Podiumsgäste bei der gemeinsamen Diskussionsveranstaltung von Kreissparkasse Göppingen und der Evangelischen Akademie Bad Boll waren die Transformationsforscherin und Professorin Maja Göpel, Wirtschaftswissenschaftler Professor Lars P. Feld, Nicole Razavi MdL, Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen des Landes Baden-Württemberg und Peter Schneider, Präsident des Sparkassenverbands Baden-Württemberg.
„Die Pandemie und die Klimakrise zwingen uns zum Handeln“, sagte zum Auftakt Hariolf Teufel, Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Göppingen. Gesellschaftliche und politische „Kipppunkte“ erforderten ein schnelles Reagieren.
„Was wollen, was sollen, was dürfen wir angesichts der schlimmer werdenden Klimakrise?“, fragte Professor Jörg Hübner, Direktor der Evangelischen Akademie Bad Boll. Die Antworten dieses Abends waren teilweise kontrovers.
„Jede wissenschaftliche Perspektive ist nur ein Ausschnitt der Realität“, sagte Transformationsforscherin Maja Göpel in ihrem Impulsvortrag. Wissenschaft und Wirtschaft müssten ihre Prämissen prüfen. Das Bruttoinlandsprodukt sage noch nichts über Nachhaltigkeit aus. Die Wirtschaft arbeite zurzeit unökonomisch: „Bevor wir von Erfolg reden, müssen wir auch die Schäden einberechnen.“
Göpel verwies auf die bereits 1972 vom Club of Rome formulierten Kriterien des Wachstums. Ökologisch bewusstes Wirtschaften gelte noch immer als monetärer Kostenfaktor, doch das Gegenteil sei der Fall: „Ins Ökosystem zu investieren, ist eine Multigewinnstrategie“, so Göpel.
„Wenn wir etwas verändern wollen, müssen wir in der Umsetzung besser werden“, sagte Ökonomieprofessor Lars P. Feld. Die öffentliche Verwaltung sei nicht in bestem Zustand, weder in den Ämtern noch im Gesundheits- und Bildungssektor.
Als Vorbild nannte Feld Südkorea. Während der Coronakrise seien hier die Möglichkeiten digitaler Nachverfolgung intensiver genutzt und es sei systematischer geimpft worden.
Ökonom Feld: Rundfunkgebühren zurückerstatten, um sozial Schwache zu entlasten
Mit Blick auf den Klimawandel forderte Feld, die CO2-Bepreisung mindestens zu verdoppeln: „Preise sorgen dafür, dass Veränderungen sich durchsetzen.“
Im Gegenzug müsse ein Ausgleich für sozial Schwache geschaffen werden. Weil die Verwaltung das zurzeit nicht leisten könne, sei eine Rückerstattung von Rundfunkgebühren die beste Lösung, so Feld: „Die GEZ hat wenigstens die Informationen über die Haushalte.“
Zuversichtlich zeigte sich der Wirtschaftswissenschaftler bei den technischen Innovationen. Hier liege der Schlüssel zur Lösung. Ebenso wichtig sei es, international gemeinsam zu agieren. Der Klimawandel sei nur zu stoppen, wenn auch Indien und China mitmachten.
Peter Schneider: Forderungen zur Nachhaltigkeit für Sparkassen nur zum Teil realisierbar
Peter Schneider kritisierte, einige Forderungen zur Nachhaltigkeit seien für die Institute kaum zu realisieren: „Ich bin nicht gegen ihre Forderungen“, sagte Schneider zu Maja Göpel, „aber ich bitte um Hilfestellung und Klarstellung und somit Verlässlichkeit bei der praktischen Umsetzung.“
Es sei für Sparkassen zurzeit kaum möglich, alle Anlageprodukte restlos zu durchleuchten. Ähnliches gelte für Kreditnehmer: „Ich kann nicht garantieren, dass am Ende in einem Betrieb nicht doch mit Schrauben gearbeitet wird, die in Kinderarbeit hergestellt wurden“, sagte Schneider.
„Ökonomie und Ökologie sollten nicht konträr diskutiert werden, sondern sind zwei Seiten einer Medaille“, sagte Ministerin Nicole Razavi. Das Land Baden-Württemberg habe in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, dass es die richtigen Antworten auf die Herausforderungen der Zeit finden könne: „Wir sollten auf unser Können vertrauen.“ Das Publikum stellte vor Ort und im Online-Chat viele Fragen, die offenbleiben mussten.