Zurück
BBL_Multikanalstrategie
Kunden erfolgreich an jedem Ort abholen
Der Zugang zur Sparkasse muss flexibel sein – immer und auf allen Kanälen. Die Braunschweigische Landessparkasse hat dafür ein spezielles Multikanalangebot entwickelt.

„Wir sind dort, wo Sie sind! Online Beratung bequem von zu Hause aus. Papierlos. Persönliche Beratung. Erweiterte Beratungszei­ten. Auch samstags erreichbar.  Der Service in den Filialen steht Ihnen weiter zur Verfügung.“ So oder ähnlich beschreiben viele Sparkassen, aber auch andere Finanzdienstleister ihre digitalen Angebote.

Wir alle erfahren gerade einen drastischen Wandel von der telefonischen Hotline hin zur Multikanalberatung. Dieses sperrig klingende Wort be­schreibt die Vernetzung sämtlicher Angebote an Dienstleistungen. Vertrieb und Service haben sich bei allen Finanzdienstleistern in den letzten Jahren massiv gewandelt. Ein wesentlicher Treiber dafür war und ist die Digitalisierung.

Die Möglichkeiten reichen von vollkommen neuen Erkenntnissen aus der Analyse der Daten der Kunden bis hin zu ganz anderen Formen der Dar­stellung von Angeboten und wesentlich flexiblerer Interaktion. Auch das veränderte Verhalten der Kunden verlangt eine gänzlich neue Ausrichtung.

Kunden erwarten Beratung inzwischen dann, dort und so, wie sie es wollen – flexibel, komfortabel und qualitativ 1a. Die Zukunft heißt des­halb: Kundenzentrierter Multikanalvertrieb, in dem der Kunde alle Leistungen sowohl auf allen Online-Kanälen, auf Wunsch aber auch vor Ort erhalten kann. Das geht nur, wenn alle Vertriebskanäle übergreifend auf den Kunden ausgerichtet werden.

Hier finden Sie weitere Beiträge aus den Betriebswirtschaftlichen Blättern (BBL)

⇒ Infotipp: Setzen Sie auf diesen Link ein Bookmark – und Sie haben jederzeit einen Überblick über die Betriebswirtschaftlichen Blätter.

Die riesigen Nutzungszahlen sozialer Medien und die allgemein hohe Internet-Affinität vor allem jüngerer Kunden haben eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung geschaffen. Viele Kunden kennen und nutzen schon lange die digitalen Angebote anderer Branchen und erwarten natürlich ein vergleichbares Spektrum an Möglichkeiten auch von ihrer Sparkasse. Noch einmal stark angeschoben worden ist diese Entwicklung durch die explosive Erweiterung der Online-Aktivitäten in der Corona-Krise.

Multikanalangebote sind ein Muss

Sparkassen müssen künftig unabhängig vom Vertriebskanal denken und handeln. Erfolgreiche Multikanalangebote sind integriert – von der Stra­te­gie über die Beratung bis zum Produkt. Für die Sparkasse und für den einzelnen Kundenberater wird es unerheblich, über welche Vertriebs­kanäle ihre Kunden die Produkte und Dienstleistungen in Anspruch nehmen.

Im Mittelpunkt des Denkens und Handelns stehen die Wünsche des Kunden. Wichtige Voraussetzung ist natürlich auch die Transparenz über Erträge und Kosten in den einzelnen Vertriebskanälen. Die ganzheitliche Betrachtung des Kunden nach der Philosophie des S-Finanzkonzepts muss kanalübergreifend und integriert möglich sein. Das ist das Fundament der Kundenbeziehung auch in der neuen Welt.

Kunden erwarten unabhängig vom Vertriebskanal die einheitliche Gestal­tung der Produkte, der Preise und gut koordinierte Prozesse. Sie ent­schei­den – mitunter immer wieder neu –, welchen Kanal sie nutzen wollen.

Sie erwarten ein nahtloses Zusammenspiel zwischen den einzelnen Ka­nälen. Jeder Ansprechpartner sollte sofort über alle relevanten In­forma­tionen verfügen, Service und Beratung Online funktionieren dann ebenso gut wie vor Ort.

Den Filialen kommt in diesem Szenario eine neue Bedeutung zu – digi­tale Kontakte werden verknüpft mit Präsenzterminen. Weniger ist mehr: Das Filialnetz darf weitmaschiger sein, muss dafür aber mit einer beson­de­ren Qualität aufgeladen werden.

Braunschweigische Landessparkasse bündelt Aktivitäten

Die Braunschweigische Landessparkasse (BLSK) ist die Sparkasse für die zu Niedersachsen gehörenden Teile des ehemaligen Landes Braunschweig. Sie ist als „Anstalt in der Anstalt“ Teil der Nord/LB. Rund 760 Mitarbeiter betreuen 292.000 Kunden. Die BLSK hat 6,2 Milliarden Euro an Kundeneinlagen, knapp sieben Milliarden Euro Bilanzsumme und rund 13 Milliarden Euro Kundenvolumen (Aktiv, Passiv und Wertpapier).

Zum Ziel gesetzt haben wir uns, die Leistungen für die Servicekunden zu zentralisieren. Durch Standardisierung und Automatisierung sollte die Effizienz deutlich gesteigert werden. Die Aktivitäten sind in der 2015 neu eingerichteten Abteilung „BLSK.direkt“ gebündelt worden. Eine der strategischen Ideen war, Servicekunden zentralisiert mit Hilfe standardisierter Services und Produktpaletten für den Grundbedarf zu betreuen (vgl. dazu Abb.1).

Zudem hat die Sparkasse diese Maßnahme als Einstieg verstanden, um alle Dienstleistungsangebote für alle Kundensegmente zu standar­disie­ren: zunächst auf der Privatkundenseite zwei Jahre später auch auf der gewerblichen.

Im Unterschied zu vielen anderen Häusern ist die BLSK über diese Serviceseite in die medialen Dienstleistungen eingestiegen – zum Start zunächst ohne Angebote im Vertrieb. Auf diese Weise sind verbunden mit einer deutlichen Neustrukturierung des Filialnetzes sehr stark spür­bare Synergien entstanden.

Betreuungsrelation deutlich besser

Ein Beispiel: Die Betreuungsrelation der Servicekundenberater hat sich zwischen Filiale und Service Center von 1:3 auf 1:8 verändert. Ähnliche Effekte sind bei den Allokationen oder den Fallhäufigkeiten erkennbar. Schnell hat sich gezeigt, dass mehr Kunden als erwartet Interesse daran hatten, (Online)Dienstleistungsangebote über mediale Kanäle zu nutzen.

Konstant wollten sich zwei von drei Nutzern aus den Segmenten Privat­kunden aufwärts beraten lassen und auch Abschlüsse tätigen. Darum ist das Angebot in diesem Bereich in den vergangenen Jahren schnell ausgebaut worden.

Alles in allem wird Kunden aktuell eine hochwertige Beratung gemäß Finanzkonzept in 36 Filialen und acht Sparkassenwelten (so heißen bei der BLSK die Hauptstellen in den jeweiligen Regionen) angeboten. An ausgewählten Standorten gibt es Angebote im Private Banking sowie für Immobilien- und Firmenkunden. Dieser stationäre Vertrieb betreut etwa 185.000 Kundenverbünde.

Gegenwärtig gibt es für Kunden über die BLSK.direkt (rund 70 Mitarbei­ter) Inbound sowie Service mit einem Kunden- (zwei Teams) und einem Business-Servicecenter. Hier werden für die jeweilige Kun­den­gruppe alle Services angeboten und abgewickelt sowie die Geschäfts- und Servicekunden betreut.

Das Team der Direkt.Beratung (Outbound/Produkte) bearbeitet dagegen die Internetfilialaufträge, übernimmt den digitalen Vertrieb (und bear­bei­tet Produktanträge) und kümmert sich um die Outbound-Tele­fonie. Die besonderen Vorteile dieses Angebots für die Kunden beschreibt die BLSK als „Berater in der Hosentasche“.

Betreuungspotential deutlich höher

Alle Bankgeschäfte sind bequem von überall möglich – und zwar zu jeder Uhrzeit über Internet, E-Mail und Chat sowie per Telefon (verlän­gerte Öffnungszeiten) von 08.00 bis 18.00 Uhr. Die Kunden werden überwiegend von ausgebildeten Sparkassenberatern kompetent betreut.

Die BLSK.direkt in Zahlen: Zwei Gruppen betreuen 101.000 Verbünde mit KUST-Funktion sowie 175.000 Filialverbünde in der reinen Service-Funktion. Im Business-Servicecenter werden mit KUST-Funktion 3.500 GSK-Verbünde, 3.000 Vereine und 10.000 gewerbliche Verbünde in der Service-Funktion betreut.

In der Direkt.Beratung haben wir uns bewusst gegen eine KUST-Funktion entschieden. Unerwünscht ist ein kompe­titives Modell im Wettbewerb um den Kunden mit den Filialen.

Es gibt kein „Mein Kunde“ versus „Dein Kunde“, sondern nur ein „Unser Kunde“. Und zwar über alle Kanäle hinweg und unabhängig davon, ob die Initiative zum Kontakt vom Kunden oder von der Sparkasse ausgeht. Wichtig ist, dass die BLSK insgesamt am jeweiligen Kontaktpunkt die bestmögliche Qualität abliefert – unabhängig von einer „kundenbetreuen­den Stelle“.

Eine Multikanalstrategie kann nach Ansicht des Autors nur gelingen, wenn die Kanäle auch wirklich miteinander verzahnt sind. Innerhalb der BLSK werden Erträge und Vertriebsergebnisse doppelt abgebildet, so­wohl für die kundenbetreuende Stelle als auch für die abschließende Einheit. Diese Lösung ist erfahrungsgemäß wichtig für die notwendige Akzeptanz und damit für den Erfolg.

Das Angebot wird seither mit spürbarem Erfolg vermarktet: Insgesamt hat sich die Kundennachfrage zwischen 2016 und 2020 nahezu verdop­pelt. Die Zufriedenheit der Kunden bleibt kontinuierlich auf einem sehr hohen Niveau.

Weitere Synergien konnten durch verbesserte Arbeitsabläufe sowie Prozessoptimierungen erzielt werden. Gemessen am Ertrag aus dem Vertrieb etwa von Konsumentenkrediten im Jahr 2020 ist die Direkt.Beratung die erfolgreichste „Filiale“ der BLSK.

Berater als Vorreiter

Inzwischen unterstützt die Sparkasse alle Filialen offensiv mit den Fachbe­ratern in der Direkt.Beratung. Zum einen werden dabei (Online) Vertriebsaufgaben umgesetzt. Sich daraus ergebende Cross-und Up-Selling-Ansätze werden ebenfalls weiterverfolgt. Unterstützt wird die Tätigkeit durch Videoberatung, wobei dafür generell vorhandene Metho­denkompetenzen eingesetzt werden.

Die Fachberater übernehmen aber vor allem die Vorreiterrolle. Sie sind die (besten) Botschafter des Konzepts „Multikanalberatung“ in den Filialen. Sie zeigen, dass es geht und wie es geht. Durch ihr Vorbild motivieren sie vor allem die Kollegen vor Ort.

Das reibungslose Miteinander ist vor allem deshalb gelungen, weil eine mögliche Konkurrenz um den Kunden von Beginn an vermieden wurde. KUST und Primärberater für den Kunden bleiben unverändert. Alle Erfolge werden in der Ergebnisrechnung auf die Ziele der Filiale angerechnet.

Auch darum werden die eingesetzten Multikanalberater nicht als Konkurrenz, sondern als Unterstützung wahrgenommen. Natürlich kann man unabhängig davon in den Reportings erkennen, auf welchem Weg das Produkt zum Kunden gekommen ist und wer es verkauft hat.

Kunden akzeptieren Multikanal

Kunden lassen sich nicht steuern, man kann ihnen nur Angebote ma­chen. Die BLSK stellt jedoch zunehmend fest, dass Online-affine Kunden generell offen sind Beratungsangebote via Videochat.

Aktuell werden Kunden vom Primärberater auf die Option einer Multika­nal­beratung hingewiesen. Diese Kunden werden aktiv übergeleitet. Künftig können sie dann gezielt über alle digitalen Kanäle kontaktiert und beraten werden. Das ist der Status quo.

Zielbild ist der Aufbau der Multikanalberatung im stationären Vertrieb. Die Direkt.-Fachberater bilden bis dahin gezielt einzelne Berater vor Ort aus – zunächst in Pilotfilialen. Diese werden durch ausgewählte Schulungspakete und Hospitation zum Multikanalberater qualifiziert. Gleichzeitig werden die technischen und konzeptionellen Voraussetzungen geschaffen, um die Multikanalberatung als einen Baustein des Vertriebs zu verankern.

Die Nachfrage entwickelt sich konstant positiv. Durch die Corona-beding­ten Einschränkungen im öffentlichen Leben ist die Nachfrage nach qualifizierter Beratung per Video noch einmal gestiegen. Es wird viel ausprobiert – in der BLSK und bei den Kunden ist ein „Pioniergeist“ zu spüren.

Auch die Kundenzufriedenheit ist konstant hoch. Auch 2020 sind alle Einzel­ziele teilweise deutlich übertroffen worden. Bei BLSK-Befragungen haben insgesamt mehr als 80 Prozent in der „Top Box“ geantwortet, d.h. sie waren „zufrieden“ oder „sehr zufrieden“.

Die Erreichbarkeit ist neben der Zufriedenheit ein wesentlicher Steuerungsparameter. Über die Jahre hat sich das Institut in diesem Punkt konstant gesteigert – im Jahr 2020 lag der Wert bei 86 Prozent.

Multikanal fordert Mitarbeiter

Mitarbeiter können die Veränderungen gut meistern, wenn die technolo­gi­schen Kompetenzen und die besonderen erforderlichen Fähigkeiten gezielt geschult werden. Im Team sind deshalb sechs Mitarbeiter zum „Fachberater.Direkt“ (= Multikanalberater) ausgebildet worden (vgl. dazu Abb. 2).

Es sind solche Personen ausgewählt worden, die formal über die Quali­fika­tion als Sparkassenfachwirt und den WPHG-Nachweis Anlageberater verfügen. Vor allem sollten sie sich als kunden- und vertriebsorientiert bewiesen haben.

Inhaltlich wurden ihnen neben den Kenntnissen der relevanten Produkte und Prozesse im Multikanalangebot der BLSK die erforderlichen Kompe­tenzen im Einsatz der Technik sowie die beson­deren Kom­munikationsfähigkeiten für den Einsatz im Multikanalangebot vermittelt. Sie verfügen damit alle über die Qualifikation zur Multikanalberatung.

Der Sparkassenverband Niedersachsen definiert die Tätigkeit wie folgt:

  • Der Multikanalberater ist ein Kundenberater mit umfassenden Kennt­nissen im Fernabsatzgesetzt sowie praktischer Erfahrung in der Durch­führung von Beratungsgesprächen per Video. Dazu gehört die profes­sionelle Vorbereitung des Gesprächs – inhaltlich und technisch – sowie die Durchführung der Beratung einschließlich Softlegitimation bis hin zum fallabschließenden Produktabschluss.

Multikanalberater haben die Aufgabe, nach dem S-Finanzkonzept zu beraten. In der Anlageberatung verkaufen sie Produkte aus der definierten Sollproduktpalette an Multikanalkunden. Darüber hinaus sollen sie inaktive Kunden reaktiveren und auch aktiv die Akquise von Neukunden betreiben. Bei speziellem Bedarf werden die Kunden an Spezialisten im Haus übergeleitet.

Die digitale Arbeit erfordert in besonderem Maße Selbstorganisation und Eigeninitiative, strukturierte Arbeitsweise und Flexibilität – all das hat aber fast jeder Mitarbeiter in den vergangenen Monaten durch die Corona-erzwungene Arbeit im Homeoffice erfahren und praktiziert.

Geplant ist, dass bis 2023 in allen Filialen qualifizierte Multikanalberater arbeiten. Bis dahin werden ausreichend viele Privat- und Individualkun­den­berater mit der entsprechenden Methodenkompetenz ausgestattet sein.

Neben der Unterstützung des Verbands durch Schulungen wirken be­reits aktive Multikanalberater als „Botschafter“ vor allem in der Fläche: Sie sollen als Multiplikatoren wirken und Hospitationen anbieten. Geplant ist sogar eine Intranet-basierte „Multikanal-Community“, um sich gegenseitig zu unterstützen.
 

Werner Schilli (BLSK): „Die Multikanal-Sparkasse ist ein wichtiger Vorteil der BLSK im Wettbewerb. “

„Die ab 2014 ohne externe Beratung ausschließlich von den Mitarbeiten­den konzipierte BLSK.direkt war der Start zur kontinuierlichen Entwicklung in Richtung „Multikanal-Sparkasse“. Laut Zielbild werden alle Kun­den universell bedient – und zwar vom gesamten Haus. Das wird eines der Alleinstellungsmerkmale der BLSK sein – von der ganz persönlichen empathischen Beratung bis hin zum schnellen höchst komfortablen Service-Klick“, lautet das Fazit von Werner Schilli, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der BLSK.

Fazit

Mit einem Multikanalvertrieb lassen sich Kunden hervorragend anspre­chen. Vom Service bis zum Vertrieb reagiert der Markt sehr positiv auf den eingeschlagenen Weg der Sparkasse. Die Beratung wird mit ausgezeichnet bewertet und rege genutzt. Durch gezielte Steuerung lässt sich hohe Akzeptanz erreichen. Gezielt wird in die Fortbildung der Mitarbeiter investiert. Durch geeignete Maß­nahmen ist es gelungen, in der Fläche die Bereitschaft für diesen Weg zum Kunden zu erhöhen.

Autor
Lars Dannheim ist Bankdirektor bei der Braunschweigischen Landes­sparkasse. Er leitet BLSK.direkt – das mediale Leistungsangebot des Instituts.

Hier finden Sie weitere Beiträge aus den Betriebswirtschaftlichen Blättern (BBL)

⇒ Infotipp: Setzen Sie auf diesen Link ein Bookmark – und Sie haben jederzeit einen Überblick über die Betriebswirtschaftlichen Blätter.

Lars Dannheim
– 24. Februar 2021