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Planspiel Börse
Traumrenditen mit Pennystocks
Ausgerechnet im Coronajahr 2020 haben die Jungbörsianer die höchsten Renditen seit zehn Jahren erspielt. Oder vielleicht gerade deshalb...?

Man muss schon länger in den Annalen von Europas größtem Börsenlernspiel blättern, bis man auf das letzte Rekordjahr stößt. 2010, die Finanzkrise ließ gerade erst nach, war das letzte Jahr, in dem die Jung-Trader Renditen nah der 50-Prozent-Marke erspielten. Zwischen 13 und 38 Prozent waren es in den Jahren danach, nun aber wird die Dekade mit einem neuen Höchstwert abgeschlossen.

„Cum_Ex“ gewinnen in Nachhaltigkeitswertung

74.339 Euro haben „die Aktionäre 2020“ aus Murnau zum Spielende im Depot, das ist eine Rendite von sagenhaften 48,7 Prozent. Auch im Nachhaltigkeitswettbewerb, bei dem nur die Kursentwicklung von Aktien aus dem „grünen“ Index MSCI World SRI berechnet wird, gab es ein Zehnjahreshoch. Hier gewannen „Cum_Ex“ aus Meißen mit einem Depot-Endwert von 69.493 Euro – das sind 39 Prozent. Einen höheren Gewinn hat es seit Einführung der Nachhaltigkeitswertung beim Planspiel Börse noch nie gegeben.

Die erstaunliche Rally hatte sich schon zu Spielmitte angekündigt, denn bereits vor vier Wochen lagen die Depots der späteren Sieger aus Murnau um 31 Prozent im Plus. Gleichfalls ungewöhnlich: Das Schülerteam vom Staffelsee-Gymnasium hat keine einzige der Top-Ten-Aktien im Depot, die in diesem Börsenherbst die größten Zuwächse verzeichneten – wie etwa Snap (plus 87,81 Prozent seit Spielbeginn) oder Nordex (78,64 Prozent).

Fast genauso viel fiktive Gewinne ließen sich nämlich mit den Aktien solcher Unternehmen einspielen, die von Corona besonders stark gebeutelt werden und darum zwischen Abstürzen und Rettungsmaßnahmen eine hohe Volatilität an den Tag legen. So ernteten „die Aktionäre 2020“ alleine 20.000 der insgesamt 24.339 Euro Gewinn durch die infolge der Pandemie teilverstaatlichte Lufthansa und den am Abgrund tänzelnden Reisekonzern Tui.

Studenten setzen auf Thyssen-Krupp-Aktie

Die in diesem Herbst stärkste „grüne“ Aktie aus dem Nachhaltigkeitsindex World SRI war die spanische Banco Bilbao, die seit September um satte 76,74 Prozent zugelegt hat. Spielgruppen, die – wie eben „Cum_Ex“ – die Aktie frühzeitig für 20.000 Euro ins Depot nahmen, hatten am 9. Dezember fast 14.000 Euro mehr auf dem Konto und so durch ein einziges Wertpapier eine Rendite in der Tasche, die schon alleine höher ausfällt als die Gesamtgewinne aller Nachhaltigkeitssieger der letzten zehn Jahre.

Im Studentenwettbewerb fielen die Spielgewinne – auch dies hat es so noch selten gegeben – mal nicht niedriger aus als bei den Schülern. 148.525 Euro sind bei einem fiktiven Startkapital von hier 100.000 Euro 48,5 Prozent Plus, erspielt hat den Gewinn „Error 403“ von der TU Dortmund.

Die Hoffnung, in seinem Depot auf verwertbare Regelmäßigkeiten zu treffen, trügt aber auch hier: Der beste akademische Anleger hat seine Gewinne unter anderem mit dem Wertpapier des schwer angeschlagenen ThyssenKrupp-Konzerns erreicht. Die Aktie ist mit einem Wert von nur noch sechs Euro zwar auf dem Weg zum „Pennystock“, war aber schon mal auf vier Euro verkümmert.

Ein Anstieg um 50 Prozent lässt sich eben auch mit Aktien erreichen, die per se kaum noch einen Wert darstellen, was auf die aktuell kaum höher bepreiste Tui-Aktie, die im Oktober auf gut drei Euro zurückgefallen war, genauso zutrifft.

Azubis aus dem Süden ganz vorne

Die Nachhaltigkeitswertung heimste bei den Jungakademikern „smoke“ von der FH Frankfurt ein. 139.797 Euro aus zuvor 100.000 Euro bedeuten denselben Anstieg um gut 39 Prozent wie bei den Schülern und werden wohl viele Jahre lang die höchste je in diesem Segment erspielte Rendite darstellen.

Bei den Sparkassen-Azubis machten „Die Broker Profis“ von der Sparkasse Freising mit einem Depotgewinn von 29,5 Prozent das Rennen, gefolgt von „Sparplangehtimmer“ (Stadtsparkasse München) und „Nyx“ (Sparkasse Gießen). Noch ein Kuriosum: Im „grünen“ Wettbewerb gab es einen Platztausch, hier gewannen „Nyx“ vor den „Broker Profis“.

Robert Reuter
– 11. Dezember 2020