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Buchtipp / Interview
Frauenförderung heißt Wirtschaftsförderung
Petra Nabinger, Depot-A-Managerin bei der Sparkasse Rhein-Haardt, hat ein neues Buch veröffentlicht. In „Die Quotenfrau“ schreiben auch weibliche Führungskräfte aus der Sparkassen-Finanzgruppe über ihre Karrierewege und wie sich Chancengerechtigkeit verbessern lässt.

Frau Nabinger, in Ihrem sechsten Buch „Die Quotenfrau“ geht es beispielsweise darum, wie künftig mehr Frauen in Führungspositionen gelangen können. Wie kommt dieses Thema in der Sparkassen-Finanzgruppe voran?

Petra Nabinger: Nach meiner Beobachtung gibt es bereits zahlreiche Institute, die über Mentoring-Programme Frauen auf dem Karriereweg unterstützen. Solche Erfolgsmodelle gilt es, in die Fläche zu tragen, um bundesweit davon profitieren zu können.

Aber der große Wurf, also ein signifikanter Anstieg des Anteils an Frauen in Führungspositionen insgesamt gesehen, ist der Sparkassen-Finanzgruppe bisher noch nicht gelungen. Besonders ungünstig fallen die Zahlen für die Vorstandsebene aus.

Dem Thema ist deshalb höchste Priorität beizumessen. In den  Sparkassen ist das genauso wie in der Gesamtwirtschaft eine Aufgabe der obersten Führungsriege. Darauf haben zahlreiche Expertinnen und Experten in meinem Buch hingewiesen.

Welche Instrumente stehen Führungskräften zur Verfügung, um ein Unternehmen chancengerechter zu machen?

Nabinger: Hierfür sind geeignete Ziele in der Unternehmensstrategie zu verankern. Ein Monitoring macht Erfolge sichtbar und zeigt, wo nachjustiert werden muss. Zielvorgaben und  Zielerreichungsquoten als bekannte Instrumente aus dem Vertrieb sollten zum Einsatz kommen. Die Kombination solcher Zielvorgaben mit einem finanziellen Bonussystem  ist  dabei sehr erfolgversprechend, wie Sigrid Evelyn Nikutta, Top-Managerin bei der Deutschen Bahn, im Buch erläutert.

In Ihrem Buch schreibt Nancy Plaßmann, Vorstandsmitglied der Sparkasse Osnabrück, Chancengerechtigkeit sei nicht nur Aufgabe der Geschäftsleitung. Wer ist noch gefragt?

Nabinger: Alle Führungskräfte sind aufgefordert, Potenzialkandidatinnen aktiv anzusprechen, um die Diversität auf sämtlichen Hierarchieebenen zu erhöhen. Nancy Plaßmann betont, dass ausschließlich Leistung und Fähigkeiten maßgeblich für die Besetzung von Stellen sind und nicht Geschlecht, Hautfarbe oder Herkunft. Daher findet sie den Begriff Frauenförderung eher irreführend.

Mehr Beiträge zum Thema Chancengleichheit finden Sie auf unserer Seite zur Markenkampagne Arbeitgeber 2021.

Plaßmann macht insbesondere darauf aufmerksam, dass Frauen gezielt für den Firmenkundenbereich entwickelt werden sollten. Denn Kreditkompetenzen sind ein wesentliches Kriterium  für die Bafin. Eignung und Führungserfahrung  in diesem Geschäftsfeld können daher eine gute Basis sein, um Positionen bis ins Top-Management zu erreichen.

Auch die ehemalige Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Passau, Renate Braun, betont die Bedeutung von kreditfachlichen Erfahrungen für die Karriere. Fundiertes Wissen über Zusammenhänge im Unternehmen sowie intensive Kenntnisse der Gesamtbanksteuerung sind ihrer Meinung nach erforderlich, um sich bis zur Geschäftsleitereignung zu qualifizieren.

 

Autorin Petra Nabinger, Depot-A-Managerin bei der Sparkasse Rhein-Haardt, mit ihrem neuen Buch.

Aber wie gelingt es, mehr weibliche Nachwuchskräfte für Führungsaufgaben zu begeistern?

Nabinger: In Bezug auf mangelnde Diversität im Vorstand schlägt Braun vor, dass die Bafin in der dritten Säule der Aufsicht einen Malus einführen könnte. Im Rückblick auf mehr als 46 Jahre in der Sparkassenwelt spricht sie sich unmissverständlich für ein klar formuliertes Ziel mit Quote, Zeithorizont und positivem Anreiz aus.

In Sparkassen gibt es etliche erfolgreiche Frauen in Fach- und Führungspositionen. Die SparkassenZeitung hat über  Mitglieder des bundesweiten Netzwerks Sparkassen-Frauen in Führung (S-FiF) berichtet. Was könnte darüber hinaus beispielhafte Karrierewege von Frauen sichtbarer machen?

Nabinger: Ich denke, dass Kampagnen in den sozialen Medien, etwa auf LinkedIn, Instagram und Twitter, ein geeigneter Weg wären – etwa mit dem Foto einer Vorständin und einem kurzen Statement dazu. Flankierend bieten sich Imagefilme an, in denen Kolleginnen aus der Vorstandsebene ihren Weg skizzieren und aktiv für eine Karriere in der Sparkassen-Finanzgruppe werben.

Interne Medien wie die Sparkassenzeitung könnten über einen längeren Zeitraum Serien mit Kurzporträts von Vorständinnen und Frauen aus der zweiten Managementebene veröffentlichen, um Role Models weiterhin sichtbar zu machen.

Verbundmedien könnten auch Kollegen vorstellen, die Frauen in der Karriere erfolgreich gefördert haben. Das motiviert sicherlich weitere Männer, denn nur mit deren Unterstützung sind die Diversitätsziele überhaupt zu erreichen. In meinem Buch kommen übrigens mehrere Förderer zu Wort. Sie sind die männlichen Vorbilder. Ihre Beiträge laden regelrecht dazu ein, es ihnen nachzutun.

Die Förderung des weiblichen Führungskräftenachwuchses ist kein Selbstzweck, sondern dient im Verbund vor allem wirtschaftlichen Zielen. Wie ließe sich das noch prägnanter zum Ausdruck bringen?

Nabinger: Die Aufsichtsrätin und Professorin Susanne Knorre plädiert im Buch dafür, dass nicht von Frauenförderung, sondern von Wirtschaftsförderung gesprochen werden sollte. Denn die Perspektivenvielfalt in Entscheidungsgremien trägt zu einer Reduzierung des Unternehmensrisikos bei. Für sie ist deshalb die Frauenquote eine „dringend notwendige Maßnahme des Risikomanagements“.  

In zahlreichen Studien wurde zudem nachgewiesen, dass sich solche Ziele auch positiv auf die Ertragssituation von Unternehmen auswirken. Insofern sollte Diversität ganz klar als ein Erfolgsfaktor für Sparkassen angesehen werden. Die Verwaltungsräte sind hierfür zu sensibilisieren, da sie über Vorstandsneubesetzungen und -nachfolgen zu entscheiden haben. Zudem können auch sie den Impuls setzen, Diversität strategisch zu verankern.

Insgesamt gesehen, sollte aufgrund des positiven Einflusses auf das Betriebsergebnis jedes Institut diesem Thema künftig die erforderliche Aufmerksamkeit widmen. Es geht hier neben der Unternehmens-Performance ganz klar auch um Arbeitgeberattraktivität und die Chancen bei der Rekrutierung von Auszubildenden. Denn diese beobachten sehr genau, welche Karriereaussichten ein potenzieller Arbeitgeber bietet.

Schließlich ist Diversität auch ein bedeutender Baustein beim Thema Nachhaltigkeit, denn das UN-Nachhaltigkeitsziel Nummer fünf lautet: Geschlechtergleichstellung. Hier schauen übrigens  inzwischen nicht nur Investoren,  sondern  auch unsere Kundinnen ganz genau hin.

Inwiefern sollte sich die Führungskultur in der Sparkassen-Finanzgruppe ändern, damit diese Ziele künftig besser erreicht werden?

Nabinger: Viele Mitautorinnen und -autoren meines Buchs betonen die hohe Bedeutung der Führungskultur, gerade für weibliche Karrieren. Die Psychologin Martina Lackner hat hierzu im Jahr 2020 eine Studie mit hochqualifizierten Frauen durchgeführt. Ihre Erkenntnisse, die sicherlich so manchen HR-Verantwortlichen beeindrucken werden, erläutert sie im Gastbeitrag.

Im Grunde ist ein wertschätzender, vorurteilsfreier und respektvoller Umgang miteinander sehr wesentlich. Eine moderne Führungskultur, geprägt von flachen Hierarchien und Teamplayern, die  jeden Mitarbeitenden mitnehmen und dazu motivieren können, das gemeinsame  Ziel zu erreichen, ist das Erfolgsmodell.

Eigenschaften wie Empathie und  Kommunikationsstärke sind hierbei gefragt und keine Alphatiere. Kurz gesagt, Führungskräfte, die ihre Mitarbeitenden als ihr wertvollstes Kapital ansehen, diese fördern und fordern und als Coach begleiten.

Welche Ideen enthält Ihr Buch noch, um auf dem Weg zur Geschlechtergerechtigkeit künftig schneller voranzukommen?

Nabinger: Zu den bekanntesten Mitautorinnen zählen Monika Schulz-Strelow, Präsidentin des Vereins FidAR – Frauen in die Aufsichtsräte. Außerdem schreiben in meinem Buch Sigrid Evelyn Nikutta, Vorständin der Deutschen Bahn, Elke Ferner, Vorsitzende von UN Women Deutschland, und Elke Holst, ehemalige Forschungsdirektorin des DIW Berlin.

Gender-Expertin Elke Holst stellt beispielsweise fest, dass die Zeit des Karriereaufbaus genau in die Zeit der Familiengründung fällt. Daher fordert sie, dass Karriereverläufe flexibler werden und auch im späteren Verlauf der Berufslaufbahn noch Karriere- oder Aufstiege bis in höchste Positionen möglich sein sollten. Es werden zahlreiche Maßnahmen beschrieben, um einen nachhaltigen Kulturwandel in Unternehmen und Sparkassen einzuleiten.

Gibt es schon Reaktionen auf Ihr Buch?

Nabinger: In der neuesten Ausgabe des Magazins „Aufsichtsrat aktuell“  ist eine sehr wertschätzende Rezension zu finden. Auch von bekannten Wirtschafts- und Karrieremagazinen wurden bereits Auszüge aus dem Buch veröffentlicht. Die Lektüre sollte sich lohnen.

Über Petra Nabinger

Petra Nabinger ist als Depot-A-Managerin bei der Sparkasse Rhein-Haardt tätig. Nabinger absolvierte eine Ausbildung zur Bankkauffrau und studierte von 1989 bis 1994 berufsbegleitend Betriebswirtschaftslehre. Der Ehefrau und Mutter vierer erwachsener Kinder gelang nach fast zehnjähriger Familienphase der berufliche Wiedereinstieg, zunächst als Bürokraft, seit 2008 wieder im erlernten Beruf.

Nabinger ist im bundesweiten Netzwerk Sparkassen-Frauen in Führung (S-FiF) aktiv und engagiert sich für die Erhöhung des Frauenanteils auf den obersten Managementebenen. Sie ist als Vorstandsmitglied und Schatzmeisterin des Deutschen Akademikerinnenbundes Rhein-Neckar-Pfalz tätig und setzt sich als Verwaltungsrätin und Personalratsmitglied bei ihrem Arbeitgeber für die Frauenförderung ein.

Das Thema Chancengerechtigkeit zieht sich durch alle Publikationen Nabingers wie ein roter Faden. 2013 schrieb Nabinger ihr erstes Buch unter dem Pseudonym Franziska Beckers, Ende 2016 folgte das zweite Buch unter ihrem bürgerlichen Namen. Danach entstanden die drei Sammlungen „Erfolgreiche Frauen im Portrait“ (2018), „Kreative Frauen im Portrait“ (2019), und „Wie uns Vielfalt bereichert – zehn Frauenportraits“ (2020). Diese Bücher machen Vorbilder sichtbar und ermutigen Frauen jeden Alters und jeder Herkunft, Führungsverantwortung zu übernehmen.

 

Buchautorin Petra Nabinger ist Bankkauffrau und Betriebswirtin und engagiert sich für Chancengleichheit. 
Christoph Becker (Foto oben: privat)
– 20. September 2021