Zurück
FI / Interview – Teil 4
Oft nicht einfach genug – wo sich Prozesse verbessern lassen
Auszug aus dem Interview mit Andreas Schelling.

Gibt es auch Prozesse, wo es noch nicht so rund läuft und Sie Bedarf an Verbesserungen sehen?
Schelling:
Bei der Depoteröffnung in der S-App beispielsweise liegt die Erfolgsquote aktuell bei zehn bis 15 Prozent. Gut 80 Prozent der Kunden führen den Prozess nicht zu Ende und brechen vorzeitig ab. Mit der Deka und der Dwpbank arbeiten wir nun daran, die Anzahl an Eingaben und Prozessschritten zu reduzieren, um die Depoteröffnung einfacher zu gestalten. Denn der Endkunde interessiert sich nicht für das Depot, sondern er will Wertpapiere kaufen oder einen Wertpapiersparplan abschließen.

Daher muss der Depoteröffnungsprozess einfach sein. Gleichzeitig müssen wir aber sicherstellen, dass die Zeit, die ein Mitarbeiter in der Sparkasse für erforderliche Nacharbeiten aufwendet, nicht weiter steigt. Ganz im Gegenteil, auch hier sind Optimierungen durch Automatisierungen erforderlich, um den Aufwand für die Sparkassen weiter zu reduzieren.

Auch anderswo in der Marktfolge lassen sich viele Dinge vereinfachen, etwa im Kreditgeschäft. Der Schlüssel zum Erfolg ist hier eine Standardisierung und Automatisierung der Abläufe, die für Kunden einfach und schnell durchzuführen sind und mit denen wir gleichzeitig Kosten im Markt und in der Marktfolge senken.

Und die Sparkassen sind bereit, sich auf solche standardisierten Prozesse einzulassen?
Schelling: Die Bereitschaft ist deutlich gestiegen. Vor zehn Jahren haben schon alle über Standards gesprochen, es gab aber viele Variationsmöglichkeiten in unseren Anwendungen. Heute haben große wie kleinere Sparkassen festgestellt, dass für die Differenzierung am Markt nicht entscheidend ist, ob ein Haus ein Formular und ein anderes Haus für den gleichen Prozess mehrere Formulare nutzt. Sondern ob der Kunde bei einer Anwendung sagt: Das ist super einfach, das mache ich. Und die Sparkasse im Backoffice möglichst wenig Arbeit damit hat.

Welche Einsparpotenziale ermöglichen die Vereinfachung und Automatisierung von Prozessen? 
Schelling: Ich halte es für realistisch, dass in den nächsten Jahren 3000 bis 5000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bisher in der Marktfolge tätig sind, andere Aufgaben für die Kunden übernehmen können. Noch ein Beispiel aus einem anderen Bereich: Eine Analyse der heutigen Personalserviceprozesse in den Sparkassen zeigt, dass täglich anfallende Ereignisse wie Krankmeldungen, Namensänderungen, Zwischenzeugnisse oder Austritte oft noch zu viele händische Schritte erfordern.

Wenn sich die Voruntersuchungen bestätigen, könnten durch eine Automatisierung mehrere hundert Mitarbeitende für andere Aufgaben im Personalbereich eingesetzt werden. Freilich müssten wir dafür zunächst einige Millionen Euro investieren.

 

Lesen Sie hier die weiteren Abschnitte des Interviews mit Andreas Schelling:

1. „Sich auf den Stuhl des Kunden setzen“
2. Schneller testen und verbessern
3. Wachstum auch durch Corona
4. Oft nicht einfach genug
5. Stabil bei einer Milliarde Euro
6. „Es gibt eine deutliche Bewegung“
7. Weniger Stromverbrauch, weniger Papierformulare


Oder das komplette Interview im Wortlaut:  „Schneller, agiler werden, Kunden begeistern“  

 

Oliver Fischer und Peter Müller
– 13. April 2021