Die Geschichte beginnt mit einer Wette vor ziemlich genau 40 Jahren. Doch Michael Kraus, Leiter der Unternehmenskommunikation bei der Rhön-Rennsteig-Sparkasse, erinnert sich so, als habe er gerade gestern vor dem Fernseher gesessen. In einer der ersten Ausgaben von „Wetten dass..“ forderte der Schauspieler Karlheinz Böhm ein Millionenpublikum heraus.

Er wette, dass nicht einmal ein Drittel aller Zuschauer in Deutschland, Österreich und der Schweiz es schaffen würde, am nächsten Tag eine Mark an den Bundespräsidenten ihres Landes zu spenden. Das Geld wolle er persönlich nach Afrika bringen, um dort das Leid der Kinder zu lindern. Böhm behielt recht. 1,7 Millionen Mark kamen dennoch zusammen und der Gewinner seiner Wette gründete nur wenig später seine Stiftung „Menschen für Menschen“, die Schulen, Krankenhäuser und ganze Dörfer in Äthiopien aufbaute.

Seit 2006 ist der ostafrikanische Staat auch aus dem Leben von Kraus, der nach der Wende seine Bankkarriere bei der Bayerischen Hypotheken- und Wechsel Bank gestartet hatte und 2001 zur Rhön-Rennsteig-Sparkasse kam, nicht mehr wegzudenken. Karl Pfifferling, damals stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Sparkasse, hatte seinen Marketingleiter beauftragt, mit einer Werbeaktion Spenden für eine Schule in Äthiopien zu sammeln und so Böhms Stiftung zu unterstützen.

MfM (MenschenfürMenschen)

Prominente lesen afrikanische Märchen

Unter dem Motto „Unsere Region für die Welt“ mobilisierte Kraus zahlreiche Südthüringer, die mit Skatturnieren, Volleyballspielen oder etwa auf Flohmärkten Geld sammelten. Da geht noch mehr, dachte sich der Sparkässler und kam auf die Idee, Prominente afrikanische Märchen lesen zu lassen.

An die erste Zusage kann sich der gebürtige Sachse noch bestens erinnern. „Die erreichte mich per Fax von der Schauspielerin Valerie Niehaus, die betonte, wie sehr sie sich freue, mitmachen zu dürfen.“ Ohne Honorar kamen u.a. Rock-Poet Heinz Rudolf Kunze, Schauspieler Peter Sodann, Ex-Bundesarbeitsminister Walter Riester, Moderatorin Enie van de Meiklokjes und Olympiasieger Sven Fischer ins Tonstudio, um zwei Hörbuch-CDs „Der Zauber von Afrika“ einzulesen. Der Erlös aus den über die Sparkassen-Filialen verkauften Tonträgern floss direkt in die Äthiopienhilfe.

Was mit einem einmaligen Projekt bei der Rhön-Rennsteig-Sparkasse begann, wurde im Anschluss zur reinen Familiensache. Ehefrau Sybille, Tochter Antonia und Sohn Artur, alle drei hat Kraus mit seinem festen Glauben an eine gute Sache und seinem Durchhaltevermögen angesteckt.

Bis heute produzierte der Kommunikationsexperte in Eigenregie drei weitere Hörbücher, gewann für Druck und Vertrieb einen Verlag, eine Werbeagentur, einen befreundeten Komponisten und immer wieder prominente Märchenerzähler, die ohne Honorar für die gute Sache lasen.

Michael Kraus

An überraschenden Begegnungen mangelte es dabei nicht. So traf Kraus eine ganz und gar bodenständige Helene Fischer, die sogar Spenden ihres Hamburger Fanclubs an das Afrika-Projekt weiterreichte. Und immer wieder brachten Prominente Kollegen ins Spiel, die sich gleichfalls für das Afrika-Projekt engagieren wollten, darunter die österreichische Pop-Rocksängerin Christina Stürmer.

Wolfgang Benkert

Als der Märchenstoff knapp wurde, sprang Kraus‘ Tochter Antonia ein, schrieb „das Buch „Ein Zauberzug nach Afrika“, in dem sie ihre Hauptfigur Kalle durch Äthiopien reisen und das Land erleben lässt, etwa beim Fußballspielen, bei der Kaffeezeremonie oder etwa beim Neujahrsfest. „An dem vierten Projekt habe ich mit der Familie rund ein Jahr gearbeitet“, erzählt Kraus und räumt ein, dass es nicht immer leicht gewesen sei, sich nach Feierabend auch noch für ein zeitraubendes Privatprojekt zu engagieren. „Aber meine Rastlosigkeit treibt mich immer wieder an.“

privat

Auch Sparkassen bestellen die Hörbücher

Der Lohn für die Mühe: Mehr als 11.000 Doppel-CDs, darunter 5300 aus Kraus‘ Privat-Initiative, wurden bis heute verkauft, mehr als 100.000 Euro (26.500 Euro) an Böhms Äthiopienhilfe gespendet, zuletzt um den Bau von Brunnen und Schulausrüstung zu finanzieren. Die noch verbliebenen knapp 600 Tonträger will Kraus bis zur Jubiläumsfeier der Stiftung des mittlerweile verstorbenen Schauspielers im November 2021 verkaufen und dann die restlichen Spenden-Gelder übergeben. Neben dem Buchhandel ordern ab und an auch Sparkassen, wie jüngst die Sparkasse Altenburger Land, die für den Internationalen Kindertag am 1. Juni mehr als 50 CDs bestellte.

privat

Von Kraus über die Jahre stark gewachsenem Netzwerk an Musikern und Moderatoren, Schauspielern und Sportlern profitiert auch sein Arbeitgeber. Als Leiter der Unternehmenskommunikation sorgt der heute 57-Jährige regelmäßig dafür, dass Prominenz in die Provinz kommt. Weltstars wie Armin Müller-Stahl und Klaus-Maria Brandauer, Bestseller-Autoren wie Donna Leon und Sebastian Fitzek, waren schon zu Gast bei von der Sparkasse initiierten Kulturveranstaltungen in der Theaterstadt Meiningen. Keine Mühe ist Organisationstalent Kraus dann zu viel, auch nicht, als etwa Brandauer bat, ihn mitten in der Nacht, um vier Uhr, in Berlin am Adlon abzuholen, um am Tag der Sparkassen-Veranstaltung noch alle weiteren Verpflichtungen unter einen Hut bekommen zu können. Dann spielt Kraus auch schon mal Chauffeur.

Was die vielen Spenden in Äthiopien bewirken, weiß Kraus allerdings nur aus Erzählungen bzw. von Fotos und wird es wohl auch nie vor Ort sehen. Daran hindert ihn sein Respekt vorm Fliegen.

Kleine Fotogalerie mit einigen prominenten Vorlesern: