Zurück
EZB / Finanzstabilitätsbericht
Zentralbank warnt vor überhitztem Häusermarkt
EZB-Vizechef Luis de Guindos sieht trotz Konjunkturerholung Gefahren für die Stabilität des Finanzsystems, insbesondere am Markt für Wohnimmobilien. Auch die wirtschaftlichen Risiken der Pandemie seien nicht ganz verschwunden.

Auf kurze Sicht hätten die mit der Pandemie verbundenen Risiken zwar abgenommen, erklärt die Europäische Zentralbank (EZB) in ihrem jüngsten Finanzstabilitätsbericht. Doch habe das Risiko von Preiskorrekturen insbesondere an Wohnimmobilienmärkten in Ländern zugenommen, in denen die Bewertungen bereits vor der Krise erhöht gewesen seien.

„Die Häusermärkte in der Eurozone sind schnell gewachsen, wobei es wenige Anzeichen dafür gibt, dass es in Reaktion darauf zu einer Straffung der Kreditvergabestandards gekommen wäre“, warnte EZB-Vizechef Luis de Guindos.

Die Notenbank verweist darauf, dass im zweiten Quartal die Häuserpreise im Euroraum so rapide gestiegen seien wie seit dem Jahr 2005 nicht mehr. Zugleich habe sich sogar eine Lockerung der Vergabestandards für Hypothekendarlehen abgezeichnet.

Häuserpreise steigen um rund sieben Prozent: „Ein Grund zur Sorge“

Der starke Anstieg der Häuserpreise von rund sieben Prozent bleibe „ein Grund zur Sorge“, warnt die EZB. Die Banken in der Eurozone erwarten im Herbst-Quartal allerdings leicht verschärfte Vergabestandards für Firmenkredite, wie aus der jüngsten Umfrage der EZB unter 146 Finanzinstituten hervorgeht.

Mit Blick auf die gesamte Wirtschaft sieht die Notenbank nun ein deutlich geringeres Risiko als vor sechs Monaten, dass es in größerem Umfang zu Firmenpleiten kommt oder Banken in die roten Zahlen geraten. „Aber die von der Pandemie ausgehenden Risiken sind nicht komplett verschwunden“, konstatierte de Guindos.

Die Notenbank räumte zugleich ein, dass sich die negativen Effekte der Niedrigzinspolitik für die Geldhäuser „mit der Zeit verschlimmern“ könnten. Aus der Bankenbranche waren zuletzt verstärkt Stimmen zu hören, die Zentralbanken sollten angesichts des starken Preisauftriebs die Abkehr von ihrer ultralockeren Linie einleiten.

Lieferkettenprobleme, steigende Energiepreise

Firmen im Euroraum hätten mit der Wirtschaftserholung im ersten Halbjahr vielfach wieder Gewinne eingefahren, erklärte die Notenbank. Auch deswegen sei das Niveau der Insolvenzen unter dem Niveau von vor der Krise geblieben.

Doch in den von der Pandemie besonders betroffenen Branchen sei es vermehrt zu Pleiten gekommen, und deren Zahl könne noch weiter steigen. Auch die Lieferkettenprobleme und der jüngste Anstieg der Energiepreise könnten eine Herausforderung für die Wirtschaftserholung und den Inflationsausblick bedeuten, so das Fazit. (rtr)

 

EZB-Vizechef Luis de Guindos: „Die Häusermärkte in der Eurozone sind schnell gewachsen, wobei es wenige Anzeichen dafür gibt, dass es in Reaktion darauf zu einer Straffung der Kreditvergabestandards gekommen wäre.“
(Foto oben: dpa)
– 17. November 2021