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ESG-Anleihen
Mehr als ein Modethema
Ein Markt dreht auf Grün: ESG-Anleihen stehen nach Ansicht von LBBW-Research vor einem Rekordjahr.

Auch Covered-Bond-Emittenten haben in den vergangenen Jahren das Marktsegment der nachhaltigen Anleihen für sich entdeckt. Dabei gelten vor allem deutsche Pfandbriefbanken als Impulsgeber und tragen mit ihrem geänderten Emissionsverhalten zu einem nachhaltigen Wandel des Markts bei.

Bereits 2020 erreichte am globalen Anleihemarkt das Volumen nachhaltiger Papiere einen neuen Höchststand: „Ein wichtiger Treiber hierfür ist sicher die Pandemie, die uns gezeigt hat, wie verletzlich unsere globalisierte Welt ist und wie wichtig deshalb soziales und ökologisches Miteinander ist“, sagt LBBW-Analyst Karsten Rühlmann in einer aktuellen Marktstudie der Landesbank.

 

LBBW-Analyst Karsten Rühlmann in seiner Marktstudie: „Die Pandemie hat uns gezeigt, wie verletzlich unsere globalisierte Welt und wie wichtig deshalb soziales und ökologisches Miteinander ist.“

Die hohe Zahl nachhaltiger Corporate-Anleihen zeige, dass auch Unternehmen die Zeichen der Zeit erkannt haben und bereit seien, ihren Teil zum gesellschaftlichen Wandel beizutragen. Aber auch andere Emittenten wie die öffentliche Hand und insbesondere Finanzinstitute emittierten zunehmend nachhaltige Anleihen.

ESG-Volumen könnte in diesem Jahr auf 800 Milliarden Euro steigen

Weltweite ESG-Emissionen im Gegenwert von mehr als 420 Milliarden Euro im vergangenen Jahr dürften nur ein Zwischenschritt zu neuen Rekorden gewesen sein. Mit 339 Milliarden Euro wurden allein schon in den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres mehr als 80 Prozent des Vorjahresvolumens emittiert.

 

Die Zahl nachhaltiger Corporate-Anleihen beträgt mittlerweile 25 Prozent. Das zeigt laut LBBW-Research, dass neben der öffentlichen Hand und Finanzinstituten auch Unternehmen die Zeichen der Zeit erkannt haben.

Eine gewichtige Rolle spielten hier erneut die EU-Sure-Emissionen, die allein 46,1 Milliarden Euro zum Social-Bond-Volumen von 101 Milliarden Euro beitrugen. Aber auch das Segment der Green Bonds wuchs mit Emissionen von insgesamt 173 Milliarden Euro ungewöhnlich stark. Daher wundert es nicht, dass LBBW Research für das laufende Jahr eine erneute deutliche Steigerung des neu emittierten ESG-Volumens auf 700 bis 800 Milliarden Euro durchaus für realistisch hält.

Die LBBW-Experten erwarten, dass neben dem weiteren Anschub durch Social Bonds insbesondere Green Bonds wieder eine überragende Rolle spielen werden. Wichtige Wachstumstreiber sind hier beispielsweise die EU-Taxonomie und der European Green Deal. Aber auch der Wiedereintritt der USA zum Pariser Klimaabkommen und der Klimagipfel im November dieses Jahres in Schottland unterstreichen die Notwendigkeit nachhaltigen Handelns.

Grüne Anlagen im Depot-A: Wirtschaftliche Sicht auf Ganze zählt

Ein klassischer Interessent für nachhaltige Anlagen sind die Sparkassen: „Sparkassen sind per Definition nachhaltig, weil sie an ihrem lokalen Standort in partnerschaftlichem Miteinander verlässlich und auf Dauer angelegt Geschäfte machen“, sagt Josef Gilhaus, Treasurer der Sparkasse Osnabrück.

 

Jedes Institut muss sich dem Thema Nachhaltigkeit stellen, sagt Josef Gilhaus, Treasurer der Sparkasse Osnabrück.

Trotzdem sei er bei der Depot-A-Anlage kein unkritischer Investor in grüne Anlagen, „nach welcher Definition auch immer. Nachhaltigkeit ist zwar ein sehr wichtiges Thema nicht nur der Politik, sondern unter anderem auch der Aufsichtsbehörden, und so muss sich jedes Institut diesem Thema stellen. Aber wir dürfen wegen unserer verschiedenen Anspruchsgruppen auch die wirtschaftliche Sicht auf das Ganze nicht aus den Augen verlieren. Und das ist bei den Green Bonds mit ihren verschiedenen Ausgestaltungen einzelner Tranchen nur sehr schwer zu schaffen“, sagt Gilhaus.

Bei Anleihen nach ESG-Kriterien sorgte der fulminante Jahresauftakt dafür, dass erstmals die Marke von einer Billion Euro durchbrochen wurde. So summiert sich das ausstehende Volumen an ESG-Anleihen über alle Währungen hinweg mittlerweile schon auf 1,3 Billionen Euro. Dabei dominieren mit einem Anteil von zwei Dritteln grüne Anleihen. Der Rest entfällt auf Social- und Sustainable Bonds mit 20 Prozent und 14 Prozent.

 

Das ausstehende Volumen an ESG-Anleihen summiert sich über alle Währungen hinweg  auf 1,3 Billionen Euro. Mit einem Anteil von zwei Dritteln dominieren grüne Anleihen. Der Rest entfällt auf Social- und Sustainable Bonds mit 20 Prozent und 14 Prozent.

Mit Blick auf die Emittenten kommt der größte Teil mit 31 Prozent von staatsnahen Einrichtungen und Schuldenagenturen, auf Staaten selbst entfallen 16 Prozent. Der Unternehmenssektor trägt 25 Prozent zum ESG-Volumen bei. Finanzinstitute liegen mit 28 Prozent auf Platz zwei und haben demnach ESG-Anleihen in Höhe von insgesamt 355 Milliarden Euro ausstehen.

Covered Bonds machen mit 40,1 Milliarden Euro etwa elf Prozent aller von Finanzinstituten emittierten ESG-Anleihen aus. Analog zum Gesamtmarkt werden auch hier mit einem Anteil von 75 Prozent hauptsächlich grüne Assets über die Ausgabe von Green Covered Bonds refinanziert. Allein 11,8 Milliarden Euro – also fast ein Drittel des ausstehenden Volumens – wurde im letzten Jahr emittiert, was ebenfalls ein neues Rekordniveau darstellte.

Mit Emissionen in Höhe von 8,4 Milliarden Euro per Ende Mai 2021 stimmen auch die Perspektiven für das laufende Jahr optimistisch. Am Ende des Jahres könnten laut LBBW-Experte Rühlmann über alle Währungen hinweg 15 Milliarden Euro stehen. Treiber sind neben neuen Marktteilnehmern vor allem bestehende Emittenten, welche an vorherige erfolgreiche Emissionen anknüpfen.

Darüber hinaus dürfte mehr regulatorische Klarheit – beispielsweise im Zuge der EU-Taxonomie – dem Markt neuen Schub verleihen. In Relation zum gesamten ESG-Markt erscheinen diese Zahlen zwar noch gering. Aber perspektivisch dürfte dem Covered-Bond-Markt vor allem mit Blick auf die grüne Refinanzierung sukzessive eine wachsende Bedeutung zukommen.

 

Covered Bonds machen mit 40,1 Milliarden Euro etwa elf Prozent aller von Finanzinstituten emittierten ESG-Anleihen aus.

Immerhin ist der Gebäudesektor für mehr als ein Drittel des weltweiten Endenergieverbrauchs und fast 40 Prozent der gesamten direkten und indirekten CO2-Emissionen verantwortlich. Politische Initiativen wie der European Green Deal und auf nationaler Ebene die Klimapfade der Bundesrepublik Deutschland geben den Weg vor, wie es hier künftig zu Reduktionen kommen soll.

Dem gegenüber stellt der weltweite Covered-Bond-Markt mit einem ausstehenden Volumen von mehr als 2,7 Billionen Euro eines der größten Anleihensegmente dar und bietet damit ein entsprechend großes Potenzial, Investitionen in die richtige Richtung zu lenken. Der deutsche Pfandbriefmarkt nimmt bei ESG-Covered-Bonds eine Vorreiterrolle ein. So emittierte die Münchener Hyp im September 2014 den ersten sozialen ESG-Pfandbrief.

Im April 2015 folgte die Berlin Hyp mit der ersten Emission eines Grünen Pfandbriefs und gab damit den Startschuss für den Green-Covered-Bond-Markt. Die Deutsche Kreditbank (DKB) gilt mit ihren Social-Covered-Bond-Emissionen als erste Emittentin im Euro-Benchmark-Segment, die ihren öffentlich besicherten Deckungsstock für ESG-Covered-Bond-Emissionen nutzte.

 

Der deutsche Pfandbriefmarkt nimmt bei ESG-Covered-Bonds eine Vorreiterrolle ein.

Im Mai 2019 kam zudem von der LBBW der erste in USD denominierte nachhaltige Covered Bond in Form eines grünen Pfandbriefs an den Markt. Mit der Deutschen Hypo ist ein Tochterunternehmen der NordLB im Segment der Green Covered Bonds vertreten. Der deutsche Markt für ESG-Pfandbriefe verteilt sich damit zurzeit auf fünf Emittenten, die insgesamt ein Volumen von 7,2 Milliarden Euro ausstehen haben. Davon entfallen mehr als 86 Prozent oder 6,2 Milliarden Euro auf grüne Pfandbriefe.

Im internationalen Vergleich finden sich deutsche Pfandbriefemittenten somit neben norwegischen und französischen Instituten unter den Top 3 wieder. Mit dem steigenden Angebot nachhaltiger Pfandbriefemissionen reagieren die Emittenten auch auf das zunehmende Investoreninteresse. So beobachtet Rühlmann, dass sowohl institutionelle als auch private Investoren immer stärker ESG-Aspekte in den Vordergrund rückten.

 

Im internationalen Vergleich gehören deutsche Pfandbriefemittenten neben norwegischen und französischen Instituten zu den Top 3.
 

Dies spiegelt sich bei Benchmark-Platzierungen neben geringeren Neuemissionsprämien zudem in größeren und breiteren Orderbüchern wider. So sind hier oftmals neue Investoren zu finden, etwa aus der Gruppe der Kapitalanlagegesellschaften, die bisher im konventionellen Covered-Bond-Segment nicht vertreten waren.

Abseits vom Kapitalmarktgeschäft rückt darüber hinaus die Integration klimabezogener Risikofaktoren in den Fokus der Aufsicht. Damit einher gehen beispielsweise erweiterte Offenlegungsvorschriften, die geplante Einführung ESG-spezifischer Kennzahlen, wie der Green Asset Ratio, regelmäßige Klimastresstests und Szenario-Analysen. Auch hier zeigt sich, dass Grün längst kein Modethema mehr ist.

Im Anhang finden Sie die LBBW-Research-Studie „Pfandbriefbanken als Vorreiter im ESG Covered Bond Markt“ von Karsten Rühlmann und darin weitere ausführliche Informationen zum ESG-Covered-Bond-Markt, zu regulatorischen Entwicklungen und Details zu den ESG-Covered-Bond-Programmen deutscher Emittenten.

23. Juni 2021
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