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Private Banking
Wertpapiere lieben lehren
Unternehmer legen ihr Vermögen bevorzugt in Immobilien an. Mit guter Beratung lassen sie sich zusätzlich für Wertpapiere begeistern.

Die Liebe der Familienunternehmer zu Immobilien kenne ich nicht nur aus Geschichten, die mir Berater in meinen Seminaren und Workshops erzählen. Ich selbst habe vor meiner eigenen Unternehmertätigkeit auch viele Jahre als Finanzberater aus erster Hand miterlebt, wie stark diese Verbindung sein kann.

Als Gründer und Geschäftsführer des Instituts Für UnternehmerFamilien (IFUF) erlebe ich es auch im Tagesgeschäft fast wöchentlich: Erfahrungsgemäß haben Unternehmer drei große Steckenpferde:

  • ihr eigenes Familienunternehmen 
     
  • private (Rendite-)Immobilien 
     
  • Steuersparmodelle

Darüber möchten sie sprechen, hier kennen sie sich aus und hier erkennen sie unkomplizierte Möglichkeiten, den eigenen Wohlstand zu mehren: Das Unternehmen voranbringen, Immobilien kaufen, um Verkaufs- und Mieteinnahmen zu generieren, und Steuern sparen, um möglichst wenig vom Erwirtschafteten abzugeben.

Warum lieben Unternehmer Immobilien?

Wertpapiere kommen in dieser Welt praktisch nicht vor. Dementsprechend ist auch die Anzahl an Unternehmern sehr überschaubar, bei denen das Wertpapiervermögen größer ist als der Firmenwert oder das Immobilienvermögen.

Warum kommen Privatimmobilien überhaupt in der Gedankenwelt der Unternehmer vor? Warum nicht irgendeine andere Art der Geldanlage? Die Antwort ist sehr menschlich:

  • Immobilienanlagen sind aus Unternehmersicht bequem. 
     
  • Immobilien sind eine mental und physisch greifbare Anlageoption. 

Mit anderen Worten: Selbst Unternehmer, die nicht geschäftlich mit dem Erwerb beziehungsweise der Entwicklung von Immobilien zu tun haben, können recht unkompliziert bestehende Objekte erwerben, meistens sogar bereits voll vermietete Immobilien.

Sie reagieren also oft nur auf die Information, dass eine Immobilie verkauft wird, gehen zum Notar, um sie zu kaufen, besprechen gegebenenfalls noch die Finanzierung, schließen einen Verwaltervertrag und richten ein Verbuchungskonto ein. 

Dann ist die Arbeit abgeschlossen, die Mieteinnahmen werden regelmäßig aufs Konto gebucht und die laufenden Kosten werden vom Konto abgebucht, während sich der Unternehmer wieder auf das eigentliche Geschäft seiner Firma konzentrieren kann.

Sparkassenberater sollten zudem nicht unterschätzen, wie wichtig es für den Unternehmer ist, zu wissen, dass seine Geldanlage physisch greifbar ist und er hinfahren könnte, um sich seine Objekte anzuschauen. Immobilien sind etwas Handfestes und Unternehmer sind naturgemäß Kontrollfans, wie ich es schon in meinen Podcasts zur Unternehmertypologie gezeichnet habe.

Immobilien kommen Kontrollneigungen entgegen

Aus diesem Grund lieben Unternehmer es übrigens auch, Immobilien in erreichbarer Nähe zu kaufen, erfahrungsgemäß in einem Radius von etwa 30 Minuten Fahrzeit. Natürlich finden sie auch Objekte in London oder New York spannend – aber da kann man eben nicht so einfach vorbeifahren und nach dem Rechten schauen, weshalb die Wahl dann doch oft auf naheliegende Immobilien fällt.

Im Weltbild der meisten Unternehmer sind Wertpapiere also vor allem eine Anlage, die schlecht zu greifen und zu kontrollieren ist. Und letztlich bieten Immobilien eine stabile Wertanlage, deren Wert eigentlich nur noch steigen kann, während Wertpapiere starken Schwankungen unterliegen.

Lassen Sie mich das offensichtliche Gegenargument mal in stark vereinfachter Form darstellen. Ich bin mir bewusst, dass es mitunter deutlich tiefer gehende Analysen und Berechnungen geben müsste. Weil dies aber keine wissenschaftliche Ausarbeitung sein soll, nehme ich die ein oder andere Ungenauigkeit in Kauf:

Vor fast genau 30 Jahren, also 1990, stand der Dax bei ungefähr 1500 Punkten. Heute steht er bei etwa 15.000, sein Wert hat sich also verzehnfacht. Allein während der vergangenen zehn Jahre hat sich sein Wert mehr als verdoppelt. Um dasselbe Wachstum durch den Kauf von Immobilien im Jahr 1990 zu erhalten, hätte sich der Mietfaktor beispielsweise von sechs auf 60 erhöhen müssen, und das ist in den allermeisten Regionen einfach nicht eingetreten.

 

Wenn Berater vor dem Gespräch Tabellen mit den Vor- und Nachteilen von Immobilien- und Wertpapieranlagen erstellen, hat der Kunde auf einen Blick alle wichtigen Fakten vor sich.

Gesprächstipps: Dax-Wachstum und relevante Zahlen

Es ist also unser Ziel, Unternehmer dafür zu sensibilisieren, dass Wertpapiere zwar keine Investition zum Anfassen sind, jedoch deutlich mehr Ertrag liefern können als Immobilien. Dabei geht es nicht darum, ihnen die Immobilien auszureden. Vielmehr wollen wir sie dazu bringen, Wertpapiere zumindest als Alternative in Betracht zu ziehen und diese Option rational zu bewerten.

Die Dax-Rechnung kann ein gutes erstes Argument sein. Zudem bietet sich an, Zahlen zurate zu ziehen, die den Unternehmer konkret betreffen. Weil Unternehmer gerne in Immobilien vor der eigenen Haustür investieren, funktioniert das Argument natürlich nur dann perfekt, wenn der Anstieg im Mietfaktor in der Region tatsächlich ausgeblieben ist.

Oder anders gesagt: Einem Unternehmer mit Immobilien in München oder auf Sylt kann es relativ egal sein, ob der Mietfaktor im Ruhrgebiet nicht um das zehnfache angewachsen ist. Und Preissteigerungen in entfernten Ballungsgebieten sind einem regional aufgestellten Unternehmer maximal eine Randnotiz wert.

Bereiten Sie dieses Argument also mit den jeweils für den Unternehmer relevanten Zahlen auf und stellen Sie das Dax-Wachstum dem Wachstum im regionalen Immobilien- und Mietmarkt gegenüber. Ideal ist in solchen Fällen, wenn Sie handfeste Zahlen zu Immobilien haben, in die der Unternehmer tatsächlich investiert hat.

Selbstredend können Sie als Beispiel ebenso andere, auch internationale Indizes, Fonds und Zertifikate nehmen. Einzeltitel sind eher ungeeignet, weil der Vergleich schnell hinkt und mitunter unfair wird, wenn man beispielsweise die Entwicklung von Amazon zugrunde legen würde.

Wichtig: Taktvolles Vorgehen ohne Rechthaberei

Zahlen lügen nicht und auch hartnäckige Verfechter des Betongolds werden in Anbetracht handfester Zahlen eingestehen, dass der potenzielle Gewinn im Wertpapiersektor typischerweise größer ist als bei Immobilien.

Doch stellen Sie solche historischen Vergleiche niemals mit erhobenem Zeigefinger an. Ein einfaches „Hätten Sie damals in XY investiert, hätten Sie heute einen höheren Ertrag“ klingt in den Ohren eines Unternehmers mit Verantwortung gegenüber der Firma und der eigenen Familie schnell wie ein: „Sie haben damals die falsche Entscheidung getroffen!“.

Dieser Teil des Gesprächs hat also auch mit emotionalen Aspekten zu tun. In einem meiner vorigen Artikel im „Versteher-Magazin“ können Sie sich zur Orientierung 11 Fragen und Sätze anschauen, mit denen Sie diese Information möglichst taktvoll verpacken und beim Unternehmer punkten können.

Eine bewährte Möglichkeit ist es, die Diskrepanz zwischen den Erträgen in beiden Optionen aufzuzeigen und dann zu fragen: „Was waren damals Ihre Gründe, sich für Immobilien zu entscheiden?“ Das sorgt nicht nur dafür, dass der Unternehmer seine eigene Entscheidung im Rückblick überdenkt. Eine Antwort gibt gleichzeitig Informationen über die damaligen Umstände und die Strategien des Unternehmers bei der Entscheidungsfindung.

Wie man von der Vergangenheit in die Zukunft gelangt

Haben Sie den Unternehmer bereits dafür sensibilisiert, dass Wertpapiere eine lohnenswerte Alternative zu Immobilien sein können, gilt es nun, ihn auf zwei Arten davon zu überzeugen, von einem Immobilien- auf ein Wertpapiervermögen umzusteigen beziehungsweise sogar bestehende Immobilien zu verkaufen und stattdessen Wertpapiere zu kaufen:

  • Emotional: Der Unternehmer braucht eine glaubwürdige Story für den Umstieg, die etwa zu seinem Alter und Vermögen passt. 
     
  • Rational: Der Unternehmer braucht handfeste Argumente für oder gegen die beiden Investitionsoptionen, die er aus Unternehmersicht bewerten kann. 

Punkt Nummer eins lässt sich vergleichsweise einfach über Zahlen bewerkstelligen, die wiederum zu den persönlichen Umständen des Unternehmers passen sollten. Ein Beispiel: 1990 war die BMW-Stammaktie noch umgerechnet sieben Euro wert (damals noch in DM, versteht sich). Heute steht sie bei etwa 90 Euro.

Das sind 83 Euro Kursgewinn und etwa zwei Euro Dividende. Zwei Euro auf sieben Euro sind laufende Einnahmen von 25 Prozent, und das ganz ohne Kursgewinn. Mit einem solchen Return on Investment sprechen Sie die Sprache des Unternehmers und haben die Chance, ihn vom Wert der Wertpapiere zu überzeugen.

Punkt zwei kann ebenfalls mit Fakten bewerkstelligt werden, allerdings ist dazu eine noch stärkere Ausarbeitung notwendig. Ich empfehle hier immer, Tabellen mit den Vor- und Nachteilen der beiden Anlageformen zu erstellen. So hat der Unternehmer auf einen Blick alle wichtigen Fakten vor sich.

Die angesprochenen Punkte werden selbstredend wieder an die Anforderungen und Umstände des Unternehmers angepasst. Zur Verdeutlichung einige allgemeingültige Punkte als Impuls:

 

 

Ich empfehle, hier Punkte herauszusuchen und zu ergänzen, von denen Sie wissen, dass sie für den Unternehmerkunden besonders relevant sind. Für viele Unternehmer ist es beispielsweise schwierig, die Kontrolle über das eigene Vermögen abzugeben, wie in meinem vorigen Podcast diskutiert wurde.

Dieser Minuspunkt bei Wertpapieren hat also ein noch größeres Gewicht für die Kontrollfans unter Ihren Kunden, während für andere insbesondere die schwankenden Potenziale auf Basis der aktuellen Immobilientrends relevant sind, die ich in meinem zweitägigen Live-Online-Workshop Private Banking für Unternehmerfamilien anhand der zehn aktuell größten Trends nachzeichne.

Stark bleiben zahlt sich aus

Machen Sie sich darauf gefasst, dass das von Ihnen erstellte Wertpapierportfolio vom Unternehmer immer etwas unfair behandelt werden wird. Diejenigen mit Erfahrung auf dem Gebiet, wissen genau, wovon ich spreche: Sie haben einen hervorragenden Zehn-Jahres-Plan mit dem Familienunternehmer ausgearbeitet und auf den Weg gebracht.

Sie haben ihm sogar erklärt, dass der Wert des Portfolios zunächst schwanken kann und er hat zugesagt. Und dann ruft er doch schon nach einem halben Jahr bei Ihnen an und fragt, wie es denn sein könne, dass das Wertpapiervermögen um drei Prozent gesunken ist.

Da können Sie natürlich dagegenhalten, dass Schwankungen ganz normal sind, dass der Immobilienwert auch gerade um denselben Prozentsatz gesunken ist. Und der Unternehmer wird Ihnen nur dagegenhalten: „Ach, über kurz oder lang sind Immobilien doch immer stabil!“

Vergessen Sie also nicht: Immobilien haben den Vorteil, dass sie für den Unternehmer anfassbar sind und deshalb weniger wie Kontrollverlust wirken. Deshalb wird er sie immer als sicherer empfinden als Wertpapiere, selbst wenn beide Optionen aktuell schwächeln.

Wieder einmal zählt an dieser Stelle der subjektive Wohlfühlfaktor. Dieser sorgt nicht nur dafür, dass Sie sich in einer Finanzwelt positiv abheben, in der sich Produkte, Dienstleistungen und Preise immer stärker ähneln – er sorgt auch dafür, dass sie derartige kleine Panikattacken durchstehen können. Denn vertraut der Unternehmer Ihnen, fällt es ihm auch leichter, Schwankungen zu verkraften, bis der Kurs wieder nach oben geht.

Wertpapiere – Argumente müssen zum Kunden passen

Möchten Sie als Berater Ihren Unternehmerkunden Wertpapiere ans Herz legen, gilt es zunächst eine Reihe von Widerständen zu überwinden, von der natürlichen Präferenz der Unternehmer für handfeste Investitionsobjekte bis zum Unwillen, die Kontrolle über die Geldanlage abzugeben.

Mit den passenden sachlichen Argumenten und emotionaler Einfühlsamkeit lassen sich jedoch auch diese Hürden nehmen. Adaptieren Sie die hier vorgestellten Argumente und Gesprächsstrategien gemäß der Kundentypologie und Sie werden sehen, dass Sie doch den einen oder anderen zum Nach- und Umdenken in Bezug auf Wertpapiere und Immobilien bringen werden.

Der Beitrag ist im Versteher-Magazin von Berater Dirk Wiebusch erschienen und wurde für die Veröffentlichung leicht bearbeitet. 

Dirk Wiebusch, Berater
– 23. Juni 2021