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FI / Interview
„Schneller, agiler werden, Kunden begeistern“
Andreas Schelling steht seit Jahresbeginn an der Spitze der Finanz Informatik. Obwohl er seit fast 30 Jahren bei der FI und ihren Vorgängerunternehmen arbeitet, gibt es für Schelling kein „weiter so“. Er möchte den zentralen IT-Dienstleister der Sparkassen-Finanzgruppe grundlegend weiterentwickeln.

1. „Sich auf den Stuhl des Kunden setzen“ – die neue Rolle der FI

Herr Schelling, Sie sind schon seit elf Jahren Mitglied der FI-Geschäftsleitung.  Was haben Sie in der neuen Rolle vor? Soll die FI so bleiben wie sie ist – oder bringen Sie das Unternehmen auf einen neuen Kurs? 
Andreas Schelling:
Letzteres. Wir haben drei neue Leitlinien erarbeitet, an denen wir die FI ausrichten. Die erste besagt, dass wir künftig die Begeisterung unserer Kunden in den Mittelpunkt stellen. Mit den Kunden sind etwa die Sparkassen gemeint, aber auch deren Endkunden sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der FI als unsere internen Kunden.

Um alle unsere Kunden zu begeistern, sollen sich unsere Führungskräfte und Mitarbeiter am besten gedanklich „auf den Stuhl unserer Kunden setzen“ und überlegen, wie wir zum Beispiel eine Anwendung bauen oder eine Dienstleistung erbringen müssen, damit unsere Kunden damit erfolgreich sich.  

Und die anderen Leitlinien?
Schelling: Die zweite Leitlinie besagt, dass wir den Verbund weiter stärken. Das geschieht vor allem durch eine intensivere Zusammenarbeit bei der Entwicklung der Digitalen Finanzplattform der Sparkassen. Zudem wollen wir drittens die Dynamik steigern, also für unsere Kunden deutlich schneller als bisher Lösungen entwickeln, die einen messbaren Erfolg bringen und dafür auch Projekte agiler durchführen.

 

Andreas Schelling, Vorsitzender der Geschäftsführung der Finanz Informatik und verantwortlich für die Ressorts Unternehmenssteuerung und Anwendungsbereitstellung.

 

Schnellleser gelangen hier direkt zu den einzelnen Abschnitten des Interviews

1. Neue Rolle der FI – „Sich auf den Stuhl des Kunden setzen"
2. Kundenorientiertes Arbeiten – Schneller testen und verbessern 
3. Stellung am Markt – Wachstum auch durch Corona 
4. Prozesse verbessern – Oft nicht einfach genug 
5. Investitionen in die FI – Stabil bei einer Milliarde Euro
6. Nutzung der Anwendungen – „Es gibt eine deutliche Bewegung“
7. Nachhaltigkeit – Weniger Stromverbrauch, weniger Papierformulare

 

Bisher war die FI gerade auch Umsetzer von IT-Themen. Wollen Sie jetzt die Rolle des Treibers einnehmen?
Schelling: Wir sehen uns nicht als jemanden, der andere vor sich hertreibt, sondern eher als dynamischen Digitalisierungspartner. Es reicht nicht mehr, IT-Anwendungen zu bauen und den Sparkassen zur Verfügung zu stellen, in der Hoffnung, dass sie damit klarkommen.

Wir wollen die Standardanwendungen gemeinsam mit den Sparkassen und den Partnern im Verbund von Anfang an so entwickeln, dass sie den Kunden begeistern. Und wir tragen Sorge dafür, dass die Anwendung bei den Kunden auch in der Breite zum Einsatz kommt und wir damit die gesetzten Ziele erreichen. Erst wenn das gelungen ist, haben wir unseren Job gemacht.
 

„Wir gehen stärker in die Verantwortung, und legen bereits bei der Beauftragung gemeinsam mit unseren Partnern fest, was unser messbares Ziel ist.“


Das heißt, Sie geben eine Erfolgsgarantie für die FI-Produkte?
Schelling: Wir gehen stärker in die Verantwortung und legen bereits bei der Beauftragung gemeinsam mit unseren Partnern fest, was unser messbares Ziel ist. Wollen wir mit einer Anwendung mehr Abschlüsse erreichen, wollen wir mit einem Standardprozess die Automatisierung erhöhen und damit manuelle Arbeitsschritte in der Marktfolge einsparen? Oder dem Sparkassenkunden oder -berater mit einem schlanken und einfachen Prozess mehr Komfort bieten?

Diese neue Rolle unterscheidet sich deutlich von der eines klassischen IT-Dienstleisters. Letztlich geht es immer darum, eine Anforderung durch die Brille des Kunden zu betrachten und ihn mit unserer Lösung erfolgreicher zu machen.

2. Schneller testen und verbessern – kundenorientiertes Arbeiten in der Praxis

Können Sie an einem Beispiel erläutern, wie das neue, kundenorientierte Arbeiten in der Praxis aussieht?
Schelling: Nehmen Sie das sparkassenweite Vertriebsprojekt „100.000 Girokonten“, das von der DSV-Gruppe koordiniert wird. Zielsetzung war, eine Kontoeröffnung zu bauen, mit der Sparkassenkunden Girokonten in der Internet-Filiale und der S-App fallabschließend eröffnen können. Früher wäre mit der Abnahme und Pilotierung der Auftrag erfüllt gewesen.

Nun haben wir aber gesagt, dass wir auch den Erfolg messen wollen. Ich kann Ihnen sagen, dass wir an diesem Projekt viel gelernt haben. Gemeinsam haben wir festgestellt, welche Eingaben ein Kunde in der Anwendung einfach und schnell macht und wo er abbricht; wie rechtliche Formulierungen zu optimieren sind und wie wir zum Beispiel die Videolegitimation für den Kunden weiter vereinfachen müssen.

 

Kein Kunde hat Lust, sich zur Online-Kontoeröffnung mehrere Formulare herunterzuladen. Durch deutliche Optimierungen wurde hier eine einfachere Lösung erzielt.


Welche Faktoren beeinflussen den Vertriebserfolg?
Schelling:
Bleiben wir bei dem konkreten Beispiel: Es ist ein riesiger Unterschied, ob das Girokonto in der Internet-Filiale am PC oder auf dem Smartphone eröffnet wird. Kein Kunde hat Lust, sich mit dem Smartphone mehrere Formulare herunterzuladen. Das hatte unser Prozess aber initial so vorgesehen, damit rechtlich alles sauber ist. Diesen Punkt haben wir jetzt deutlich optimiert und mit den Juristen einfachere Lösungen abgestimmt.

Ein weiteres schönes Beispiel ist die Frage an den Kunden, ob er „auf eigene Rechnung handelt“. Wenn der Berater dem Kunden gegenübersitzt, kann der ihm erklären, was dieser Satz bedeutet. Aber wenn Kunden den Satz auf dem Smartphone lesen, sind sie verunsichert und brechen den Prozess dann oft ab. Daher mussten wir uns auch hier eine bessere Lösung einfallen lassen. So haben wir viele kleine Verbesserungen in der Anwendung und in dem Prozess vorgenommen und konnten die Abschlussquoten sehr deutlich steigern.
 

„Gerade beim Thema Nutzerfreundlichkeit und konsequente Kundenorientierung können wir aus meiner Sicht beispielsweise viel von Apple lernen.“


Was nehmen Sie aus diesen Erfahrungen mit?
Schelling: Nur wenn wir es dem Kunden einfach und bequem machen und ihm eine gute Convenience bieten, werden wir mit unseren Standardanwendungen insbesondere auf dem Smartphone erfolgreich sein. Das ist ein ständiger Spagat, weil unsere Anwendungen und Prozesse die regulatorischen Anforderungen erfüllen müssen und sicher sein sollen.

Auf der anderen Seite sind die Kunden insbesondere von den großen Plattformen und Fintechs einfache Prozesse mit einer hohen Nutzerfreundlichkeit gewohnt und erwarten diese natürlich auch von den Sparkassen.

Gerade beim Thema Nutzerfreundlichkeit und konsequente Kundenorientierung können wir aus meiner Sicht beispielsweise viel von Apple lernen. Apple stellt regelmäßig neue iOS-Releases bereit, die jeder Apple-Kunde ganz einfach und sicher auf seinen Endgeräten einsetzt. Gleiches gilt für die vielen Anwendungsprogramme, die jeder aus dem App-Store herunterladen und ohne Schulung und große Administration intuitiv bedienen kann. Daran wollen wir uns mit unserer Release- und Anwendungsplanung künftig ein Stück weit orientieren.

 

Nur wenn es dem Kunden einfach und bequem gemacht und ihm eine gute Convenience geboten wird, werden Standardanwendungen insbesondere auf dem Smartphone erfolgreich sein.


Anwendungen immer wieder verbessern, um Kundenwünsche optimal abzubilden, erfordert auch eine andere Herangehensweise an Projekte. Sie haben vorhin das Wörtchen agil benutzt. Geht die Reise der FI hin zur agilen Entwicklung?
Schelling: In Teilen sicherlich. Denn agile Projekte lassen sich wesentlich schneller abwickeln. Bisher kann der gesamte Prozess von der groben fachlichen Konzeption im DSGV-Fachausschuss über das konkrete Fachkonzept bis hin zu Programmierung, Testing und Release ein Jahr und länger dauern. Beim agilen Arbeiten können wir sehr viel schneller eine erste Version der Anwendung bereitstellen, die wir mit dem Kunden in kurzen Zyklen praxisorientiert weiter ausbauen.
 

„Beim agilen Arbeiten können wir sehr viel schneller eine erste Version der Anwendung bereitstellen, die wir mit dem Kunden in kurzen Zyklen praxisorientiert weiter ausbauen.“


Dabei können wir viele Fragen klären, die sonst erst viel später aufkommen: Ist der Standardprozess für den Kunden einfach zu verstehen? Wie ist die Abbruchquote? Stimmt die Oberfläche? Genügt das Zwischenergebnis den bankfachlichen Anforderungen? Ich bin mir sicher, dass wir mit einer kundenzentrierten, agilen Umsetzung sehr viel schneller eine Standardanwendung bei unseren Kunden in der Breite einführen werden, die echte Mehrwerte bietet.

Es wird aber auch weiterhin viele Anwendungen geben, bei denen das nicht nötig ist. Zentrale Kernbankfunktionen rund um den Buchungskern oder die Zinsberechnung müssen richtige Ergebnisse mit einer hohen Qualität liefern, da braucht es keine agilen Prozesse und Experimente. Wir haben im Vorjahr 25 Milliarden Umsätze gebucht – das muss weiter stabil und verlässlich funktionieren.

Die Zeit der langfristigen Pläne, die über Jahre hinweg abgearbeitet werden, ist dennoch vorbei?
Schelling: Detaillierte Drei- und Fünfjahrespläne für die fachliche IT-Entwicklung haben wir abgeschafft. Natürlich bringen wir weiterhin zwei große OSPlus-Releases pro Jahr auf Basis jährlich geplanter Beauftragungen. Aber gerade mit Blick auf die digitalen Kanäle ist es zielführender, wenn wir unsere Apps und die Internet-Filiale in häufigeren kleinen Schritten kundenzentriert weiterentwickeln und schneller auf Kundenhinweise und Anforderungen reagieren.

Wir müssen die Kunden stärker einbinden und mit Funktionen und Prozessen, die es ihnen einfacher machen, begeistern. Die digitalen Angebote ändern sich immer schneller und daher sind Fachkonzepte mit vielen hundert Seiten, die dann sukzessive abgearbeitet werden, keine marktgerechte Lösung für unsere Kunden.    

 

Kunden stärker einbinden und mit Funktionen und Prozessen, die es ihnen einfacher machen, begeistern.


3. Wachstum auch durch Corona – wie sich die Anwendungen am Markt bewähren

Sie sagen, Sie möchten messbare Erfolge beim Kunden erzielen. Wie erfolgreich sind die FI-Anwendungen denn aktuell?
Schelling: Wir ermitteln monatlich, wie erfolgreich die 25 wichtigsten Produktabschlussprozesse in der Internet-Filiale und der S-App sind, etwa für Konto- oder Depoteröffnung, Wertpapierkauf, Wertpapiersparpläne oder auch Konsumentenkredite. Anfang letzten Jahres hatten wir hier monatlich gut 40.000 Abschlüsse. Mit vielen Optimierungen und einem guten Einführungsangebot konnten wir diese Ende 2020 auf über 400.000 erfolgreiche Abschlüsse je Monat in den digitalen Kanälen steigern.

Aber dieser Erfolg ist nur ein Etappenziel. Wir wollen in zwei Jahren auf eine Million erfolgreiche Produktabschlüsse pro Monat in der Internet-Filiale und der S-App kommen. Und das wird uns auch gelingen, wenn wir die Produkte mit einfachen, schlanken und kundenzentrierten Prozessen hinterlegen.
 

„Wir wollen in zwei Jahren auf eine Million erfolgreiche Produktabschlüsse pro Monat in der Internet-Filiale und der S-App kommen.“


Die Steigerungen in 2020 sind imposant, aber sicher hat auch die Pandemie ihren Anteil dazu beigetragen?
Schelling: Dass die Nutzung digitaler Anwendungen durch Corona gesteigert wurde, steht außer Frage. Die Sparkassen haben seit Mai letzten Jahres über 1,4 Millionen zusätzliche Kunden für die Internet-Filiale und die S-App gewonnen. Und die Anzahl der Kartenzahlungen ist in der Spitze auf 198 Millionen Transaktionen pro Monat gestiegen. Das entspricht fast einer Verdoppelung binnen zwei Jahren, und gerade in 2020 war das Wachstum besonders stark.

 

Die Anzahl der Kartenzahlungen hat sich binnen zwei Jahren fast verdoppelt.


4. Oft nicht einfach genug – wo sich Prozesse verbessern lassen

Gibt es auch Prozesse, wo es noch nicht so rund läuft und Sie Bedarf an Verbesserungen sehen?
Schelling:
Bei der Depoteröffnung in der S-App beispielsweise liegt die Erfolgsquote aktuell bei zehn bis 15 Prozent. Gut 80 Prozent der Kunden führen den Prozess nicht zu Ende und brechen vorzeitig ab. Mit der Deka und der Dwpbank arbeiten wir nun daran, die Anzahl an Eingaben und Prozessschritten zu reduzieren, um die Depoteröffnung einfacher zu gestalten. Denn der Endkunde interessiert sich nicht für das Depot, sondern er will Wertpapiere kaufen oder einen Wertpapiersparplan abschließen.

Daher muss der Depoteröffnungsprozess einfach sein. Gleichzeitig müssen wir aber sicherstellen, dass die Zeit, die ein Mitarbeiter in der Sparkasse für erforderliche Nacharbeiten aufwendet, nicht weiter steigt. Ganz im Gegenteil, auch hier sind Optimierungen durch Automatisierungen erforderlich, um den Aufwand für die Sparkassen weiter zu reduzieren.
 

„Auch anderswo in der Marktfolge lassen sich viele Dinge vereinfachen, etwa im Kreditgeschäft.“


Auch anderswo in der Marktfolge lassen sich viele Dinge vereinfachen, etwa im Kreditgeschäft. Der Schlüssel zum Erfolg ist hier eine Standardisierung und Automatisierung der Abläufe, die für Kunden einfach und schnell durchzuführen sind und mit denen wir gleichzeitig Kosten im Markt und in der Marktfolge senken.

Und die Sparkassen sind bereit, sich auf solche standardisierten Prozesse einzulassen?
Schelling: Die Bereitschaft ist deutlich gestiegen. Vor zehn Jahren haben schon alle über Standards gesprochen, es gab aber viele Variationsmöglichkeiten in unseren Anwendungen. Heute haben große wie kleinere Sparkassen festgestellt, dass für die Differenzierung am Markt nicht entscheidend ist, ob ein Haus ein Formular und ein anderes Haus für den gleichen Prozess mehrere Formulare nutzt. Sondern ob der Kunde bei einer Anwendung sagt: Das ist super einfach, das mache ich. Und die Sparkasse im Backoffice möglichst wenig Arbeit damit hat.

Welche Einsparpotenziale ermöglichen die Vereinfachung und Automatisierung von Prozessen? 
Schelling: Ich halte es für realistisch, dass in den nächsten Jahren 3000 bis 5000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bisher in der Marktfolge tätig sind, andere Aufgaben für die Kunden übernehmen können. Noch ein Beispiel aus einem anderen Bereich: Eine Analyse der heutigen Personalserviceprozesse in den Sparkassen zeigt, dass täglich anfallende Ereignisse wie Krankmeldungen, Namensänderungen, Zwischenzeugnisse oder Austritte oft noch zu viele händische Schritte erfordern.

Wenn sich die Voruntersuchungen bestätigen, könnten durch eine Automatisierung mehrere hundert Mitarbeitende für andere Aufgaben im Personalbereich eingesetzt werden. Freilich müssten wir dafür zunächst einige Millionen Euro investieren.

5. Stabil bei einer Milliarde Euro – was die Sparkassen in die FI investieren

Stichwort Investitionen – wie viel Geld stecken die Sparkassen insgesamt in die FI?
Schelling: Bis einschließlich 2026 werden der Finanz Informatik 250 Millionen Euro pro Jahr für OSPlus-Weiterentwicklungen im Basisangebot zur Verfügung stehen. Gegenüber der Zeit vor rund fünf Jahren, wo wir bei rund 120 Millionen Euro pro Jahr waren, ist das eine starke Steigerung, für die wir sehr dankbar sind.

 

Bis einschließlich 2026 werden der Finanz Informatik 250 Millionen Euro pro Jahr für OSPlus-Weiterentwicklungen im Basisangebot zur Verfügung stehen.


Werden die Ausgaben der Sparkassen für die FI also künftig noch weiter steigen?
Schelling: Nein, wir haben uns dazu verpflichtet, die OSPlus-Basiskosten, mit denen diese Entwicklungen, aber auch der laufende Betrieb dieser Anwendungen abgedeckt sind, fünf Jahre lang stabil zu halten, bei jährlich 1,083 Milliarden Euro. Das ist sehr herausfordernd, weil bei jeder neuen Entwicklung in der Folge Wartungsaufwände anfallen, die zu kompensieren sind. Gleiches gilt für die erforderlichen Aufrüstungen im Rechenzentrum. Auch diese Folgekosten und auch die Steigerungen durch die zunehmende Digitalisierung wollen wir vollständig kompensieren.  
 

„Wir haben uns dazu verpflichtet, die OSPlus-Basiskosten fünf Jahre lang stabil zu halten, bei jährlich 1,083 Milliarden Euro.“


Zudem zahlen die Sparkassen nach unserem neuen Preismodell nur noch einen Festpreis pro Kunden, der das digitale Angebot in der IF und S-App nutzt. Unabhängig davon, wie häufig dieser digital zur Sparkasse kommt und zum Beispiel seine Umsätze und seinen Finanzstatus abruft. Lediglich wenn der Kunde OSPlus-neo-Service- oder -Produktabschlussprozesse nutzt, fallen für die Sparkasse zusätzliche transaktionsabhängige Kosten an.

Mit zusätzlichen Preisnachlässen bei unseren Produkten und Anwendungen geben wir frühzeitig Kostenvorteile an unsere Kunden weiter, damit diese möglichst schnell breit genutzt werden. So haben wir beispielsweise auch Kosten für die neue Sparkassencard mit digitalem Co-Badge (DMC), die jetzt im Roll-out ist, bereits um 20 Prozent reduziert, um den Einsatz in der Fläche zu fördern.

Noch vor einigen Jahren flossen nach damaligen FI-Angaben etwa 50 Prozent des Budgets in regulatorikbezogene Projekte. Für Innovationen stand weniger Geld zur Verfügung. Wie sieht das heute aus? 
Schelling: Teilweise hatten wir in den letzten Jahren auf etwas Entspannung gesetzt. Wir haben über drei Jahre hinweg bis zu 70 Millionen Euro in die Banksteuerung investiert. Ende des Jahres sollen weite Teile der neuen Banksteuerung für den Roll-out zur Verfügung stehen und die Ausgaben reduzieren sich auf unter 50 Millionen pro Jahr. Andererseits erkennen wir eine Tendenz, dass wir viel mehr Geld für andere regulatorische Themen ausgeben müssen, etwa für die Finanzstabilitätsdatenerhebungsverordnung.

Das führt dazu, dass zukünftig – außerhalb der Banksteuerung – noch einmal bis zu 60 Millionen Euro pro Jahr in die Regulatorik fließen müssen. Insgesamt kommen wir auf einen Beitrag über 100 Millionen Euro, der von den besagten 250 Millionen Euro abgeht. Ohne die Erhöhung des Budgets vor einigen Jahren hätten wir also quasi keinen Spielraum – heute können wir auch konstant in den digitalen Multikanal investieren. Aber wir achten sehr genau darauf, worin wir jeweils investieren und wie der Return on Investment aussieht.

Beschweren sich die Sparkassen noch über angeblich zu hohe Preise der FI-Leistungen?
Schelling:
(lacht) Na, klar. Das gehört irgendwie auch dazu, dass man in einer verantwortlichen Position beim Kunden auch mal über den Preis diskutiert und hinterfragt. Mit Blick auf einzelne Produktpreise haben unsere Kunden natürlich den Wunsch, dass wir jedes Potenzial für Reduzierungen nutzen. Da helfen auch unabhängige Benchmarkings für unsere RZ-Produktion nur bedingt, obwohl diese zeigen, dass wir marktfähige Preise haben und mit unseren Plattformkosten im besten Viertel der Vergleichsgruppen liegen.
 

„Wir bieten seit zwei Jahren an, das letzte Stück IT aus den Häusern herauszuholen und uns komplett auch um Drucker, PCs und Netzwerke zu kümmern.“


Sie bieten den Sparkassen auch die Möglichkeit, Geld zu sparen, indem sie ihre IT-Infrastrukturen bei der FI andocken. Wie kommt dies an?
Schelling: Wir bieten seit zwei Jahren an, das letzte Stück IT aus den Häusern herauszuholen und uns komplett auch um Drucker, PCs und Netzwerke zu kümmern. Dass das funktioniert, sehen wir bei Sparkassen unterschiedlicher Größe, die das Angebot nutzen und mit der IT-Auslagerung auch viel regulatorischen Aufwand sparen.

Ich sehe hier eine große Chance für die Häuser, die wir jetzt verstärkt ansprechen. Aber auch hier gilt, je mehr wir diese IT-Dienstleistung standardisieren können, desto preiswerter können wir diese unsere Kunden anbieten. 

 

„Je mehr wir IT-Dienstleistung standardisieren können, desto preiswerter können wir diese unsere Kunden anbieten.“

Andreas Schelling


6. „Es gibt eine deutliche Bewegung“ – wie stark die Sparkassen die Anwendungen nutzen

Wie stark werden die Anwendungen der FI von den Sparkassen eingesetzt? Sie selbst hatten die Sparkassen bei einer Fachveranstaltung eindringlich dazu ermahnt, die Anwendungen intensiver zu nutzen, die sie letztlich selbst bei Ihnen in Auftrag gegeben hätten.
Schelling:
(lacht) Immerhin nutzen inzwischen alle Sparkassen OSPlus. Aber im Ernst: Wir haben viel Energie investiert, um die Sparkassen zur intensiveren Nutzung der Anwendungen zu motivieren. Zufrieden bin ich noch nicht, aber es gibt eine deutliche Bewegung. Wir verzeichnen aktuell sechs Millionen Aufrufe von OSPlus-neo-Anwendungen pro Monat in der Filiale; vor drei Jahren im Januar waren es noch eine Million Aufrufe gewesen.

Und bei den Aufrufen in den medialen Kanälen steigen die Zahlen sogar noch steiler an. Hier wollen wir bis zum Jahresende monatlich zehn Millionen Aufrufe der OSPlus-neo-Service- und -Produktabschlussprozesse erreichen. 
 

„Wir haben viel Energie investiert, um die Sparkassen zur intensiveren Nutzung der Anwendungen zu motivieren. Zufrieden bin ich noch nicht, aber es gibt eine deutliche Bewegung.“


Konzentriert sich dieses Wachstum nur auf einige wenige Häuser – oder zeigen die Zahlen, dass die FI-Anwendungen in der Breite besser genutzt werden?
Schelling:
Letzteres. Die Institute haben erkannt, dass wenn sie OSPlus-neo-Anwendungen in der Internet-Filiale und der S-App verfügbar machen, diese von den Endkunden auch gut genutzt werden. Die Kunden sind bereit, online sehr viel mehr zu machen als nur den Finanzstatus anzusehen oder Geld zu überweisen.  

Wie unterstützt die FI die Sparkassen dabei, neue Anwendungen einfach umzusetzen?
Schelling:
Inzwischen lassen sich viele Optimierungen automatisch freischalten, nach dem Opt-out-Verfahren. 100 Sparkassen machen schon von dem Verfahren insbesondere in den digitalen Kanälen Gebrauch, das wir seit Mitte 2020 bereitstellen. Die Technik haben wir mit dem DSV und dem DSGV im Zuge des Projekts „IF Effizient“ entwickelt; sie betrifft auch den Content und die Inhalte für die gezielte Kundenansprache, die ohne Aufwand für die Sparkasse automatisiert bereitgestellt werden. Dieses Angebot wollen wir mit unseren Partnern gezielt ausbauen und weitere Sparkassen für das Verfahren gewinnen.    

Nutzen eigentlich viele Häuser Anwendungen anderer Dienstleister oder fühlt man sich der FI verbunden?  
Schelling:
Eher letzteres, und das freut mich sehr. Noch vor wenigen Jahren hätte ich nicht geglaubt, dass sich auch die ganz großen Häuser immer konsequenter zu OSPlus-neo bekennen und die Vorteile der Standardisierung nutzen wollen. Große Häuser haben beispielsweise gemeinsam ihre Anforderungen in Bereichen wie Treasury, Personalsysteme oder Vertriebssysteme formuliert und ergänzen den allgemeinen OSPlus-Standard ganz gezielt um neue Funktionen, die dann auch allen anderen Sparkassen je nach Bedarf zur Verfügung stehen.

Es freut mich sehr, dass wir auch diese Prozesse mit unseren Partnern im Verbund, wie etwa der S Rating oder der DSV-Gruppe, unterstützen. Auf diese Weise profitiert die ganze Gruppe von guten Ideen einzelner Häuser.

Haben Sie ein Beispiel für eine solche Kooperation der Verbundunternehmen?
Schelling:
Nehmen Sie die Anwendung S-Trust, einen digitalen Tresor für Dokumente und Passwörter, den die DSV-Gruppe aktuell in den Markt bringt. Das Produkt wurde vom Sparkassen-Innovation Hub bei der FI-Tochter Star Finanz konzipiert und vom DSV zur Marktreife gebracht. Und die FI sorgt dafür, dass die Anwendung in die Internet-Filiale, die S-App, das elektronische Postfach und die Abrechnungssysteme der Sparkassen integriert ist. So können wir im Verbund eine tief in OSPlus integrierte Lösung anbieten.

 

Beispiel S-Trust, ein digitaler Tresor für Dokumente und Passwörter – die FI sorgt dafür, dass die Anwendung in die Internet-Filiale, die S-App, das elektronische Postfach und die Abrechnungssysteme der Sparkassen integriert ist.


7. Weniger Strom, weniger Papierformulare: Nachhaltigkeit als Unternehmensziel

Kommen wir zum Schluss noch zu einem Thema, das auch gesamtgesellschaftlich viel diskutiert wird: Klimaneutralität ist der Sparkassen-Finanzgruppe sehr wichtig, eine entsprechende Selbstverpflichtung haben bereits 190 Häuser unterzeichnet.
Schelling:
Die FI hat die Selbstverpflichtung bislang aus eher formalen Gründen nicht unterzeichnet, weil wir im Rahmen des kommenden Lieferkettengesetzes als Dienstleister der Institute andere Nachweise zur Nachhaltigkeit erbringen müssen als die Sparkassen selbst.

Aber Nachhaltigkeit ist auch für uns wichtig und in unseren Unternehmenszielen verankert. Wir können hier viel bewegen, unsere Rechenzentren verbrauchen beispielsweise bekanntlich viel Energie. Wir haben bereits 2020 den gesamten Stromverbrauch der FI und der FI-TS auf Ökostrom umgestellt und werden hier schrittweise auf Ökostrom der höchsten Stufe „upgraden“, der nochmals verstärkt den Ausbau der regenerativen Energien fördert. Gegenüber der Nutzung von Kohlestrom entlasten wir so die CO2-Bilanz der Sparkassen-Finanzgruppe um rund 36.000 Tonnen pro Jahr.

Kann die FI es den Sparkassen erleichtern, klimaneutral zu arbeiten?
Schelling:
Ja, wir stellen zum Beispiel Technik bereit, die es den Häusern und ihren Kunden erlaubt, auf Papierformulare und Ausdrucke zu verzichten; etwa digitale Signaturlösungen und das elektronische Postfach. Zudem wollen wir in fünf Jahren kein bedrucktes Papier mehr im sogenannten Institutsversand an die Sparkassen per Kurier versenden.
 

„Wir wollen in fünf Jahren kein bedrucktes Papier mehr im sogenannten Institutsversand an die Sparkassen per Kurier versenden.“


Die Aufgaben und Ziele der FI klingen spannend und auch sehr ambitioniert. Gleichzeitig besteht die Geschäftsführung seit Januar nur noch aus vier statt wie bisher fünf Personen. Wie schaffen Sie das alles?
Schelling: Wir ordnen die Themen neu und haben auch einige Aufgaben umverteilt. Dabei bringen wir Teile der Anwendungsentwicklung, die ich ja weiterhin betreue, und den IT-Betrieb näher zusammen. Ich werde einen Teil meiner Aufgaben meinem Stellvertreter Detlev Klage übergeben.

Dass wir uns die Aufgaben in der Geschäftsführung zu viert aufteilen müssen, ist zum Glück nur für eine Übergangszeit. Wir werden hoffentlich im Laufe des Jahres eine weitere Geschäftsführerin oder einen Geschäftsführer gewinnen und sind dann wieder fünf Personen in unserer Geschäftsführung.

Dann kann ich mich voll auf die Aufgaben als Vorsitzender konzentrieren – aber auch jetzt macht es mir schon großen Spaß, mit meinen Kollegen in der Geschäftsführung, unseren Führungskräften und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gemeinsam in die Weiterentwicklung der FI zum Digitalisierungspartner der Sparkassen und des Verbundes, mit Standardlösungen, die Kunden begeistern, durchzustarten.

 

Oliver Fischer und Peter Müller
– 13. April 2021