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Sparkassen-Finanzgruppe / Bilanzpressekonferenz II
„Bafin überschreitet ihre Kompetenz“
DSGV-Präsident Helmut Schleweis hat sich bei der DSGV-Bilanzpressekonferenz auch zum geplanten Sparkassenzentralinstitut und zu Prämiensparverträgen geäußert.

Durch Verbraucherverbände werde derzeit pauschal behauptet, Sparkassen hätten ihren Kunden bei Prämiensparverträgen Zinsen falsch berechnet, sagte Schleweis bei der Bilanzpressekonferenz des DSGV am 10. März. Das sei unzutreffend.

Leider habe sich die Bafin augenscheinlich diese unzutreffende Sichtweise zu eigen gemacht, so Schleweis, und stellte klar:

  • Prämiensparverträge seien lang laufende Sparverträge, bei denen Kunden eine laufende Verzinsung und – je nach Ausgestaltung – eine vergleichsweise hohe Prämie auf die jährlichen Einzahlungen erhalten. Die Prämie könne bei langlaufenden Verträgen 50 oder sogar 100 Prozent  betragen. Es handele sich also um für die Kunden höchst attraktive Produkte.
     
  • Die Prämie sei für die Kunden viel bedeutsamer als die laufende Verzinsung. Um letztere allerdings streite man aktuell mit der Verbraucherlobby. Bis 2004 sei die Verzinsung in der gesamten Branche jeweils durch die Institute selbst an die Marktentwicklung angepasst worden. 2004 hat der BGH entschieden, dass ein fester Referenzzinssatz erforderlich ist. Seitdem sähen die Musterverträge dies vor.
     
  • Die damals laufenden Verträge seien entsprechend der BGH-Rechtsprechung umgestellt und mit einem festen Referenzzinssatz versehen worden. Darüber seien die Kunden allerdings nicht ausdrücklich informiert worden. Schleweis: „Sicher wäre es besser gewesen, transparenter zu agieren. Denn wir haben nichts zu verbergen. An der Korrektheit der Berechnung hätte dies aber nichts geändert.“
     
  • Mit den Verbraucherschützern streite man heute vor allem um die technische Frage, ob der Zinsabstand zum Referenzzinsatz absolut oder relativ ausgestaltet sein muss. Beides habe der BGH 2004 zugelassen. „Aus unserer Sicht war die Einführung eines absoluten Abstands für Kunden berechenbarer und deshalb besser“, sagte der DSGV-Präsident.

    Tatsächlich nutze der Gesetzgeber selbst aus guten Gründen bei Verbrauchern absolute Abstände zu Referenzzinsen, so Schleweis. „Schauen Sie nur in Paragraf 288 BGB.“
     
  • In Zeiten hoher Zinsen hätten Verbraucherverbände und die Bafin nichts gegen diesen absoluten Zinsabstand einzuwenden gehabt, sagte Schleweis: „Seitdem wir allerdings in einer Niedrigstzinswelt leben, halten sie diese Berechnungsmethode plötzlich für unzulässig. Das ist kein faires Vorgehen.“

    Die Sparkassen seien der Auffassung, dass die Zulässigkeit einer Zinsberechnungsmethode nicht davon abhängig sein könne, in welcher Zinswelt man lebt, wer also in der jeweiligen Situation gerade mehr oder weniger profitiert. Schleweis: „Deshalb halten wir es für sachgerecht, dass der BGH in dem derzeit laufenden Verfahren diese Frage entscheidet. Selbstverständlich werden sich die Sparkassen an diese Entscheidung halten und die Rechtswirkung dieser Entscheidung akzeptieren.“
     
  • Man akzeptiere aber nicht, dass sich jetzt eine Verwaltungsbehörde wie die Bafin auf den Stuhl des BGH setze und selbst diese Rechtsfrage entscheiden wolle. Das sei eine Verletzung des Prinzips der Gewaltenteilung und widerspreche den Grundsätzen des Rechtsstaats, kritisierte der DSGV-Präsident. „Alle Sparkassen – und nach meiner Kenntnis auch Genossenschaftsbanken – werden sich dagegen rechtlich zur Wehr setzen. Die Bafin überschreitet hier ihre Kompetenz deutlich.“

Er könne nicht recht nachvollziehen, warum die Bafin in der aktuellen Situation einen solch verfassungsrechtlich bedenklichen Weg einschlage, sagte Schleweis weiter. „Auch als beaufsichtigte Institute sind wir daran interessiert, dass die Bafin ihre Reputation stärkt und nicht schwächt.“

Sparkassenzentralinstitut weiter geplant

Die Zusammenführung von Landesbanken in einem Sparkassenzentralinstitut „war richtig, ist richtig und bleibt richtig“, so Schleweis.

Er halte an diesem Ziel ohne Abstriche fest. Dass dies ein DSGV-Präsident nicht allein erreichen kann, sondern insbesondere die beteiligten Bundesländer und die verschiedenen Träger auf Sparkassenseite mit im Boot sein müssen, habe er nie verschwiegen.

„Kein Thema für schnelle Überschriften“

„Ich habe auch nie behauptet, dass dies ein einfacher Weg sein werde“, sagte Schleweis. „Jedem, der sich ernsthaft und intensiv damit beschäftigt, muss das klar sein. Das ist also kein Thema für schnelle Überschriften.“

Nun habe sich durch Corona etwas Wesentliches verändert: Niemand werde in einer wirtschaftlichen Krise ernsthaft erwägen, Banken zu fusionieren. Denn natürlich seien Risiken derzeit sehr schwer abzuschätzen. Das verkompliziere den ohnehin schon schwierigen Prozess noch mehr.

„Deshalb können wir das Vorhaben erst wieder aufnehmen, wenn die Risiken aus der Coronapandemie sicher abschätzbar sind“, so der DSGV-Präsident. „Alles andere wäre nicht vernünftig.“

10. März 2021