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Porträt
Vielfalt gewinnt
Petra Nabinger ist Depot-A-Managerin bei der Sparkasse Rhein-Haardt, Buchautorin, Mutter von vier Kindern und eine leidenschaftliche Kämpferin für Chancengerechtigkeit. Fürs Fernsehen bleibt da keine Zeit.

In Petra Nabingers Familie häufen sich Zwillingspaare, und so hat auch sie sich die neun Monate in Mutters Bauch mit ihrem Bruder geteilt. Ob diese enge Koexistenz ein Lebensthema getriggert hat, darf Spekulation bleiben. Tatsache ist, dass die Chancengerechtigkeit zwischen den Geschlechtern Petra Nabinger schon lange beschäftigt: im Beruf, im Privatleben und in ihrem Schreiben. In Sachbüchern und Porträtsammlungen zeigt die Autorin weibliche Vorbilder und argumentiert für gemischte Teams, geschlechterspezifische Förderung und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Dabei hilft der 54-Jährigen der Blick auf die eigene Biografie. Nach Abitur und Ausbildung zur Bankkauffrau studierte Nabinger berufsbegleitend Betriebswirtschaftslehre. Währenddessen war sie in der Kreditabteilung und der Immobilienvermittlung der Sparkasse Rhein-Haardt beschäftigt.

Auf das Diplom folgte eine zehnjährige Familienphase, im Abstand von jeweils zwei Jahren kamen zwei Söhne und, wieder einmal, ein gemischtes Zwillingspärchen zur Welt. Der berufliche Wiedereinstieg gestaltete sich schwierig, die Bankkauffrau und Betriebswirtschaftlerin fing zunächst als Bürokraft an.

Den Karriereknick, obgleich persönlich schmerzlich, sieht Nabinger als eine "gesamtgesellschaftliche Herausforderung", wie sie sagt. Solche Einschnitte seien insbesondere für ihre Generation keine Seltenheit und Rahmenbedingungen geschuldet, die sich jedoch im vergangenen Jahrzehnt zunehmend zugunsten der Erziehenden verbessert hätten. Unternehmen könnten sich die "geschlechtertypische Ressourcen-Verschwendung" aufgrund der demografischen Entwicklung heute nicht mehr erlauben, sagt Nabinger.

Sie hielten mit ihren gut ausgebildeten Mitarbeitern inzwischen engen Kontakt in der Elternzeit. Teilzeitangebote, Homeoffice-Tage und das Führen in Teilzeit können dazu beitragen, dass Mitarbeiter an Tätigkeiten anknüpfen, die sie früher mit Motivation und Freude ausgeführt haben. Zudem erwerbe man auch in der Elternzeit Kompetenzen wie Improvisationstalent, Konfliktbewältigung, Belastbarkeit und Erfahrung bei der Leitung eines kleinen Familienunternehmens. Nabinger würde sich wünschen, dass Arbeitgeber dies erkennen und wertschätzen.

Bunte Farbtupfer fehlen

In der Rückschau betrachtet die Bad Dürkheimerin ihren Berufsweg als "äußerst erfolgreich". Dank der Unterstützung von Kolleginnen und Vorgesetzten konnte sie sich nach ihrer Rückkehr zur Sparkasse Rhein-Haardt im Jahr 2008 sukzessive in einen herausfordernden und komplexen Bereich einarbeiten. Als Depot-A-Managerin ist sie mittlerweile in einer Männerdomäne angekommen. Im Spannungsfeld von Niedrigzinsen, Liquiditätskennzahlen und regulatorischen Vorgaben die größtmöglichen Renditen für die Eigenanlagen der Sparkasse zu erzielen, erfüllt die 54-Jährige mit Begeisterung.

Im Treasury führt Diversifikation zur Reduzierung von Ausfallrisiken. Im Personalbereich führt die sogenannte Diversity zu einer Steigerung der Rentabilität, da geschlechtergemischte Teams nachweislich eine bessere Rendite erwirtschaften, argumentiert Nabinger. Deshalb sollten in beiden Bereichen – und auf allen Management­ebenen – zu den dunklen Anzügen der Herren viele bunte Farbtupfer aus der Damenwelt hinzukommen. Leider gingen Frauen auf dem Weg durch die Unternehmenshierarchie in markanter Weise verloren und im oberen Drittel seien sie fast ganz verschwunden.

Die Managerin macht in vielen Funktionen auf diese Schieflage aufmerksam. In ihrer Arbeit für den Verwaltungs- und den Personalrat ihres Arbeitgebers kann sie Impulse setzen. So hat die Sparkasse Rhein-Haardt zur Frauenförderung mittlerweile einen Zielkorridor formuliert. Seit 2011 ist Nabinger im S-FIF-Netzwerk aktiv, das aus dem ehemaligen DSGV-Mentoringprogramm "Frauen in Führungspositionen" hervorgegangen ist, und berichtet über dessen Aktivitäten regelmäßig in der SparkassenZeitung.

(Ein mit ihr geführtes und unter einem Pseudonym veröffentlichtes Interview zum Thema Chancengerechtigkeit fand vor ein paar Jahren ein großes Leserecho.) Als Mitglied im Deutschen Akademikerinnenbund war sie beim Neujahresempfang der Stadt Mannheim Teil einer Expertenrunde zum Thema Gleichberechtigung. Und auch bei ihren Lesungen fordert die Autorin zur Diskussion auf.

Ein junger Mann hat ihr unlängst gesagt, er habe seinen Freunden nicht verraten, dass er sich ein "Frauenthema" anhören würde. Dabei, so Nabinger, waren seine Erfahrungen aus der "Männerwelt" eine interessante Bereicherung an diesem Abend.

Um den Herausforderungen einer Großfamilie und anregenden Freizeitbeschäftigungen wie dem Schreiben, Singen und Spaziergängen mit ihren Hunden gerecht zu werden, hat Petra Nabinger auf eine Aufstockung ihrer Stelle von 75 auf 100 Prozent verzichtet. Denn nur in einer guten Balance, so sagt sie, könne man mit Freude erfolgreich sein. Sie empfinde es als großes Glück, in den vielfältigen Bereichen von Beruf, Familie und Freizeit gefordert zu werden und Verantwortung zu tragen. Aufs Fernsehen kann sie da verzichten.

Silvia Besner
– 27. Juni 2019