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Marktfolge
Antragsflut im Griff behalten
Viele Sparkassen lagern in Kooperation mit dem Verbunddienstleister S-Servicepartner Marktfolgemitarbeiter in regionale Gesellschaften aus. Das hilft den Häusern, Prozesse schneller und kostengünstiger abzuwickeln und Arbeitsplätze zu erhalten.

Bearbeitung von Förderkrediten, Zuschüsse für Betriebskosten – die Hochphase der Coronakrise hat viele Sparkassen herausgefordert. Besonders beansprucht waren während dieser Zeit die Mitarbeiter in der Marktfolge. Sie mussten eine Antragsflut von kleinen und mittelständischen Unternehmen bewältigen.

Viele Häuser lagern Mitarbeiter in der Marktfolge in regionale Gesellschaften aus und holen dazu die Verbundgesellschaft S-Servicepartner Deutschland mit ins Boot. Sparkassen profitieren bei dieser Kooperation von standardisierten und teils automatisierten Arbeitsprozessen und können Kundenanträge schneller bearbeiten.

Die Stadtsparkasse Düsseldorf arbeitet mit dem S-Servicepartner Rheinland zusammen: „Kooperation ist der Schlüssel zum Erfolg. Beide Seiten bringen ihre Stärken, Kompetenzen und umfangreichen Erfahrungen ein, damit wir, vereinfacht ausgedrückt, eine große Aufgabenfülle effektiver verarbeiten können“, sagt Stefan Dahm, Vorstandsmitglied der Stadtsparkasse Düsseldorf.

Um dieses Ziel zu erreichen, hält Dahm eine regionale Gesellschaft für ideal: „Regionale Standorte sind als passendes Konstrukt für die Aufgabenstellungen durchaus üblich. Mit zunehmender Digitalisierung lässt sich die Zusammenarbeit zwischen regionalen Standorten heute weitestgehend problemlos organisieren“, sagt der Vorstand.

 

Plädiert für Kooperation in der Marktfolge: Stefan Dahm, Vorstandsmitglied der Stadtsparkasse Düsseldorf.

Stadtsparkasse sichert ihren Einfluss mit Mehrheitsbeteiligung

Beim weiteren Ausbau des S-Servicepartners Rheinland will Dahm aber mitreden. Daher hat sich die Stadtsparkasse Düsseldorf mehrheitlich an der Gesellschaft beteiligt, um die Zukunft des Regionalanbieters zu gestalten: „Für uns ist es schon wichtig, bei Richtungsentscheidungen der Gesellschaft in Düsseldorf zum Beispiel im Bezug auf Investitionen, Einführung von Automation etc. ein ganz entscheidendes Wort mit reden zu können“, so Dahm.

Dahm öffnet den Gesellschafterkreis des Verbunddienstleisters nicht für weitere Sparkassen, so dass die Stadtsparkasse Düsseldorf die Expansion des S-Servicepartners wesentlich mitbestimmen kann: „Weitere Beteiligungen sind nicht vorgesehen, allerdings bietet der S-Servicepartner Rheinland Dienstleistungen auch anderen Sparkassen im Rheinland an“, sagt der Vorstand.

Hier komme die Sparkasse gut voran, und die zusätzlichen Mandanten brächten weitere Skaleneffekte: „Es gibt einige Gespräche dazu, aber noch keine Ergebnisse, über die man derzeit sprechen kann“, sagt Dahm. Der primäre Fokus der Stadtsparkasse Düsseldorf liege  nach wie vor darauf, die Produktion im Haus weiter zu optimieren und dabei auf die Expertise des S-Servicepartners zurückzugreifen.

Neue Perspektiven für ausgelagerte Mitarbeiter

Die ausgelagerten Mitarbeiter bleiben weiter bei der der Stadtsparkasse Düsseldorf angestellt und erhalten als Mitgesellschafter des S-Servicepartners neue berufliche Perspektiven: „Die Arbeit für einen bundesweiten Dienstleister reichert den Arbeitsplatz eher noch mit Vorteilen für die Mitarbeiter an, da sich neue Gestaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Die Mitarbeiter haben die Chance auch genutzt, und einige konnten beispielsweise ihre Arbeitszeit aufstocken“, sagt Dahm.

Auch für die Sparkasse hat das Outsourcing von Marktfolgemitarbeitern Vorteile. Eine Sparkasse kann Arbeitsplätze im hart umkämpften Wettbewerbsumfeld weiter erhalten. Dahm: „In Bezug auf die Mitarbeiter ist die langfristige Sicherung von Arbeitsplätzen in der Region ein wichtiger Punkt.“ Schon heute zeichne sich klar ab, „dass wir uns auf einen guten Weg gemacht haben“.

Die Stadtsparkasse Düsseldorf ist kein Einzelfall: „Die Tendenz geht dahin, dass sich Sparkassen verstärkt auf ihre Kernkompetenzen, also Vertrieb, konzentrieren und Marktfolgeprozesse auf Partner verlagern, die hier ebenfalls Kernkompetenzen entwickeln“, sagt Jörn Stöppel, Vorstandsvertreter und Bereichsleiter Unternehmenssteuerung der Sparkasse Münsterland Ost. Der S-Servicepartner Nordrhein-Westfalen am Standort Münster habe von dieser Entwicklung profitiert.

Stöppel erläutert, zum S-Servicepartner ausgelagerte Mitarbeiter seien auch für andere Häuser tätig und wickelten Marktfolgeprozesse und Aufgaben im Personalservice ab. Der Schulterschluss mit dem S-Servicepartner habe sich ausgezahlt: „Auf diese Weise wird die Kundennähe der Sparkassen mit effizienten Strukturen verbunden, ohne dabei Doppelstrukturen aufzubauen“, so Stöppel.

Prozessbeschleunigung nutzt Kunden und Mitarbeitern

Dass die Sparkassen häufig Personal in der Markfolge auslagern, hat laut Landessparkasse zu Oldenburg (LzO) auch technische Gründe: „Die Digitalisierung schreitet zunehmend voran, und es ist einfach sinnvoller, gemeinsam gebündelt in neue Techniken zu investieren“, sagt Jürgen Rauber, Mitglied des Vorstands der Landessparkasse zu Oldenburg (LzO).

Von gebündelter Technik profitierten letztlich auch die Kunden: „Die schnellere und qualitativ hochwertige Abwicklung der nachgelagerten Prozesse hilft unseren Kunden enorm“, so Rauber. Zudem nähmen die gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen in der Marktfolge immer mehr zu: „Hier ist es gut, wenn man mit Spezialisten zusammenarbeitet, deren Kerngeschäft genau hier verankert ist – die klassische Arbeitsteilung eben“, so Rauber.

 

„Es ist einfach sinnvoller, gemeinsam gebündelt in neue Techniken zu investieren“: Jürgen Rauber, Vorstandsmitglied der Landessparkasse zu Oldenburg.

Vor allem kleineren Sparkassen in der Region bietet der von der LzO im Jahr 2020 gegründete S-Servicepartner Niedersachsen die Chance, Aufgaben in der Marktfolge besser zu bewältigen: „Der S-Servicepartner Niedersachsen hat sich in vielerlei Hinsicht als Erfolgsmodell erwiesen“, so Rauber.

Sparkassen erfassten sehr schnell den vielfältigen Nutzen einer Zusammenarbeit. Das Modell könne beispielsweise helfen, künftige demografische Herausforderungen in der Mitarbeiterschaft zu bewältigen. Daher haben sich inzwischen einige Sparkassen aus der Region für eine Kooperation entschlossen, so LzO-Vorstand Rauber.

Die Beteiligung am S-Servicepartner Niedersachsen unterstreiche auch gesellschaftsrechtlich die enge Verbundenheit zum S-Servicepartner, so Rauber: „Wir können hier die Zukunft der Marktfolge proaktiv mitgestalten. Auf die Mitarbeiter hat das keinen Einfluss, da wir sie ja in den S-Servicepartner gestellt haben.“

Die ausgelagerten LzO-Mitarbeiter können ihren Arbeitsvertrag behalten, denn die Sparkasse nutzt das Modell der sogenannten Gestellung. Mitarbeiter seien weiterhin am Standort in Oldenburg tätig, könnten am kulturellen Leben der Sparkasse nach wie vor teilhaben und zudem etwa das LzO-Mitarbeiterrestaurant nutzen.

Auch die weiteren beruflichen Entwicklungschancen seien für die Mitarbeiter gut: „Durch den Einsatz im S-Servicepartner haben sie die Möglichkeit, theoretisch in beide Richtungen Karriere zu machen und sich weiterzuentwickeln: in der LzO oder mit dem Schwerpunkt Marktfolge im S-Servicepartner. Das ist charmant, gerade auch für junge Menschen“, so Rauber.

Kostendruck und Fachkräftemangel verstärken Auslagerungstendenzen

Siegmar Müller, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Südpfalz, erläutert die Vorteile des S-Servicepartners Rheinland-Pfalz: Bonitätsanalysen, Immobilienbewertungen oder die Pfändungsbearbeitungen seien zwar hochreguliert und entsprechend komplex, was fachliches Know-how erforderte: „Doch dank der Standardisierung und der Automatisierung kann unser Tochterunternehmen die Leistungen im Vergleich zur Produktion durch eine eigene Marktfolge erheblich günstiger produzieren“, so Müller.

Auch im Zuge der Fusion der Sparkassen Südliche Weinstraße und Germersheim-Kandel zur Sparkasse Südpfalz blieb der S-Servicepartner strategischer Dienstleister für Marktfolgetätigkeiten im Aktiv- und Passivgeschäft sowie im Zahlungsverkehr. Müller: „Im Rahmen dieser Fusion wurden 47 Mitarbeiter samt Tätigkeit aus der Sparkasse Germersheim-Kandel übernommen. Bereits heute sind Effizienzeffekte aus dem Betriebsübergang zum 1. Januar 2021 zu erkennen.“

Als besonders vorteilhaft sieht der Vorstandschef das Zusammenspiel zwischen der bundesweiten Organisation und den regionalen Standorten. Die bundesweite S-Servicepartner-Gruppe erbringe zentral Stabs-, Management- und Vertriebsdienstleistungen für alle regionalen Standorte und steuere die strategische Weiterentwicklung der Unternehmensgruppe. 

Produziert werde hingegen lokal. Müller: „Die Mischung aus regionaler Leistungserbringung vor Ort und zentraler Steuerung der Gruppe stellt eine effiziente und sichere Produktion sicher.“ Das erhalte die Arbeitsplätze in der Region. Rund 100 Mitarbeiter der Sparkasse Südpfalz seien heute beim S-Servicepartner Rheinland-Pfalz beschäftigt. 

Benjamin Hirsch, Geschäftsführer beim S-Servicepartner Rheinland-Pfalz, rechnet mit weiteren Auslagerungen in der Marktfolge. Kostendruck und Fachkräftemangel machten Auslagerungen attraktiver denn je. Mittlerweile haben mehr als 20 süddeutsche Sparkassen diverse Tätigkeiten an den S-Servicepartner Rheinland-Pfalz ausgelagert, jedoch ohne selbst an der Gesellschaft beteiligt zu sein. Hirsch: „Das zeigt, dass Sourcing an Bedeutung gewinnt und nicht zwingend mit einer Beteiligung verbunden sein muss.“ 

Gregory Lipinski (Bild oben: Shutterstock)
– 22. September 2021