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BBL_Fintechs weltweit (7): Mexiko
Finanzzugang für mehr Bürger
Mexiko ist unangefochtener Marktführer für Finanzinnovationen in Lateinamerika. Fintechs spielen eine Schlüsselrolle: Bisher unversorgte Bevölkerungskreise erhalten oft erstmals Zugang zu Finanzdienstleistungen.

Im Gegensatz zu den Märkten in Südafrika, Indien und auf den Philippinen gibt es in Mexiko keine vollständig digitale Retail-Bank. Zwei der wichtigsten Geschäftsbanken, Citibanamex und BBVA Bancomer, haben mit Mobiltelefonen verbundene Konten eingeführt.

Diese beiden Banken verfügen über 95 Prozent aller digitalen Konten, die von sieben Geschäftsbanken in Mexiko angeboten werden. Dennoch beschreiben etwa 50 Prozent der Mexikaner die Beziehung zu ihren Banken als mangelhaft.

Mexiko ist mit 441 Fintech-Start-ups in der Führungsrolle, knapp vor Brasilien, dem zweitgrößten Ökosystem in Lateinamerika. Das mexikanische Fintech-Ökosystem wächst unaufhaltsam – seit 2016 um durchschnittlich 23 Prozent pro Jahr.

Dieser Anstieg ist teilweise auf Risikokapitalinvestitionen in den Sektor sowie auf das rasante Wachstum des Insurtech-Segments zurückzuführen. Zu den Insurtechs zählen mittlerweile 38 Unternehmen.

Wachstum durch Mobile und Internet

Die verbesserte Mobil- und Internet-Infrastruktur hat das Wachstum von Fintechs beflügelt. 2020 gab es mehr als 82 Millionen einzelne Mobilfunkteilnehmer mit einer Penetrationsrate von gemessen an der Gesamtbevölkerung 64 Prozent. Darüber hinaus ist die Smartphone-Penetration von 50 Prozent (2015) auf heute 70 Prozent gestiegen.

Auffällig ist, dass 60 Prozent der mexikanischen Fintechs in den vergangenen Monaten irgendeine Form der Finanzierung erhalten haben – meist als Risikokapital. 75 Prozent der mexikanischen Fintech-Start-ups haben sich zusammen rund eine Milliarde US-Dollar besorgt.

Im Durchschnitt sind somit zwei Millionen US-Dollar pro Start-up eingeworben worden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass darunter Start-ups wie Clip sind, die bis heute allein rund 200 Million US-Dollar Finanzmittel erhalten haben.

Historisch gesehen, sind die vorherrschenden Fintech-Segmente im mexikanischen Ökosystem „digitale Zahlungen“ sowie „Überweisungen, persönliche Finanzverwaltung und unbesicherte digitale Kreditvergabe“ (siehe Abb. 1). Diese beiden Segmente stehen für fast 60 Prozent der gesamten Start-ups.

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KMUs setzen auf Fintech-Lösungen

Vier mexikanische Fintechs sind besonders hervorzuheben:

Credijusto
Credijusto bietet eine Alternative für kleine Unternehmen in Mexiko, die einen Kredit benötigen. Das Unternehmen hat eine Online-Kreditplattform entwickelt, die darauf ausgelegt ist, einfache, zuverlässige und transparente Kredite für KMUs anzubieten. Der personalisierte Service wird durch faire Zinssätze und klare und transparente Gebühren ergänzt.

Konfío
Konfío ist eine Online-Kreditplattform, die flexible Kredite und Tools anbietet. Es verhilft Unternehmen, wirtschaftliches Wachstum durch den Zugang zu Kreditlösungen mit einem proprietären Algorithmus zu erreichen, der Daten und Technologie zur Messung der Kreditwürdigkeit kombiniert.

Clip
Clip ist Mexikos führende Lösung für KMUs, um digitale Zahlungen zu akzeptieren. Das Fintech liefert mobile Point-of-Sale-Lösungen, mit deren Hilfe mexikanische Händler jeder Größe ihr Geschäft durch die Akzeptanz digitaler Zahlungen ausbauen können.

Die Lösung hat die Kartenakzeptanz in Mexiko verändert, weil das Fintech verschiedene Modelle tragbarer Kartenlese-Hardware anbietet, die alle Kredit- und Debitkarten, Gutscheine, Punkte, Samsung Pay und kontaktlose Technologie akzeptieren. Clip verfügt über die notwendige Technologie, die Banken benötigen, um eine bei einem Unternehmen eingegangene Zahlung zu verarbeiten.

Albo
Bei Albo können Kunden mit einem Smartphone kontaktlos ein Konto eröffnen und Geld mithilfe von Funktionen wie Echtzeit-Benachrichtigungen für jede Transaktion, Kartensperrung und -freigabe durch die App verwalten.

Über die App kann ferner jeder Nutzer automatisierte Ausgaben- und Einkommensberichte einsehen. Das ist ein wichtiger erster Schritt, um Finanzen besser zu verstehen und bessere finanzielle Gewohnheiten zu entwickeln. Und das alles zum Nulltarif – ohne versteckte Gebühren oder Kontomindestbeträge.

Neobanken punkten mit Angeboten für junge Leute

Das größte Wachstum erzielte aber das Segment der Digitalbanken wie Flink, Albo oder Hey. Insgesamt gibt es 15 solche Banken (siehe Abb. 2). Die Neobanken zielen bewusst auf mexikanische Millennials und die Gen Z:

Flick
Flink bietet ein digitales Bankkonto sowie eine Karte und hat 120.000 Nutzer. Als zusätzliche Option kann man über die eigene App direkt in verschiedene Vermögenswerte und Aktien investieren. Flink richtet sich an Nutzer, die keine großen Geldsummen haben, um teure Aktien zu kaufen.

Alleinstellungsmerkmal von Flick es, dass Nutzer „Aktien von Aktien“ kaufen können. Eine Aktie des US-amerikanischen Streaming-Anbieters Netflix kostet 11.100 mexikanische Pesos (MXN) – umgerechnet etwa 540 US-Dollar.

Kunden können schon kleine Beträge wie 21 MXN (1 USD) investieren, also einen Bruchteil einer Aktie. Ein weiteres Verkaufsargument ist, dass Flink keine Provisionen oder Bearbeitungsgebühren berechnet.

Mozper
Mit dem Fokus auf den Generationen Z und Alpha (die Kinder der Millennials) hat Mozper seine App und Debitkarte für Kinder und Jugendliche auf den Markt gebracht. Die Neobank hat dafür eine große Finanzierungsrunde hinter sich gebracht.

Eine der größten Herausforderungen für Mozper ist die Ansprache der jungen Zielgruppe. Die wirkliche Aufgabe wird aber darin liegen, diese Kunden zu halten, wenn sie volljährig werden und sich als Erwachsene für eine dauerhafte Bankverbindung entscheiden müssen.

Dies gilt vor allem für einen Markt wie Mexiko, wo das traditionelle Bankgeschäft immer noch der „Goldstandard“ ist. Die Neobank plant auch, das Produkt später in Brasilien einzuführen.

Auslandsbanken mischen mit

Auf den mexikanischen Markt dringen immer mehr ausländische Fintechs. Zwei Beispiele sind:

Nubank
Im vergangenen Jahr ist die brasilianische Nubank in Mexiko an den Start gegangen. Sie firmiert als Nu. Das Unterscheidungsmerkmal zu den inländischen Neobanken ist ihre Kreditkarte. Mexikanern soll sie ohne Jahresgebühr und mit einem unkomplizierten Antragsprozess angeboten werden.

Bnext
Ebenfalls ein Auge auf Mexiko geworfen hat die spanische Neobank Bnext. Sie hat mit einer neuen Finanzierungsrunde in Höhe von 22,5 Millionen Euro ihre Pläne für einen Start in Mexiko bekanntgegeben.

Es gibt Gerüchte, dass die britische Revolut und die Berliner N26 ebenfalls den Markteintritt in Mexiko planen.

Motor für neue Arbeitsplätze

Obwohl Mexiko ein sehr großes Land mit geografischen Unterschieden ist, hat sich Mexiko-Stadt zu einem echten Fintech-Hub entwickelt. Mehr als die Hälfte der Fintechs sind hier angesiedelt, gefolgt von Monterrey und Guadalajara.

Die Entwicklung des mexikanischen Fintech-Ökosystems hat nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit gesteigert, sondern ist auch zu einem Motor geworden, um Arbeitsplätze zu schaffen.

Etwa fünf Prozent der Start-ups beschäftigen mehr als 100 Mitarbeiter. Mehr als die Hälfte der mexikanischen Fintechs haben allerdings weniger als zehn Mitarbeiter.

Etwa 20 Prozent der Fintech-Start-ups ist erst in einem frühen Entwicklungsstadium. Fast 50 Prozent sind bereits reifer und befinden sich in der Wachstums- und Expansionsphase.

In Bezug auf die eingesetzten Technologien dominieren Big Data und Analytics. Dazu kommen offenen Plattformen und Schnittstellen (APIs). Durch den Einsatz maschinellen Lernens kann das Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung verbessert werden. Dies leistet einen wesentlichen Beitrag, um die große Schar ausgeschlossener Mexikaner ins Finanzsystem zu führen.

Finanzielle Inklusion in Mexiko

In Mexiko hat gerade die arme Landbevölkerung oft kein eigenes Bankkonto. Verschiedene Initiativen wollen das ändern.

Finanzielle Inklusion bleibt der Hauptfokus für mexikanische Fintech-Start-ups. Jüngste Erhebungen zeigen, dass die finanziell teilhabende erwachsene Bevölkerung (im Alter zwischen 18 und 70 Jahren) zwischen 2012 und 2019 um 40 Prozent gestiegen ist. Mehr als 54 Millionen Mexikaner nutzen mindestens ein Finanzprodukt. Das sind zirka 70 Prozent der gesamten erwachsenen Bevölkerung.

Den etablierten Banken in Mexiko ist es dennoch in den vergangenen 50 Jahren kaum gelungen, Kunden mit geringerem Einkommen anzusprechen. 65 Prozent der Erwachsenen in Mexiko haben keinen Zugang zu einem ein Konto bei einem Finanzinstitut.

Nur 15 Prozent der Erwachsenen in Mexiko haben Zugang zu einer Kreditkarte, und nur drei Prozent der Kreditanträge von Verbrauchern der Mittelschicht werden genehmigt. In Brasilien dagegen – mit einem ähnlichen Pro-Kopf-BIP – sind Kreditkarten dreimal so stark verbreitet.

Daher ist die Inklusion und Demokratisierung von Finanzdienstleistungen eine große Chance für die Fintechs. Ihre große Mehrheit konzentriert sich dabei auf Privatpersonen und kleinere Unternehmen. Nur etwa 25 Prozent sprechen größere Unternehmen oder Finanzinstitute an.

Über 70 Prozent der mexikanischen Millennials zeigen Interesse an Finanzkultur und -bildung. Aber die gleiche Anzahl hat kein Sparkonto oder gar einen Rentensparplan. Darüber hinaus sagen 75 Prozent der Mexikaner, dass sie noch nie eine Finanzbildung erhalten haben. Beim Verständnis von Krediten, Sparen und Investitionen liegt Mexiko derzeit weiter zurück.

Klar will bisher unversorgte Mexikaner erreichen

Das 2019 gegründete Fintech-Unternehmen Klar hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, unterversorgten Kunden Zugang zu Finanzdienstleistungen und Krediten zu verschaffen. Das Unternehmen arbeitet speziell daran, Lücken beim Zugang zu Krediten zu schließen, indem es sich auf Kunden in allen Einkommensbereichen konzentriert, die keinen Zugang zu erschwinglichen Krediten haben.

Das Unternehmen glaubt, dass die traditionelle Kreditwürdigkeitsprüfung, die ausschließlich auf FICO und Kreditbüros basiert, Millionen von Mexikanern vom formellen Finanzsystem ausgeschlossen hat. Das wichtigste Wertversprechen von Klar ist, formale Kredite an zuvor ausgeschlossene oder unterversorgte Kunden zu vergeben. Sie basieren auf einem innovativen Kreditprüfungsmodell, das Kauf- und Verhaltensmuster von Debit­kartenkunden nutzt.

Das Geschäftsmodell von Klar erlaubt es nicht, Privatkundeneinlagen zu vermitteln. Um diese Einschränkung zu umgehen, hat Klar zwei weitere Unternehmen mit einem anderen regulatorischen Status gegründet. Sie haben eine Fintech-Lizenz, sodass die Tochtergesellschaft Einlagen annehmen kann und Guthaben halten.

Auf lange Sicht sind solche Lizenzen immer nur eine Zwischenlösung, da Kundeneinlagen nicht durch die Einlagensicherung geschützt sind und der Lizenzinhaber keine Einlagen vermitteln kann. Klar darf Einlagen nur in Staatspapiere investieren.

Das Kreditgeschäft von Klar wird über eine Kreditanbietergesellschaft verwaltet, die keine behördliche Lizenz benötigt. Diese Struktur hat natürlich Auswirkungen auf die Ertragsstruktur und das Potenzial von Klar für langfristiges Wachstum. Klar und andere Neobanken streben deshalb vermutlich an, Vollbank zu werden, wie dies auch bei europäischen Neobanken zu beobachten ist.

Klar bündelt seine Dienstleistungen. Dadurch lassen sich granulare Kundendaten generieren, die wiederum dabei helfen, Kreditentscheidungen für Klar-Kunden zu automatisieren. Der Zugang der Kunden zu Krediten wächst, wenn sie ein Klar-Konto für die täglichen Finanzaktivitäten übernehmen.

Das Cashback auf der Debitkarte und der mögliche Zugang zu Krediten kann Kunden mit geringem Einkommen, die noch nie ein Konto genutzt haben, extrem motivieren.

Klar-Ceo Stefan Moller will mit seiner Firma Kredite an zuvor ausgeschlossene oder unterversorgte Kunden vergeben.

Die Online-Anmeldung und der Zugang zu Agentennetzwerken für Ein- und Auszahlungstransaktionen sind aktuell die größten logistischen Herausforderungen, mit denen einkommensschwache Kunden typischerweise beim Zugang zu Bankfilialen konfrontiert sind.

Klar hat 150.000 Kunden und mehr als 20.000 Kreditlinien. Die Kunden haben in der Regel 150 US-Dollar auf ihren Transaktionskonten und führen etwa 15 bis 20 Transaktionen pro Monat durch. Ein Drittel des Kundenstamms befindet sich in Mexiko-Stadt, während die restlichen zwei Drittel des Kundenstamms über das ganze Land verteilt sind. Klar ist das erste Debitkonto für 20 Prozent der Debitkunden und das erste Kreditkonto für 65 Prozent der Kreditkunden.

Venio funktioniert ohne Bankverbindung

Seit Oktober 2020 gibt es auch die mobile Anwendung Venio, die „Nano“-Kredite für Verbraucher ohne Bankverbindung über ein Smartphone auch in Mexiko anbietet. Die App wird schon länger auf den Philippinen eingesetzt.

Venio gibt seinen Kunden Kredite, ohne dass Sicherheiten zu stellen sind. Dies steht im Gegensatz zur tradierten Kreditkultur in Mexiko. Zum Start haben Venio-Kundenkredite ein Volumen zwischen 1,20 bis 7,00 US-Dollar.

Venio nutzt Mexikos umfangreiches Netzwerk lokaler Changarro-Läden. Changarros sind kleine Familienläden. Sie bieten mexikanische Haushaltswaren sowie Geschenke und Rezepte an. Strategische Partnerschaften erleichtern die Abrechnung der Zahlungen. Die Kreditfazilitäten der Venio-App sind bei Partnern aus dem Einzelhandel, dem Transportwesen und dem Gesundheitswesen einlösbar.

Regulierung als Vorzeigeprojekt

Ist das Wachstum der Finanztechnologieunternehmen in Mexiko auf die Regulierung zurückzuführen? International hat das 2018 verabschiedete „Fintech-Gesetz“ (Ley Para Regular Las Instituciones De Technolgía Financiera) eine gewisse Aufmerksamkeit auf sich gezogen.

Die Regulierungsbehörden haben das Gesetz seinerzeit als ein einziges, allumfassendes Gesetz angekündigt. Üblicherweise werden angesichts der Bandbreite der Innovationen verschiedene Gesetze benötigt.

Einer der Hauptgründe für den Erlass des Fintech-Gesetzes war, die wachsende Zahl von Crowdfunding- und P2P-Kreditplattformen sowie Anbieter von E-Wallets, Kryptowährungen und Börsen zu erfassen. Die hatten bis dahin in einer Grauzone operiert.

Das Fintech-Gesetz regelt aber nicht alles, sondern hauptsächlich zwei Arten von Unternehmen: elektronische Zahlungsinstitute (Instituciones de Fondos de Pago Electrónico) und Crowdfunding-Institute (Instituciones de Financiamiento Colectivo). Erstgenannte werden EPIs oder in anderen Ländern auch „E-Geld-Emittenten“ genannt.

Laut Gesetz ist es beiden Institutionen erlaubt, mit virtuellen Vermögenswerten (zum Beispiel Kryptowährungen) zu arbeiten, die von der Zentralbank, der Bank of Mexico zugelassen sind.

Als solches deckt das Gesetz nur zwei Arten von Fintech-Unternehmen ab. Es bietet keine regulatorische Anleitung für andere technologiegestützte Innovationen im Bereich Finanzdienstleistungen (wie kreditvergebende Fintechs).

Das Gesetz hat ferner ein regulatorisches Regime für Open Banking eingeführt. Im Zusammenhang mit der finanziellen Inklusion wird erwartet, dass Open Banking den Markt transparenter macht und sicherstellt, dass Produkte entwickelt werden, die am besten für Nicht-Bankkunden geeignet sind.

Die Verwendung des Begriffs „Fintech-Gesetz“ weckt Erwartungen, dass es alle Fintech-Fragen beantwortet. Der Ansatz, ein eigenes Gesetz zu erlassen, das mehrere Fintech-Themen abdeckt, ist für Mexiko aber der beste Weg. Denn die Regulierungsbehörden erwarten keinen großen Andrang bei der Lizenzvergabe.

Seit Inkrafttreten des Gesetzes haben sich 85 Fintech-Unternehmen um eine Lizenz beworben. Sechzig wollen EPIs, 25 Crowdfunding-Institutionen werden.

Die mexikanische Nationale Banken- und Wertpapieraufsichtsbehörde (CNBV) hat ihre erste Lizenz an ein EPI im Januar 2020 vergeben, seither aber keine weitere. Mexiko verfügt im Vergleich zu vielen anderen Ländern in der Region über eine höhere Regulierungskapazität.

Es wird erwartet, dass dieses erste lizenzierte Fintech bald den Betrieb aufnimmt, da die CNBV und die Banco de Mexico kürzlich die Inspektion abgeschlossen haben, die vor dem Start erforderlich ist. Zu erwarten ist, dass die Behörden in den kommenden Monaten weitere Lizenzen erteilen werden, da sie die Anträge weiterhin prüfen.

Viele angehende EPIs warten noch, darunter einige „Neobanken“ wie Albo, Mibo und Klar. EPIs sind vergleichbar mit E-Geld-Emittenten in anderen Märkten, die in der Regel unter dem Dach eines nationalen Zahlungssystemgesetzes reguliert werden.

Dennoch ist der mexikanische Fintech-Regulierungsansatz traditionell, da er sich nicht auf das Fintech selbst bezieht. Fintechs unterliegen wesentlich geringeren Kapitalanforderungen als Banken.

Dennoch müssen die Fintechs Risikomanagement- und Compliance-Anforderungen einhalten, was zu hohen Kosten führt. Für viele stellt sich die Frage, ob diese Compliance-Kosten – vor allem das Verbot der Zwischenschaltung von Privatkundeneinlagen – in einem angemessenen Verhältnis zu den Einschränkungen stehen, die für Fintechs im Vergleich zu voll lizenzierten Banken gelten.

Initiative für bargeldlose Wirtschaft

Mit CoDi versucht die mexikanische Zentralbank für das Land ein neues mobiles Payment-System zu etablieren.

Ein besserer Ansatz wäre es zu überlegen, welche Aktivitäten und Funktionen reguliert werden sollten und ob sie in den vorhandenen Regulierungsrahmen passen. Wie auch immer die Regulierungsbehörden den Fintech-Begriff verstehen, Fintech wird immer kontextspezifisch sein.

Zudem hat die mexikanische Zentralbank die digitale Plattform CoDI (Cobro Digital) eingeführt, die den Wechsel zu einer bargeldlosen Wirtschaft beschleunigen soll. Die Mexikaner lieben es immer noch, mit Bargeld für Transport, Miete, Wasser, Strom, Kabel, Telefon und sogar Bußgelder und Steuern zu bezahlen.

Mit CoDI können Zahlungen und Überweisungen von bis zu 350 US-Dollar jetzt über das Internet oder Mobiltelefone rund um die Uhr abgewickelt werden – unter Einsatz von QR-Codes und Nahfeldkommunikation. Das System ist verknüpft mit dem mexikanischen Zahlungsverkehrssystem SPEI (Sistema de Pagos Electrónicos Interbancários). 

Fazit

Der mexikanische Markt ist für Fintech-Dienstleistungen gut positioniert. Das liegt an den demografischen Trends und der hohen Mobilfunkpenetration. Aber es ist auch die ungedeckte Nachfrage nach Finanzdienstleistungen in der Bevölkerung, in der viele Menschen immer noch finanziell ausgegrenzt sind. In Mexiko haben 63 Prozent der 126 Millionen Einwohner keinen Zugang zu einem Bankkonto.

Einzelne Fintech-Lösungen verändern die Art und Weise, wie Menschen auf Finanzdienstleistungen in Mexiko zugreifen. Sie gestalten den Zugang zu verantwortungsvollen Krediten einfacher und fairer. Damit kann ein größerer Teil der Bevölkerung ein Kreditprofil aufbauen und den ersten Schritt auf dem Weg zur finanziellen Inklusion zu machen.

Der Zugang zu Finanzprodukten und -dienstleistungen eröffnet wirtschaftliche Chancen für Einzelpersonen und ganze Gemeinschaften in Mexiko.

Autor
Silvio Andrae beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit Fragen aus dem Bereich „Development Finance“ und hat praktische Erfahrungen in Lateinamerika, Afrika und Asien gesammelt. In der Reihe „Fintechs weltweit“ stellt der Autor ausgewählte Regionen vor. Bisher erschienen:

Fintechs weltweit (1): Regionale Buntheit (Überblick)
Fintechs weltweit (2): Brasilien: Eldorado für Finanzexperimente
Fintechs weltweit (3): Indien: Der Kipppunkt
Fintechs weltweit (4): Südafrika: Es geht noch mehr
Fintechs weltweit (5): Singapur: Asiatischer Stadtstaat macht’s vor
Fintechs weltweit (6): Kenia: Mobiles Geld als Erfolgsmodell

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Silvio Andrae
– 7. Mai 2021