausen, an passende Verpflegung und dergleichen mehr.

Ein effektives Selbstmanagement hilft: Vielen gibt es ein spürbar besse­ren „Arbeitsgefühl“, sich fürs Büro zurechtzumachen. Einverstanden – für die Videokonferenz reichen Oberhemd oder Bluse. Die Einstimmung auf die Arbeit gelingt allerdings meist besser, wenn ein Outfit gewählt wird, das auch sonst „zur Arbeit“ getragen würde.

Struktur hilft immer! Planen Sie Ihre Woche und Ihre Tage:

  • Was wollen Sie wann erledigen?
  • Welche Informationen und Ressourcen benötigen Sie?
  • Mit wem müssen Sie Termine vereinbaren?

Priorisieren Sie nach Dringlichkeit und Wichtigkeit. Arbeiten Sie nicht solange am Stück, wie es geht, teilen Sie längere Arbeiten besser in „verdauliche Portionen“ auf.

Gesorgt werden sollte dafür, dass alle Arbeitsmittel verfügbar sind. Mit den „fernen“ Kollegen, Chefs oder Mitarbeitern müssen feste Zeiten für einen Austausch festgelegt werden. Es ist wenig konstruktiv für alle Beteiligten, immer dann anzurufen oder eine Mail zu schreiben, wenn gerade eine Information benötigt wird.

Zumindest darf man nicht erwarten, immer auch kurzfristig „bedient“ zu werden. Überlegen Sie am Ende des Tages konsequent, was gut war: beibehalten! – und was nicht so gut war: ändern! Stimmen Sie sich in dieser Hinsicht mit Ihrem Team ab und klären die Frage, wie sich die Zusammenarbeit weiter optimieren lässt. Die klassischen Regeln für ein erfolgreiches Zeitmanagement halt, sie müssen nur angewendet werden.

Nicht zu unterschätzen ist die Gefahr durch die alltäglichen Kleinigkeiten, die sich jetzt einfach nebenher erledigen lassen: Schnell noch staub­saugen, die Geschirrspülmaschine ausräumen... der Alltag ist voller Ablenkung.

Erledigen Sie solche Aufgaben nur in den geplanten Pausen, sonst tritt Kontrollverlust ein. Auch aus der anderen Richtung droht Gefahr: Wenn niemand stört und nach der gemeinsamen Pause fragt, arbeiten manche durch.

Dabei lässt die Konzentration nach etwa 45 Minuten meist nach, auch im Homeoffice und nicht selten so, dass man es selbst kaum bemerkt. Planen Sie Pausen ein und machen Sie diese dann auch. Denken Sie auch an die große Pause: den Feierabend. Ein klares Ende der Arbeit ist genauso wichtig wie der pünktliche Start am Morgen.

Am besten gelingt es, wenn Sie Ihren Tag konsequent strukturieren, auch wenn das vielleicht übertrieben bürokratisch wirkt. Klar abgegrenz­te Zeiten für Familie, Arbeit, Freizeit hilft allen. Und sorgen Sie zwischendrin für Abwechslung. Wie wäre es mittags mit einem kleinen Spaziergang, auch der frischen Luft wegen, oder ein paar Fitness-Übungen?

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Homeoffice: der soziale Faktor

Allein zu Haus ist man zwar wunderbar ungestört, man ist allerdings auch allein. Der Austausch mit Kollegen, Mitarbeitern oder der nächsten Führungsebene fehlt. Das schadet der Qualität der Arbeit ebenso wie dem sozialen Wohlbefinden.

Kommunikation! Der wichtigste Faktor für Zufriedenheit und Qualität bleibt gleich – muss aber anders gestaltet werden. Vereinbart werden sollten wichtige Spielregeln mit Mitarbeitern, Kollegen, Chefs. Wer ist wann wie erreichbar?

Der Austausch ist wichtig, sollte jedoch geregelt stattfinden. Wie schnell muss auf Anrufe, Mails und mehr reagiert werden? Klarheit schafft Sicher­heit im Umgang miteinander. Stimmen Sie Zeiten für Besprechun­gen oder Gespräche ab. Auch virtuell ist es wichtig, in Kontakt zu bleiben.

Es macht Sinn, sich einmal am Tag oder mindestens einmal jede Woche im ganzen Team abzustimmen. Das vermeidet Missverständnisse, unterstützt vor allem das Gemeinschaftsgefühl.

Wichtig ist auch die gute Dokumentation von Gesprächen, Vereinba­run­gen und mehr. Im Vergleich zur direkten Kommunikation ist der Online-Kontakt immer eingeschränkt. Es kann also auch deutlich schneller zu Missverständnissen kommen.

Bleiben Sie transparent: Jeder sollte sich für alle erkennbar an- und abmelden, signalisieren, wenn er nicht gestört werden will oder wenn abends die Arbeit beendet wird. Im Büro kann man die Kollegen sehen, für das Online-Miteinander sollte ein vergleichbarer Modus gelten. Schaffen Sie auch Transparenz in den Inhalten der Arbeit: Ein gemein­sames Whiteboard zeigt, wer an welchen Themen arbeitet, macht Erle­digtes sichtbar und zeigt, welche Unterstützung gewünscht wird.

Zu kurz kommen meist die zufälligen Begegnungen mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bereichen der Sparkasse – auf dem Flur oder beim Essen. Manchmal ist ein zufälliger Kontakt eine Inspiration für neue Gedanken. Inzwischen gibt es Software-Angebote, die zufällige Treffen online organisieren. Von einer gemeinsamen Tasse Kaffee am Bild­schirm und einem unverbindlichen Austausch können alle nur profitieren.

Als Chef sollten Sie daran denken, von Zeit zu Zeit ein – auch digital mögliches – Team-Event zu organisieren. So lässt sich die unverbind­liche Verbindung im Team wenigstens aufrechterhalten oder sogar stärken.

Es gibt mittlerweile eine Reihe einschlägiger Angebote. Sie können zusam­men ein Bier trinken, das allen nach Hause geschickt worden ist oder sogar unter Anleitung eines Küchenchefs aus zugesandten Zutaten gemeinsam eine Mahlzeit kochen und dabei online plaudern. Nur ein Ersatz für echte Nähe, auf jeden Fall aber besser als keine Kontakte auf der persönlichen Ebene.

Gerade dann, wenn man ein Team leitet, das in Anwesende und Homeoffice-Arbeitende aufgeteilt worden ist, muss darauf geachtet werden, den weiteren Kontakt zu gewährleisten. Beginnend mit dem einfachen Mangel an Austausch bis zu möglichen Gefühlen von Benachteiligen oder Bevorzugung hat der Autor inzwischen über eine Reihe von Schwierigkeiten gehört. Nur wenn alle miteinander reden – und sei es virtuell –, lassen sich derartige Konflikte halbwegs bearbeiten.

Zum guten Schluss hilft ein regelmäßiger Rückblick mit Feedback:

  • Passt die Ausstattung?
  • Ist die Arbeitsorganisation funktional?
  • Passt die Produktivität?
  • Was gelingt gut?
  • Wo gibt es Möglichkeiten zur Verbesserung?
  • Klappt die Kommunikation?
  • Brauchen wir andere Werkzeuge?
  • Wie können wir noch besser miteinander arbeiten?

Hoffice: der nächste Schritt

Im Hoffice treffen sich stationäre und Online-Mitarbeiter zum kreativen Dialog.

New Work ist in aller Munde. Aus diesem Kontext stammt auch die Idee des Hoffice (Home + Office). Einige kennen das vielleicht noch aus der Ausbildung oder aus dem Studium ... man traf sich zum gemeinsamen Lernen.

Die gegenseitige Unterstützung von Disziplin bis Inhalt hat dem einen oder anderen sicher zu einer besseren Note verholfen. New Work definiert das Hoffice ähnlich: Von zu Hause aus arbeiten, den Arbeitsplatz dann allerdings wieder mit Gleichgesinnten teilen – Co-Working im Wohnzimmer gewissermaßen.

Das soll den Vorteil haben, den Wohnraum als Ressource besser zu nutzen und verkörpert gleichzeitig die Idee der Sharing-Economy à la Coachsurfing oder Carsharing. Ebenso können alle Teilnehmer von den sozialen Kontakten profitieren.

Im „klassischen“ Verständnis folgt die Hoffice-Philosophie ein paar Re­geln: Zu Beginn des Tages stellen sich die Co-Worker gegenseitig ihre Projekte und die Ziele für den Tag vor. Gearbeitet wird dann in Sequen­zen von 45 Minuten mit 15 Minuten Pause.

Die Pausen werden für sportliche Übungen oder Entspannung genutzt. Gegessen wird gemeinsam und am besten gesund. Die Hoffice-Gründer Christofer Gradin Franzen und Jodine Lindholm bevorzugen es vegan und glutenfrei. Am Ende des Tages wird gemeinsam Bilanz gezogen. Vom Hoffice können Menschen profitieren, die mehr sozialen Kontakt und vielleicht auch mehr inhaltlichen Austausch suchen.

Für den einen oder anderen kann es zudem leichter sein, in einer Gruppe diszipliniert zu arbeiten. Selbst beantworten muss sich jeder die Frage, ob er andere Menschen in sein vertrautes Umfeld lassen möchte oder ob er bei ande­ren daheim arbeiten mag. Aktuell bleibt natürlich auch die Frage nach der Vereinbarkeit mit den jeweils geltenden Corona-Regeln.

Viel mehr Menschen als zu Beginn des Jahres 2020 arbeiten inzwischen im Homeoffice – manche mehr, andere weniger freiwillig. Es klappt besonders gut, wenn Sie Ihr Homeoffice gut ausstatten und die Arbeit gezielt planen. Erfolgreiche Arbeit im Homeoffice ist möglich.

Autor
Reiner Neumann ist Trainer sowie Buchautor und berät auch viele Sparkassen.

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Reiner Neumann
– 24. Januar 2021