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S-Kreditpartner / Event und Interview
„Filialen bleiben Rückgrat im Vertrieb“
Die Digitalisierung bietet Sparkassen höhere Ertragschancen im Kreditgeschäft. Die S-Kreditpartner-Geschäftsführer Heinz-Günter Scheer und Jan Welsch erläutern, wie es gelingt.

Im Juni hat die S-Kreditpartner (SKP) ihr zehnjähriges Bestehen gefeiert. Aus diesem Grunde haben die Geschäftsführer Heinz-Günter Scheer und Jan Welsch Auskunft zur aktuellen Situation gegeben. 

Wegen der Coronapandemie steht die SKP, wie viele Unternehmen auch, vor der größten Herausforderung ihrer Entwicklung. Herr Scheer, Sie haben in einem Interview gesagt, die Krise lehre uns Demut. Was verstehen Sie unter Demut?

Heinz-Günter Scheer: Dass die Bäume nicht mehr in den Himmel wachsen. Vor der Coronakrise hatten wir im Neugeschäft und im Kreditbestand zweistellige Wachstumsraten. Jedes Jahr konnten wir Rekordzahlen verkünden, die Ausfallwahrscheinlichkeit bei Kreditkunden war gering, kurzum, es herrschte „Sunshine-Banking“. Damit ist es vorerst vorbei. Das Kreditgeschäft ist unvorhersehbarer geworden.

Jan Welsch: Eine Weisheit sagt aber auch: „Nichts ist so schlecht, dass es nicht auch für etwas gut wäre.“ Was die Digitalisierung angeht, hat die Krise in den Führungsetagen der Sparkassen für mehr Offenheit gesorgt. Viele Sparkassen haben sich gesagt: „Okay, wir haben zwar eine Krise, aber lasst uns mit der SKP jetzt neue Dinge ausprobieren.“

So haben unsere Vollkooperationspartner die Unterstützung durch die Power-Selling-Teams der SKP sehr bereitwillig angenommen. Auch die hohe Zahl an Sparkassen, die den Ratenkredit aus Kontoumsätzen bereits tatsächlich einsetzt, zeigt, dass die Zusammenarbeit der Sparkassen mit der SKP immer mehr eine gelebte Innovationspartnerschaft ist.

Die SKP hat von Beginn an auf Digitalisierung gesetzt. Inwieweit hilft das bei der Bewältigung der aktuellen Krise?

Scheer: Am Anfang der Krise wurden wir von Anfragen überflutet, weil viele Kunden mit ihrer Ratentilgung pausieren wollten. Wir mussten also einen Weg finden, um der vielen Kundenanfragen Herr zu werden. Quasi aus dem Stand haben wir dann einen Online-Support mit persönlicher Beratung für jeden betroffenen Kunden aufgebaut. Dass wir schon vorher digital aufgestellt waren, war in dieser Situation natürlich eine große Hilfe.  

 

Zu Beginn der Krise wurde ein Online-Support mit persönlicher Beratung für jeden betroffenen Kunden aufgebaut.


Die Sparkassenkunden halten nach Schufa-Angaben (* zirka 60 Milliarden Euro an Konsumentenkredit-Beständen. Davon entfällt aber nur ungefähr ein Drittel – 23 Milliarden Euro – auf die Sparkassen und die SKP selbst, den Rest teilen sich die Mitbewerber. Um mehr Sparkassen-Kunden zu gewinnen, will die SKP nun verstärkt Data-Analytics-Methoden nutzen. Was versprechen Sie sich davon?

Welsch: Unsere Verbundpartner verfügen über einen Datenschatz, der noch viel zu wenig genutzt wird. Wenn diese Daten zusammengeführt und genutzt würden, selbstverständlich im Einklang mit der DSGVO, würden am Ende zusätzliche Geschäftsabschlüsse stehen. Wer diese Methoden versteht und nutzt, das heißt die richtigen Daten analysiert, die richtigen Schlüsse daraus zieht und Kunden zum richtigen Zeitpunkt auf dem richtigen Kanal proaktiv anspricht, ist klar im Vorteil. Deshalb werben wir für eine stärkere Nutzung von Kundendaten zu Marketingzwecken.

Welche Erwartungen haben Sie in dieser Hinsicht an die Sparkassen?

Welsch: Die Sparkassen müssen für eine Erhöhung der Kundenkontaktfrequenz sorgen. Hier sind die Wettbewerber zum Teil viel weiter. Ich gebe Ihnen ein Beispiel, wie das funktionieren könnte: Wenn ein Kunde seinen Dispokredit regelmäßig und über längere Zeit nutzt, muss die Sparkasse ihm automatisch ein entsprechendes Angebot für einen Ratenkredit unterbreiten dürfen. 

Das darf sie aber nur dann, wenn sie vom Kunden vorher eine Einwilligungserklärung bekommen hat. Eine solche Erklärung ist also die Voraussetzung dafür, dass die Sparkassen ihre Kunden regelmäßig für Produktangebote und Ablösungen für Fremdkredite kontaktieren dürfen. Deshalb sollten Einwilligungserklärungen der Kunden noch systematischer und konsequenter eingesammelt werden.

 

Einwilligungserklärungen der Kunden sollten systematisch und konsequent eingesammelt werden. Das ist die Voraussetzung dafür, dass die Sparkassen ihre Kunden regelmäßig für Produktangebote kontaktieren dürfen.


2020 hat die SKP den Ratenkredit aus Kontoumsätzen an den Start gebracht. Können Sie die Vorteile näher erläutern?

Scheer: Beim Kontoumsatzkredit bekommt der Kunde mit wenigen Klicks Zugang zu einem Ratenkredit. Bereits getätigte Ausgaben zwischen 500 und 10.000 Euro kann er so in einen Ratenkredit umwandeln. Die Kreditvergabe erfolgt automatisiert, ohne Prüfung von Unterlagen und ohne den Kunden mit Fragen zu behelligen. Auf Basis weniger Kundendaten kann also in Sekundenschnelle eine Kreditentscheidung getroffen werden.

Dieses neue Kreditentscheidungsverfahren ist ein großer Wettbewerbsvorteil, denn es ermöglicht eine hohe Skalierbarkeit. Die Grenzkosten liegen praktisch bei null. Über 200 Sparkassen haben den Kontoumsatzkredit schon im Angebot. Jetzt müssen wir gemeinsam mit den Sparkassen das Angebot überzeugend vermarkten. Hier stehen wir noch am Anfang.

 

Sehen gerade in der Telefonakquise noch viel Potenzial: Heinz-Günter Scheer (links) und Jan Welsch, Geschäftsführer des S-Kreditpartners.


Die Digitalisierung schreitet voran. Gleichzeitig bleibt der direkte Kundenkontakt auch in Zukunft unverzichtbar für die Kundengewinnung. Welche Schlüsse ziehen daraus für den Vertrieb in den Sparkassen?

Welsch: Die Filialen bleiben auch in absehbarer Zukunft das Rückgrat im Vertrieb. Es wird weiterhin Kunden geben, die eine persönliche und intensive Beratung brauchen. Auf lange Sicht betrachtet können es sich die Sparkassen jedoch nicht mehr leisten, unproduktive Standorte zu betreiben. Unsere Wettbewerber sind die Direktbanken, die in den letzten Jahren ein enormes Wachstum an den Tag gelegt haben.

Gute Erfahrungen machen wir auch mit der telefonischen Beratung. Seit Beginn der Pandemie verzeichnen wir einen wachsenden Anteil der Kreditabschlüsse am Telefon. Hier kommt – ähnlich wie in der Filiale – die Beratung zum Tragen, die zu wesentlich höherwertigeren Kreditabschlüssen führt. Das gilt übrigens auch für die Nachtelefonie beim Ratenkredit aus Kontoumsätzen.

Diese Leads  müssen wir unbedingt nutzen. In der Telefonakquise liegt noch viel Potenzial. Auch das wollen wir gemeinsam mit den Sparkassen angehen.

 

Die S-Kreditpartner-Geschäftsführer erwarten, dass sich die Krise mit einer zeitlichen Verzögerung schleichend auf die Risikokosten durchschlägt.
 


Infolge der Coronakrise ist das Kreditausfallrisiko gestiegen. Viele Partnersparkassen der SKP sind deshalb froh, dass sie ihr Ratenkreditgeschäft in Zusammenarbeit mit SKP betreiben können, um nicht zu hohe Risiken in den Büchern zu haben. Ist das Kreditgeschäft für die SKP zur Belastung geworden?

Scheer: 2020 sind wir sensationell gut ins Jahr gestartet. Im März, als der erste Lockdown verhängt wurde, wurde unsere Perspektive plötzlich infrage gestellt. Als wenn wir in eine Nebelbank gefahren wären, auf einmal war es dunkel. Die Kreditausfallquote hat sich zum Glück nur geringfügig erhöht. Die Zahlungsmoral der Kunden ist weitgehend intakt.

Das führe ich zum einen auf die öffentlichen Hilfsgelder und das Kurzarbeitergeld zurück. Zum anderen hat sich die Prognosekraft unseres Score-Verfahrens auch in der aktuellen Krise bewährt. Unsere ausgeklügelten Algorithmen können die Ausfallwahrscheinlichkeit ziemlich genau voraussagen. Damit schützen wir nicht nur uns selbst. Es bewahrt auch die Antragssteller davor, einen Kredit aufzunehmen, den sie wahrscheinlich nicht zurückzahlen könnten.

 

"Es wird zu Kreditausfällen kommen. Von den düsteren Worst-Case-Szenarien zu Beginn der Krise sind wir aber weit entfernt."
Heinz-Günter Scheer

 

Ich will aber nichts schönreden: Die Situation ist extrem herausfordernd. Die Krise wird sich mit einer zeitlichen Verzögerung schleichend auf die Risikokosten durchschlagen. Es wird zu Kreditausfällen kommen. Deshalb haben wir 2020 entsprechende Rückstellungen von rund 25 Millionen Euro gebildet. Von den düsteren Worst-Case-Szenarien zu Beginn der Krise sind wir aber weit entfernt.

 

Durch die Krise werden zukünftige Kreditausfälle erwartet. Deshalb hat die SKP 2020 entsprechende Rückstellungen von rund 25 Millionen Euro gebildet.


Wie wirkt sich die Coronakrise auf die Neukreditvergabe aus?

Scheer: Das Neugeschäft im Konsumenten- und Autobereich ist deutlich zurückgegangen und lag mit 3,8 Milliarden Euro in Summe etwa 16 Prozent unter dem Vorjahr. Die wirtschaftliche Unsicherheit dämpft die Konsumlust und treibt die Sparquote in Rekordhöhe. Je länger die Krise andauert, desto stärker wird sie auf unser Tagesgeschäft durchschlagen. Ab Spätsommer rechne ich aber mit einer Trendwende, sofern die Durchimpfung bis zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen sein wird.

Das vor der Coronakrise anhaltende Wachstum im Kooperationsgeschäft mit den Sparkassen hat dazu geführt, die strategische Zusammenarbeit in der Refinanzierung auszuweiten. Wie hat sich diese Zusammenarbeit mit den Sparkassen entwickelt?

Welsch: Die Zusammenarbeit hat sich zu unserer vollsten Zufriedenheit entwickelt. Mittlerweile sorgen die Sparkassen für die Refinanzierung, die wir für das Wachstum des Kreditkundengeschäfts benötigen. Mehr als 200 Sparkassen beteiligen sich an der Refinanzierung mit einem Volumen von rund acht Milliarden Euro.

Der Vorteil: Alle Erträge können so innerhalb der Sparkassen-Gruppe geteilt werden. Umgekehrt hat die SKP Kundenforderungen im Umfang von rund 1,2 Milliarden Euro an Sparkassen und Verbundunternehmen in deren Bilanzen weitergegeben. Auch hier gibt es eine zunehmend gelebte Partnerschaft zwischen Sparkassen und SKP.


Alle Erträge können innerhalb der Sparkassen-Gruppe geteilt werden. Umgekehrt hat die SKP Kundenforderungen im Umfang von rund 1,2 Milliarden Euro an Sparkassen und Verbundunternehmen in deren Bilanzen weitergegeben.
Jan Welsch


Die SKP versteht sich selbst als „Transformator, Innovator und Möglichmacher“ innerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe. Wie hat sich diese Rolle in den letzten zehn Jahren verändert?

Scheer: Zu Beginn war die SKP ein Exot innerhalb der Sparkassen-Familie. In den letzten Jahren haben wir klar an Profil und Anerkennung gewonnen. Gleichzeitig sind die Erwartungen an uns gestiegen. Wenn wir kräftig in ein neues Produkt investieren, so dürfen die Sparkassen auch erwarten, dass wir auf die richtigen Pferde setzen.

Der Erfolg gibt uns recht. Wir haben mittlerweile 210 Vollkooperationssparkassen. Beim Thema Kreditgeschäft setzen immer mehr Sparkassen auf die SKP. Über 340 Sparkassen kooperieren mit uns, auch wenn noch nicht alle Sparkassen unsere Produkte und Dienstleistungen in vollem Umfang nutzen wollen.

 

Blick ins SKPlab: „Wenn wir kräftig in ein neues Produkt investieren, so dürfen die Sparkassen auch erwarten, dass wir auf die richtigen Pferde setzen“, so Heinz-Günter Scheer.


Welche Rolle wird das Unternehmen in den nächsten zehn Jahren spielen?

Welsch: Innerhalb der Finanzgruppe wird die Bedeutung der SKP deutlich zunehmen. Die SKP ist eine „Vertriebs- und Marketing-Maschine“. Zusammen mit den Sparkassen werden wir die Kunden in der Breite kontaktieren, mit Finanzprodukten versorgen und so für die Sparkassen wichtige Erträge generieren.

Hierzu gehört auch die gemeinsame Erarbeitung von Lösungen, die helfen, mit den Auswirkungen der Regulierung der  Restkreditversicherungs- und AGB-Problematik umgehen zu können. Als Fintech sind wir ein Laboratorium für das „Digital Banking“: Durch unsere enge Zusammenarbeit entwickeln wir Innovationen und unterstützen die Sparkassen vor Ort bei der Umsetzung. Wir sitzen hier in einem gemeinsamen Schnellboot.

Seit der Gründung vor zehn Jahren stehen Sie gemeinsam an der Spitze der SKP. Macht Ihnen der Job noch immer gleich viel Spaß wie zu Beginn?

Scheer (lacht): Sogar noch mehr Spaß! In den letzten zehn Jahren ist die Bank stark gewachsen. Beruflich haben wir uns mit dem Unternehmen weiterentwickelt, unsere Führungsaufgaben sind dadurch vielfältiger und komplexer geworden. Deshalb ist der Job, auch nach so vielen Jahren, äußerst befriedigend. Zudem darf ich mit einem Team zusammenarbeiten, das auch in dieser schwierigen Zeit einen tollen Job macht.

Welsch: Das kann ich nur unterschreiben. Auch mir macht der Job noch immer viel Freude. Die Wirkung der Projekte innerhalb der Finanzgruppe ist einfach enorm. Und in den Gesprächen mit den Sparkassen spüre ich viel Wertschätzung. Das ist eine große Befriedigung und gibt mir die Motivation für neue Projekte.

 

Heinz-Günter Scheer und Jan Welsch sehen für die Sparkassen viel Potenzial im digitalen Kreditgeschäft.


Wenn Sie zum runden Geburtstag der SKP einen Wunsch offen hätten, was würden Sie sich wünschen?


Scheer: Da hätte ich gleich zwei Wünsche: Erstens einen schnellen Impferfolg gegen das Coronavirus und zweitens weniger bürokratische Vorschriften, die mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden sind. Ich denke beispielsweise an das sogenannte allgemeine Auskunftsrecht der Kunden zu den bei uns über sie gespeicherten Daten.

Wir haben über 600.000 Kreditkonten und mussten Prozesse etablieren, um die Auskunftsersuchen befriedigen zu können. Im letzten Jahr haben ganze vier Kunden eine solche Anfrage gestellt. Da kann man sich schon die Frage stellen, wie verhältnismäßig eine solche gesetzliche Regelung ist.


Perspektivisch betrachtet wünsche ich mir für die Sparkassen eine Vertriebskultur, bei der nicht nur die kundenfreundlichen Produkte und Prozesse eine wichtige Rolle spielen, sondern auch die Erträge.
Jan Welsch


Welsch: Für die nahe Zukunft wünsche ich mir mehr Normalität im Alltag, damit persönliche Begegnungen mit unseren Kundinnen und Kunden sowie mit den Mitarbeitenden in den Sparkassen wieder möglich werden. Perspektivisch betrachtet wünsche ich mir für die Sparkassen eine Vertriebskultur, bei der nicht nur die kundenfreundlichen Produkte und Prozesse eine wichtige Rolle spielen, sondern auch die Erträge.

Wir bei der SKP geben alles dafür, diese zahlenbasierte Innovations- und Vertriebskultur im Sinne der Sparkassen voranzutreiben. Gemeinsam sind wir ein starkes Team, das vor dem Hintergrund von immensen Potenzialen viel Zukunft hat.

 

*) Die SKP-Angaben zu Kreditbeständen und Marktanteilen der Sparkassen kommen aus dem Datenhaushalt der Schufa. Sie werden einmal jährlich im Rahmen der von der SKP für die Sparkassen beauftragten Schufa-Marktanteilsanalyse ausgewertet.
Die Zahlen bilden das Ratenkreditgeschäft von Sparkassen im engen Sinne ab (Berücksichtigung von bestimmten, sehr trennscharfen Schufa-Merkmalen) und weichen ab von Zahlen der Bundesbank, die ebenfalls häufig zur Darstellung der Marktstellung und Marktanteile der Sparkassen herangezogen werden. Die Bundesbank rechnet in ihre Angaben über das Kundenkreditgeschäft weitere Kreditformen ein, die die Schufa außen vorlässt. 

 

 

Ricardo Tarli
– 25. Juni 2021