Zurück
Was macht ... Angela Ströter zwischen Arbeit und Arktis
Vorkämpferin für mehr Barrierefreiheit
Schon als Jugendliche setzte sich Angela Ströter für die Inklusion ein und blieb dem Thema seitdem treu. Für ihr Engagement wurde sie mit dem ersten Ehrenamtspreis der Sparkasse Essen ausgezeichnet.

Die gute Nachricht kam während ihres Urlaubs. „Ich war unterwegs und rief dann später unseren Vorstandsvorsitzenden zurück“, erinnert sich Angela Ströter. Von Helmut Schiffer erfuhr die Mitarbeiterin der Sparkasse Essen, dass eine Jury sie zur ersten Ehrenamtspreisträgerin des Instituts ernannt hatte.

Seit 2016 leitet die 58-Jährige die Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfe behinderter Menschen in Essen (AGSBM), ein Zusammenschluss von 44 Essener Selbsthilfevereinen behinderter und chronisch kranker Menschen, die sich gemeinsam dafür einsetzen, die Situation von Betroffenen in Essen zu verbessern. 

Freude über die Anerkennung

Nicht nur Kollegen hatten Ströter vorgeschlagen. „Ich hatte die Frechheit besessen, mich auch selbst zu bewerben“, sagt die Sparkässlerin und lacht. Für ihr großes Engagement erhielt die Geehrte einen Geldbetrag für ihren Verein und einen zusätzlichen Urlaubstag, eine offizielle Preisverleihung konnte wegen der Pandemie noch nicht stattfinden.

Klar habe sie sich über die Anerkennung ihres Ehrenamtes gefreut und werde auch stets von ihrem Arbeitgeber und allen Kollegen unterstützt, damit sie zum Beispiel auch mal tagsüber an Veranstaltungen der AGSBM teilnehmen kann. Was die Essenerin jedoch gar nicht gern hört: „Ich mag es überhaupt nicht, wenn andere mein Engagement für das Thema Inklusion als etwas Besonderes hervorheben.“ Gerade das würden die betroffenen Menschen ja nicht wollen. „Sie möchten vielmehr vor allem eins: ganz natürlich im Alltag einbezogen und nicht ausgegrenzt werden.“

 

Erhält für ihr Engagement den ersten Ehrenamtspreis der Sparkasse Essen: Angela Ströter.


Für Angela Ströter, die durch eine chronische Stoffwechselerkrankung selbst zum Kreis der betroffenen Personen gehört, war Inklusion schon ein Thema, als dieses Wort noch nicht in aller Munde war. Bereits mit 19 Jahren engagierte sich die junge Frau ehrenamtlich in der Kinderjugendarbeit bei den örtlichen Pfadfindern. Der Grund sei ein ganz banaler gewesen. „Zwischen Abitur und Beginn der Ausbildung bei der Sparkasse Essen lagen vier Monate, und die galt es vernünftig zu überbrücken, damit es nicht zu langweilig wurde.“

Die Gruppe habe sich aus Mitgliedern mit und ohne Handicap zusammengesetzt. „Eine Ferienfreizeit, bei der alle mitmachen konnten, das hat mir Spaß gemacht“, erinnert sich die Sparkassenbetriebswirtin. Später stieß sie zur AGSBM, wurde Schatzmeisterin im Vorstand und schließlich Vorstandsvorsitzende. 

Barrierefreiheit als Lieblingsthema

In dieser Funktion muss sie vor allem den Laden zusammenhalten, als Ansprechpartnerin für Ehren- und Hauptamtliche fungieren, Mitgliederversammlungen und Vorstandssitzungen leiten, die Geschäfte mit dem Vorstand führen, die Interessen behinderter und chronisch kranker Menschen gegenüber der Stadt Essen und der Öffentlichkeit vertreten und sich in Gremien wie dem Sozialausschuss der Stadt engagieren.

„Am liebsten vertrete ich allerdings das Thema Barrierefreiheit in der Öffentlichkeit“, sagt Ströter. Neben ihren 39 Stunden, die sie in der Personalabteilung der Sparkasse arbeitet, kommen so locker pro Woche bis zu neun weitere Stunden zusammen. „Für mich ist das ein guter Ausgleich zu meinem Job bei der Sparkasse, und letztlich bedeutet das Ehrenamt auch immer ein Stück weit Engagement für meine erwachsene Stieftochter, die schwerstmehrfachbehindert ist und heute in einer betreuten Wohngemeinschaft lebt.“

 


„Bei Neu- und Umbauten sollte man das Thema Barrierefreiheit immer sofort mitdenken. Das wäre viel einfacher, als im Nachhinein zum Beispiel Rampen einzubauen.“

Angela Ströter


Wenn sie sich drei Dinge wünschen dürfte, die das Leben von chronisch kranken und behinderten Menschen einfacher machen würden? Da muss Angela Ströter nicht lange überlegen. „Bei Neu- und Umbauten sollte man das Thema Barrierefreiheit immer sofort mitdenken. Das wäre viel einfacher, als im nachhinein zum Beispiel Rampen einzubauen.“ Auch der Umgang zwischen Behinderten und Gesunden sei oftmals immer noch viel zu angespannt.

Und schließlich hat die Sparkässlerin noch einen Hinweis, der denkbar einfach umzusetzen wäre. „Wenn E-Scooter-Fahrer ihren Roller nicht andauernd quer zur Laufrichtung auf dem Bürgersteig abstellen würden, wäre behinderten Menschen schon sehr geholfen.“ Ströter stellt das ganz unaufgeregt fest, wie jemand, der gelernt hat, sehr lange und sehr geduldig für das Wohl anderer kämpfen zu müssen und vor allem zu wollen.

Nun hat Ströter das Glück, wie sie am Ende des Interviews erzählt, dass ihr Mann bereits im Ruhestand sei und den Haushalt schmeiße. Der eigentliche Kick sei allerdings, dass man deshalb Zeit für das gemeinsame große Hobby habe. Erst jüngst ist das Ehepaar von einer Schiffsreise in die Arktis zurückgekehrt. 
 

Eli Hamacher (Bilder: SFG)
– 18. Oktober 2021