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Mentoring / waswillstdumehr
Die Leiter hoch
Das Mentoringprogramm des Westfälisch-Lippischen Sparkassenverbands unterstützt Frauen auf dem Weg zur nächsten Karrierestufe. Ein Jahr lang werden weibliche Top-Talente systematisch und individuell gefördert.

Simone Goletzko (SVWL) und Anja Steinbeck (Sparkassenakademie NRW) haben das Programm vor rund zwei Jahren entwickelt. Sie können berichten: Warum entscheiden sich Frauen für ihr Mentoringprogramm – und was erreichen sie dadurch?

Simone Goletzko: Die Motive sind vielfältig. Was allerdings alle unserer Mentees vereint, ist der Wunsch nach neuen Austauschmöglichkeiten über die eigene Sparkasse hinaus und damit verbunden die Chance, von den Erfahrungen und Sichtweisen erfahrener Führungskräfte zu profitieren – insbesondere von Vorständen der westfälisch-lippischen Sparkassen.

Wir haben in unserem diesjährigen Durchgang viele Mentees, die gezielt auf die Geschäftsleiterqualifikation vorbereitet werden. Für diese Mentees ist es hochspannend, den Vorstand einer anderen Sparkasse in der täglichen Vorstandsarbeit zu erleben.

Tauschen sich die Teilnehmerinnen auch untereinander aus?

Anja Steinbeck: Ja, unsere Mentees haben untereinander eine wichtige Verstärkerfunktion. Sie bilden seit der Startveranstaltung eine eingeschworene Einheit. Schnell hat sich innerhalb der Gruppe ein stabiles Vertrauensverhältnis entwickelt. Jetzt tragen sich die Mentess durch dieses Programm, beantworten offen und ehrlich jede Frage und spornen sich gegenseitig an. Jede profitiert vom Ehrgeiz und Engagement der anderen.

In einigen Sparkassen war die Nachfrage nach dem Programm so groß, dass ein internes Bewerbungsverfahren eingesetzt werde musste, um die Mentee für 2019/2020 zu identifizieren. Schon dieser Prozess führt dazu, dass sich die Frauen aktiv mit ihren Karrierezielen und der Frage nach der eigenen Weiterentwicklung beschäftigen.

Das Programm richtet sich an Frauen, die schon Führungserfahrung haben. Was ist mit den High Potentials unterhalb dieser gläsernen Decke?

Steinbeck: Wir machen die „gläserne Decke“ nicht an der Funktion „Führung“ fest. Denn gerade in den Sparkassen gibt es auf Team- und Filialleiterebene viele Frauen, die bereits in Führung sind und erste Führungsaufgaben übernommen haben. Wir sehen eine wesentliche Herausforderung, das Top-Management und die ersten Führungsebenen einer Sparkasse mit gut ausgebildeten und talentierten Menschen zu besetzen.

Dazu sollten die Besten gehören: Männer und Frauen. Tatsächlich zeigt die Statistik hier eine „gläserne Decke“ an. Denn je höher die Führungsposition, desto niedriger der Anteil an Frauen.

Was war der Startgedanke für das Mentoringprogramm?

Goletzko: SVWL und Akademie haben schon sehr früh – im Jahr 2016 – begonnen, ein modulares, zielgruppenspezifisches und systematisches Vorgehen zur gezielten Frauenförderung von A wie Auszubildende bis V wie Vorständin umzusetzen. Für junge Frauen bieten wir unser „Forum: Frauen (gehen) in Führung“ an.

Dazu gibt es Seminare und Werkstätten. Frauen mit ersten Führungserfahrungen werden mit Seminaren zum Thema „Führen in Teilzeit“ oder „Konfliktmanagement für Frauen“ gestärkt. Die heutigen Bereichsleiterinnen und Vorständinnen unterstützen wir gemeinsam mit der S-Hochschule über ein jährliches „Symposium: Frauen im Sparkassenmanagement“ in Dortmund. Das Mentoringprogramm ist ein Baustein in diesem Karriereförderplan für Frauen in NRW.

Ist es ein Makel beim Aufstieg, wenn man diese „Sonderförderung“ bekommen hat?

Goletzko: Im Gegenteil, es ist eine große Chance. Für die Frauen ist es das Förderprogramm, um die eigenen Entwicklungsfelder zu stärken. Wo sonst bekommt man ein gezieltes Training, wertvolle Impulse von Führungspersönlichkeiten, trifft Führungspersönlichkeiten, wie Prof. Liane Buchholz oder Rolf Gerlach, und profitiert von der individuellen Begleitung durch die eigene Mentorin, den eigenen Mentor?

Eine besondere Förderung ist kein Makel, sondern eine Chance, sagt Simone Goletzko.

Was bewirkt „Mentoring“ bei den Teilnehmerinnen?

Steinbeck: Was uns alle Mentoringprogramme, die die Sparkassenakademie NRW seit 2018 begleitet hat, zeigen, ist, dass die Frauen von der Sichtbarkeit im eigenen Haus und innerhalb von Nordrhein-Westfalen profitieren. Zugleich ist die Teilnahme an dem Programm auch ein Auslöser, um jetzt erst recht die „Karriereärmel“ hochzukrempeln und loszulegen.

Auch wichtige Themen wie „Beruf und Familie“ werden im Verlauf des Programms behandelt. Denn vielleicht gibt es im eigenen Haus noch keine weibliche Führungskraft im Top-Management mit Kindern. In unserem Programm haben wir gleich mehrere Mentorinnen (Vorständinnen), die vermitteln können, wie man die Balance aus Führungsaufgabe und Familie erfolgreich darstellen kann.    

Kein Mentoring ohne Mentoren. Wie gewinnen Sie Entscheidungsträger dafür, ihr Wissen weiterzugeben und ihre Netzwerke zu teilen?

Steinbeck: Es ist schlicht eine Bedingung. Jedes Institut, das mitmachen möchte und eine Mentee anmeldet, benennt auch einen Mentor oder eine Mentorin. Wir erleben in der Umsetzung dieses Programms ein sehr großes Engagement und eine hohe Einsatzbereitschaft der Vorstände und Verhinderungsvertreter in NRW.

Goletzko: Es ist die gemeinsame Chance, Zukunft zu gestalten, die alle Beteiligten miteinander verbindet und anspornt. Die Motivation? Eine neue „Generation“ von Sparkassen-Denkern und -Lenkern bestmöglich auszubilden. In diesem Durchgang haben einige Sparkassen mit mehreren Mentoren und Mentorinnen teilgenommen. Ein Haus hat sogar gemeinschaftlich das gesamte Vorstandsteam in dieses Programm entsendet.

Steigt die Nachfrage – und wenn ja, warum?

Goletzko: Es gibt kein anderes Personalentwicklungsinstrument, das so wirksam an den individuellen Handlungsfeldern der hochtalentierten Frauen ansetzt. Gleichzeitig bindet dieses Instrument die talentierten Frauen an die Sparkasse, und die Sparkassen sind aktiv in der Frauenförderung. Das steigert die Arbeitgeberattraktivität signifikant. 

Anja Steinbeck hat bei einigen Teilnehmerinnen des Mentoring-Programms bereits eine steile Karriere beobachten können.

Steinbeck: Im Verlauf der letzten zwölf Monate haben einige Teilnehmerinnen eine „steile Karriere“ hingelegt. Sie haben neue (Leitungs-)Aufgaben übernommen oder begonnen, mit Blick auf die Geschäftsleiterqualifikation nach Paragraph 25 c Kreditwesengesetz erste Kreditentscheidungen mit zu votieren. Wir sind ganz gespannt, wie der Weg dieser Frauen weitergeht und danken den Mentorinnen und Mentoren sehr für ihren Einsatz gerade in dieser besonderen Zeit.

Die SparkassenZeitung hat immer wieder über Mentoringprogramme für Frauen berichtet. Lesen Sie hier Beiträge über die Programme

Anke Bunz
– 8. Februar 2021