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Chefvolkswirte – Positionen
Lockdown durchhalten – dritte Welle verhindern
Die Volkswirte der Sparkassen-Finanzgruppe unterstützen den Beschluss der Bundesregierung, den Lockdown zu verlängern und zu vertiefen.

Die pandemische Lage ist nach wie vor sehr angespannt. Vor diesem Hintergrund haben die Bundeskanzlerin sowie die Regierungschefs und Regierungschefinnen der Länder eine Verlängerung und Vertiefung des Lockdowns bis Ende Januar 2021 beschlossen.

Die Volkswirte der Sparkassen-Finanzgruppe unterstützen diesen Beschluss aus wirtschaftspolitischer Sicht. Das Infektionsgeschehen kann – auch mit Blick auf die neuen Mutationen des Virus – nur über das Verhalten der Menschen deutlich stärker zurückgeführt werden.

Zugleich ist positiv hervorzuheben, dass die wirtschaftliche Aktivität durch den Beschluss nicht weiter deutlich abgebremst wird.

Verlässlichkeit bleibt oberste Priorität

Das Infektionsgeschehen konnte bisher deutschlandweit noch nicht wieder auf ein Niveau gesenkt werden, auf dem eine Kontaktnachverfolgung durch die Gesundheitsämter gesichert wäre. Dies ist aber die Grundvoraussetzung für eine verantwortungsvolle Erweiterung der Kontakte.

Die Volkswirte der Sparkassen-Finanzgruppe bewerten daher im Lichtblick einer wirtschaftspolitisch steten und an Regeln gebundenen Politik den aktuellen Beschluss: Verlässlichkeit bleibt in dieser Situation oberste Priorität. Dies gilt insbesondere für die Fortführung der wirtschaftspolitischen Unterstützungen.

Für die nächste Entscheidung am 25. Januar 2021 sind je nach Entwicklung der pandemischen Lage – die entscheidend vom Verhalten der Menschen abhängt – eine Beibehaltung, eine weitere Verschärfung oder eine Lockerung der Maßnahmen denkbar.

Umfassenden Lockdown gilt es zu vermeiden

Ein umfassenderer Lockdown wie im Frühjahr 2020 sollte jedoch auch im Verlauf vermieden werden. Nicht nur aus ökonomischer, sondern auch aus pandemischer Sicht scheint eine Verschärfung der Maßnahmen im industriellen Sektor nicht notwendig zu sein.

Die Industrie ist in Deutschland ein wichtiges Rückgrat der wirtschaftlichen Aktivität. Auch unter den gegenwärtigen Umständen erholt sie sich weiter und hilft, die Realwirtschaft zu stabilisieren. Ein vergleichbar dramatischer Einbruch der Konjunktur wie im letzten Frühjahr ist so jetzt im ersten Quartal 2021 nicht zu erwarten.

Hierzu tragen sicherlich auch gleichlaufende Erholungsprozesse im internationalen Umfeld – die insbesondere mit Blick auf China erstaunlich gut verlaufen – bei. Dies reflektieren auch die Börsen und aktuelle Stimmungsindikatoren. Parallel ist es wichtig, den globalen Warenverkehr offenzuhalten, um auch mit internationalen Impulsen die Chance auf ökonomische Erholungsprozesse zu wahren.

Impfbereitschaft gilt es zu stärken

Neben dem strikten Einhalten der Hygieneregeln und der Kontaktreduktion steht mit den startenden Impfungen nun ein weiteres wirksames und vor allem nachhaltiges Instrument zur Überwindung der Pandemie zur Verfügung.

Es sollte daher auch aus ökonomischer Sicht alles darangesetzt werden, mit Anreizen die Impfbereitschaft in der Bevölkerung zu stärken. Ein geimpfter Bürger zeigt Solidarität mit seinen Mitmenschen alleine schon mit Blick auf das Gesundheitssystem und kann ökonomische Freiheiten wieder nutzen, ohne andere zu gefährden.

Gut ist es auch, dass die Impfstoffproduktion jetzt zur Chefsache erhoben wurde. Jeder Tag zählt, an dem mehr Menschen geimpft werden können und damit wieder die Grundlage für mehr wirtschaftliche Eigenverantwortung geschaffen wird. Staatliche Unterstützungen haben in der Krise ihre Berechtigung, sollten aber nicht zum Normalfall werden.

Auch gilt es, die Wirksamkeit der Corona-Warn-App weiter zu stärken, um hierdurch das Infektionsgeschehen verlässlicher nachverfolgen und eindämmen zu können. Mit Impfungen und striktem Einhalten der Hygieneregeln besteht dann die Chance auf eine dauerhafte und deutliche Erholung der ökonomischen Lage ab dem zweiten Quartal 2021 sowie die Normalisierung des öffentlichen Lebens.

Verschärfter Lockdown war absehbar

Die Verlängerung des Lockdowns bis Ende Januar hatten wir bei unserer Prognoseanpassung im Dezember als sehr wahrscheinlich angesehen. Helaba Research erwartet für das deutsche Wirtschaftswachstum in 2021 weiterhin einen Zuwachs von 4,2 Prozent.

Nun ist klar: Der seit 16. Dezember 2020 geltende harte Lockdown wird bis zunächst 31. Januar 2021 verlängert. Wir hatten dies bereits am 18. Dezember 2020 als sehr wahrscheinlich angesehen und unsere Wachstumsprognose für Deutschland von fünf Prozent auf 4,2 Prozent in diesem Jahr herabgesetzt.

Auch die Verschärfung der Kontaktbeschränkungen und die Einschränkungen des Bewegungsradius in Kreisen mit sehr hoher Corona-Inzidenz erfordern nun keine weitere Anpassung. Unterstellt ist allerdings, dass die Schließungen des Einzelhandels und von Teilen der Dienstleistungsunternehmen nicht im gesamten ersten Quartal 2021 bestehen bleiben.

Aufholprozess beginnt noch vor April

Die zunehmenden Impfungen sollten schrittweise Öffnungen und damit einen beginnenden Aufholprozess noch vor April ermöglichen. Bereits das dritte Quartal 2020 mit seinem starken Anstieg des Konsums von 10,8 Prozent gegenüber den drei Monaten zuvor hatte gezeigt (Q2: -11,1 Prozent), wie stark der Aufholprozess ausfällt, wenn Beschränkungen aufgehoben werden. Mit derartigen Effekten ist in diesem Jahr erneut zu rechnen.

Die Monatsindikatoren für das vierte Quartal 2020 sind bislang positiv ausgefallen. Treiber ist zurzeit die Industrie. Der Einkaufsmanagerindex erreichte im Dezember 2020 einen Spitzenwert von 58,3 Punkten und die Produktionsdaten signalisieren sowohl für das verarbeitende Gewerbe als auch für den Bau ein deutliches Plus im vierten Quartal 2020 gegenüber den drei Monaten zuvor.

Starke Einzelhandelsumsätze als Lichtblick

Schrumpfen dürfte die Wertschöpfung der Dienstleister in der Summe. Gleichwohl ist die Situation in diesem Sektor differenziert. Der Einkaufsmanagerindex notiert mit 47,7 Punkten deutlich höher als im Frühjahr 2020.

Die Einzelhandelsumsätze waren sowohl im Oktober als auch im November sehr stark, sodass auch bei rückläufigen Verkäufen im Weihnachtsgeschäft mit einem realen Umsatzplus gegenüber dem dritten Vierteljahr gerechnet werden kann.

Insgesamt dürfte das Bruttoinlandsprodukt in den letzten drei Monaten des alten Jahres nur marginal geschrumpft sein. Der Lockdown war zu kurz, um zu stärkeren Negativeffekten zu führen.

Damit ist das Ausgangsniveau der deutschen Wirtschaftsleistung zu Jahresbeginn recht hoch. Selbst eine Stagnation im gesamten Jahr 2021 würde zu einem BIP-Wachstum von rund einem Prozent führen.

Die Bekanntgabe der ersten BIP-Schätzung für das Jahr 2020 durch das Statistische Bundesamt am 14. Januar 2021 wird einen Rückschluss auf den Verlauf der letzten drei Monate des alten Jahres sowie des statistischen Überhangs für 2021 zulassen.

Autoren: Stefan Mütze (Helaba), Reinhold Rickes (DSGV),  Sonja Scheffler (DSGV), Gertrud Rosa Traud (Helaba).

8. Januar 2021