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Mittelstandsfinanzierung / Studie
Algorithmen ersetzen keine Vertrauensbasis
Fintechs und klassische Kreditinstitute werden im Wettbwerb um Firmenkunden enger zusammenrücken. Doch klassische Kreditinstitute bleiben im Vorteil.

Fintechs komme in Zukunft bei der Finanzierung von kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) im Markt eine größere Rolle zu, schreiben IfM-Wissenschaftler in ihrer Studie „Fintechs: Chancen für die KMU-Finanzierung?“ (siehe Datei im Anhang).

Zwar sei der Mittelstand während der Pandemiemonate vornehmlich über Förderkredite von Hausbanken finanziert worden, aber „die digitale Kreditvergabe könnte langfristig einen Schub erhalten haben, „da viele KMU positive Erfahrungen mit Dienstleistungen gemacht haben, die ausschließlich digital stattfinden“, sagt IfM-Studienleiter Jonas Löher. Das habe im Mittelstand die Offenheit für eine Zusammenarbeit mit Fintechs sicher erhöht.

Löher und sein Team untersuchen in ihrer Studie die Chancen digitaler Finanzierung für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) und die Folgen für Banken. Demnach hat sich die digitale KMU-Finanzierung besonders positiv entwickelt, wenn sich Kreditvergabeprozesse mithilfe von Datenhistorien standardisieren oder digitalisieren ließen.

 

Dienstleistungen von Fintechs bei KMU-Finanzierungen, das IfM gibt als Quellen an: eigene Darstellungen in Anlehnung an Dorfleitner et al. (2020); Häfner/Schiereck (2020); PwC (2020); eigene Erhebung.

 

Fintechs als Kreditgeber stellen oft weniger hohe Anforderungen als Geldinstitute

Von dieser Entwicklung profitierten kleine und mittlere Unternehmen mehrfach. Suchkosten nach Finanzierungsanbietern reduzierten sich, weil Finanzierungsplattformen oft Lösungen mehrerer Kreditgeber anbieten.

Mittelständische Unternehmer erhielten über Fintech-Dienstleistungen leichter Kleinkredite und kurzfristige Betriebsmittelfinanzierungen als bei etablierten Bankhäusern, selbst wenn sie nicht die bankenüblichen Sicherheiten vorweisen könnten.

Fintechs könnten den Unternehmen häufig auch innovative Tools für die Analyse der eigenen Finanzsituation bieten, heißt es in der Studie. Das ermögliche Mittelständlern ein besseres Liquiditätsmanagement und optimiere die Innenfinanzierung.

Algorithmen ersetzen keine gewachsene Vertrauensbasis

Der erhöhte Wettbewerbsdruck habe schon dazu geführt, dass Geldhäuser Kooperationen mit Fintechs eingehen. Plattformen von Banken integrierten bereits Finanzierungslösungen von Fintechs in ihr Angebot. Davon profitiere auch der Mittelstand im Rahmen bestehender Hausbankbeziehungen.

Die Studie konstatiert dennoch hohe Wachstumsbarrieren für Fintechs. Zwischen Hausbanken und mittelständischen Unternehmern bestehe eine gewachsene Vertrauensbasis. Auch bei beratungsintensiven Finanzierungen im Zusammenhang mit M&A-Aktivitäten und Expansionsplänen ist persönliche Beratung dem Algorithmus weiterhin überlegen. Digitaler Kreditvergabe seien Grenzen gesetzt, wenn sich Risiken schwerlich mit Algorithmen berechnen ließen, wie etwa bei jungen, innovativen Unternehmen.

Dennoch rechnen die IfM-Wissenschaftler damit, dass digitale Finanzierungsarten künftig etwa im Zuge der Blockchain-Technik eine größere Rolle bei KMU-Finanzierungen spielen. Innovative Finanzierungsmethoden wie Pay-per-Use dürften zudem an Nachfrage gewinnen: Statt eine Maschine zu kaufen, zahlten Unternehmen für deren zeitweise Nutzung.

 

Die Pandemie hat die Offenheit mittelständischer Unternehmen für digitale Angebote erhöht. Doch während in fast 80 Prozent der Großunternehmen Fachkräfte der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) arbeiten, geben nur 17 Prozent aller KMU an, Mitarbeiter in diesem Kompetenzbereich zu beschäftigen.  
(Bild oben: Shutterstock)
– 11. August 2021