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Sparkassen Consulting
Keine falschen Versprechen
Die Leistungsversprechen von Sparkassen passen häufig nicht mehr zum tatsächlichen Verhalten von Kunden und Mitarbeitern. Omnikanal-Konzepte in Vertrieb und Betrieb stellen in diesem Kontext passende Lösungsansätze dar, um die Ansprüche „hybrider“ Menschen zu erfüllen.

„Wer das Kundenanliegen in den Mittelpunkt stellt, wird mit höherer Loyalität und Abschlussbereitschaft belohnt“ – seit vielen Jahren predigen wir dieses Mantra. Doch regelmäßig stellen wir fest, dass wir (noch) nicht konsequent danach handeln.

So hat sich die Erwartungshaltung der Kunden bei der Erbringung von Service- und Beratungsleistungen an die eigene Sparkasse häufig schneller verändert als wir reagieren konnten. Das Unterschreiben vieler Seiten Papier oder die Notwendigkeit zum Vor-Ort-Besuch des Beratungs-Centers, auch für kleine Servicetätigkeiten, ist für viele Kunden heute leider noch Alltag.

Erreichbarkeit und schnelle Lösungen sind gefragt

Dabei kommt eine repräsentative Endkundenbefragung der Sparkassen Consulting zu dem Ergebnis, dass vor allem Schnelligkeit die veränderten Erwartungen dominiert.

Damit verbinden die befragten Personen den Wunsch nach guter Erreichbarkeit und sofortiger Lösung, unterstützt durch Online-Angebote.

Kunden wünschen sich eine Beratung auf Augenhöhe. Die Ansprache sollte dabei über den Weg erfolgen, den der Kunde präferiert – nicht die Sparkasse.

Ebenfalls ganz vorne dabei ist die Forderung nach Produkten und Services, die bequem, verständlich und einfach abschließbar sind. Die Ansprache und eine Beratung auf Augenhöhe sollten dabei über den Weg erfolgen, welchen der Kunde präferiert und nicht die Sparkasse.

Für viele Institute bedeutet das eine Drehung um 180 Grad und notwendige Anpassungen mit Blick auf Prozesse, Services und mögliche Kommunikations- sowie Abschlusswege zwischen Kunde und Sparkasse. Von der Befähigung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ganz zu schweigen.

Kunden und Mitarbeiter erwarten mehr

Das Banking von morgen kann deshalb nur durch die entsprechenden Arbeitsmodelle in der Sparkasse umgesetzt werden. Denn nicht nur unsere Kunden haben ihre Gewohnheiten und Anforderungen verändert, sondern auch wir selbst als Mitarbeiter.

Auch wir wollen nicht nur die Art und Weise unserer eigenen Arbeit, sondern auch den Arbeitsort je nach Situation selbst bestimmen. Besonders online-affine Mitarbeiter wünschen moderne und digitale Zugangswege zu ihrer Sparkasse und zu ihren Kollegen.

Der Kontakt sollte dabei nach wie vor persönlich, mit Zugriff auf alle Arbeitsmittel und individuell erfolgen (wobei persönlich nicht gleich physisch bedeutet). Auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie kann durch eine mehrkanalfähige Arbeit unterstützt werden.

Arbeitsvorgänge sollten so weit wie möglich systemgestützt (zum Beispiel automatisiert und digital) erledigt werden.

Halbierung „reiner Filialkunden“ in den kommenden fünf Jahren

„Früher war alles einfacher“ – ein Spruch, den gerade ältere Kolleginnen und Kollegen immer mal wieder von sich geben.

Es wurde klar unterschieden zwischen dem digitalen Kunden und dem Filialkunden. Leider hat häufig nicht der Kunde entschieden, zu welcher dieser beiden Gruppen er gehören möchte, sondern die Sparkasse.

Auch eine Beratung in der Filiale sollte möglich sein – entscheidend sind die Wünsche des Kunden.

Dass Sparkassendenke und Kundendenke hier meilenweit auseinander liegen, hat sicherlich Corona als Beschleuniger digitaler Zugangswege unter Beweis gestellt.

So stiegen die Telefonkontakte in den Sparkassen im Inbound im Laufe der Pandemie um etwa 35 bis 40 Prozent, die Nutzung von Onlinebanking um 25 Prozent und die Nutzung von Mobile Banking in der Spitze sogar um bis zu 60 Prozent – und das nicht nur bei digital affinen, sondern auch bei stationär affinen Kunden.

Die Sparkassen Consulting geht davon aus, dass der Anteil reiner Filialnutzer (heute immerhin ein Anteil von 45 Prozent) sich in den kommenden fünf Jahren um die Hälfte abschmelzen dürfte.

Hingegen wird der Anteil hybrider Kunden, die sowohl stationäre als auch digitale Welt parallel präferieren und sich nicht auf eine dieser beiden Welten festlegen möchten, in den kommenden Jahren zunehmen und von heute um die 50 Prozent auf etwa 65 bis 70 Prozent ansteigen.

Auch der Anteil ausschließlicher Onlinenutzer, der von Sparkassen in der Vergangenheit häufig vernachlässigt wurde und deshalb teilweise zu Direkt- und Online-Banken abgewandert ist, wird von heute etwa fünf Prozent auf zehn bis 15 Prozent anwachsen.    

Im Klartext heißt das, dass eine ausschließlich auf den persönlichen Kontakt ausgerichtete Filiale nicht die Zukunft sein kann.

Schluss also mit reinen „Entweder-oder-Vertriebseinheiten“. Somit sollten sich multi- beziehungsweise omnikanale Vertriebs- und Arbeitskonzepte in Zukunft verstärkt an den geänderten Erwartungshaltungen ausrichten.

Kundenzentriertes Vertriebswegekonzept als Schlüssel

Spannend wird hierbei sicherlich auch die Rolle des Kunden-Service-Centers (KSC) sein. Folgerichtig sollte sich das KSC von einer heute in vielen Instituten eher auf Service ausgerichteten Telefonie-Einheit zu einer vollständigen Vertriebseinheit weiterentwickeln, in der beispielsweise auch Onlinebanking-Verträge und Kreditkarten möglichst einfach ohne Unterschrift abgeschlossen werden können.

Ein erster Schritt zur Entlastung der stationären Vertriebseinheiten könnte die Definition von Geschäftsvorfällen sein, die zukünftig priorisiert vom KSC abgearbeitet werden – zum Beispiel die Erstellung von Bescheinigungen, Services rund um Kartengeschäft oder eben der 1st-Level und Teile des 2nd-Level-Supports für das Onlinebanking.

Das heißt keinesfalls, dass Sie Kunden den Zutritt zur Filiale verwehren sollen – dem Kunden aber konsequent die Vorteile der digitalen Welt aufzuzeigen und ihn auf die nächste Evolutionsstufe im Vertrieb vorzubereiten, wird der Auftrag eines jeden Filial- und KSC-Mitarbeiters bei möglichst jedem Kontaktpunkt sein.

Rolle des Kunden-Service-Centers

Ein kundenzentriertes Vertriebskonzept, das den Kunden wirklich in den Mittelpunkt stellt, setzt somit zunehmend auf auditive beziehungsweise mediale Kontaktkanäle, ohne die Filiale oder den persönlich zugeordneten Berater zu vernachlässigen.

Das KSC kann in diesem Kontext eine entscheidende Rolle als Dreh- und Angelpunkt darstellen – je nach Institutsgröße mit vielen hunderttausend eingehenden Anrufen der wichtigste und am stärksten nachgefragte Kontaktpunkt zwischen Kunde und Sparkasse.

Und ehrlicherweise als Ventillösung auch unbedingt benötigt, wenn Sparkassen beispielsweise vor der Herausforderung stehen, ihr Standortnetz oder die Service- und Öffnungszeiten zu reduzieren.

Wenn Erreichbarkeit und der unkomplizierte Abschluss von Bankdienstleistungen am Telefon wirklich der Schlüssel zu zufriedeneren Kunden ist, stellt sich sicherlich die Frage, wie Sparkassen eine Erreichbarkeit von aktuell teilweise mehr als 50 Prozent und ein Servicelevel von beispielsweise 35 zu 20 (35 Prozent der Anrufe werden innerhalb von 20 Sekunden angenommen) ohne sofortige Ergreifung von Gegenmaßnahmen billigen können.

Besser ausgestattet und räumlich erreichbar

„Hybride“ Kunden und Mitarbeiter, welche die verschiedenen Zugangswege zur Sparkasse nutzenorientiert auswählen, prägen somit die künftigen Vertriebs- und Arbeitskonzepte.

Wenn man den prognostizierten Änderungen im Kanalnutzungsverhalten der Kunden Glauben schenken mag, sollte das auch etwas mit den Beratungsstandorten machen, die zukünftig völlig andere Anforderungen erfüllen müssen:

Zur Ermöglichung dessen werden sich künftige Arbeitskonzepte nicht mehr nur auf den Arbeitsplatz vor Ort in der Sparkasse beziehen, sondern ein integriertes Modell von Arbeitsorten und -phasen darstellen müssen.

Kunden sollte konsequent die Vorteile der digitalen Welt erklärt werden. Bei jedem Kontakt sollten Filial- und KSC-Mitarbeiter die Kunden auf die nächste Stufe im Vertrieb vorbereiten.

So wird es bei der Ausgestaltung der Arbeitsplätze vor Ort vermutlich verstärkt zu einer Differenzierung in verschiedene Arbeitszonen kommen, welche sich an den unterschiedlichen Arbeitsphasen orientieren. Darüber hinaus wird es zunehmend an Bedeutung gewinnen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen adäquaten Heim- oder mobilen Arbeitsplatz anzubieten.

Auch externe Räumlichkeiten für vernetztes Arbeiten (zum Beispiel Co-Working-Spaces) können sinnvolle Ergänzungen dort sein, wo kein Homeoffice möglich ist.

Wünsche der Kunden sind entscheidend

An den Beratungsstandorten beraten zukünftig gut ausgebildete Bankkaufleute ihre Kunden über den Weg, der situativ vom Kunden bevorzugt wird, zu komplexen Themen wie Vermögensoptimierung, Altersvorsorge oder Anschaffungs- und Baufinanzierungen.

Hierfür stehen alle technischen Möglichkeiten für eine omnikanale Beratung zur Verfügung – neben einer Skype-Lizenz, Videokamera, professionellen Licht- und Schallschutzelementen zum Beispiel ein Grafiktablet, mit dem komplexe Sachverhalte in der digitalen Beratung visualisiert werden können.

Sollte ein Kunde einen persönlichen Termin bevorzugen, wird das in dem beschriebenen omnikanalen Beratungs-Center ebenfalls möglich sein, die Besuchsfrequenz wird in den kommenden Jahren aber vermutlich weiter abnehmen.

All das wird aber ohne ein nachhaltiges Kommunikations- und Befähigungskonzept gegenüber allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hauses nicht funktionieren.

Wer lediglich die Hardware anschaffen und eine Technikschulung durchführen möchte, die Begeisterung und auch den vertrieblichen Umgang mit diesen Lösungen in seinen Überlegungen aber nicht berücksichtigt hat, sollte sich die Investitionskosten besser sparen.

Autoren:

Nicolas Fischer ist Seniorberater im Bereich Vertrieb und Digitales bei der Sparkassen Consulting in München. Marcel Kaletta ist Managementberater und verantwortet das Team Arbeitswelten bei der Sparkassen Consulting in München.

Nicolas Fischer und Marcel Kaletta, Sparkassen Consulting (Bild oben: Shutterstock)
– 22. November 2021