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DSGV-Risikofachtagung 2019: AK5
Kollege Robot entlastet spürbar
Robotic Process Automation (RPA) lässt sich erfolgreich im regulatorischen Reporting einsetzen. Das zeigt eine Studie der Frankfurter Sparkasse. Nun muss der Einsatz von RPA „salonfähig“ gemacht werden.

Prozessautomatisierung ist an sich kein neues Themenfeld in der Finanzindustrie. Mit den in der jüngeren Vergangenheit Einzug haltenden Automatisierungen durch Robotic Process Automation (RPA) betritt man in vielen Instituten jedoch aktuell noch Neuland.

RPA zeichnet sich durch anwendungsübergreifende Routinen aus, die im Wesentlichen menschliche Interaktion mit Software-Anwendungen jedweder Art nachahmen. Die Technologie bietet daher ein deutlich breiteres Anwendungsspektrum als etwa VBA-Skripte in MS Excel. Abgegrenzt werden muss dieser Begriff von dem der künstlichen Intelligenz. Letztere beinhaltet eine kognitive Komponente, über die Robots aus der RPA-Welt nicht verfügen.

Sie eignen sich daher besonders für Aufgaben, bei denen strukturierte Daten erfasst, verarbeitet oder ausgegeben werden. Es geht dabei vor allem um standardisierte arbeitsintensive Prozesse mit hohem Transaktionsvolumen, die durch einen hohen manuellen Anteil geprägt und dadurch besonders fehleranfällig sind (zum Beispiel Stammdatenpflege, Dateneingaben oder Erstellung von Standardreports).

Robots versprechen Kostenvorteile, Produktivitäts- und Qualitätszuwächse sowie Wettbewerbsvorteile und reduzieren das operationelle Risiko, da sie zuverlässig und ohne Ermüdungserscheinungen rund um die Uhr ihre Aufgaben verrichten können. Die Mitarbeiter haben mehr Freiraum für höherwertige Aufgaben, die Urteilsvermögen oder emotionale Intelligenz erfordern.

Frankfurter Sparkasse experimentiert mit RPA

Die Frankfurter Sparkasse hat sich angesichts der vor allem im regulatori­schen Bereich, aber auch in der Rechnungslegung und im internen Reporting zunehmenden Anforderungen an Datenqualität und Terminenge mit dem Thema auseinandergesetzt – vor dem Hintergrund der Frage, wie man Freiräume für die Mitarbeiter schaffen kann.

Im Ergebnis hat man sich entschieden, eine Vorstudie durchzuführen, in der für drei ausgewählte Prozesse jeweils ein RPA-Prototyp mithilfe der Software UIPath gebaut und getestet werden sollte. Beteiligt waren neben dem Fachbereich externe Berater mit entsprechenden Erfahrungen, die interne Organisation und IT sowie die Interne Revision.

Die Herausforderung dabei war zunächst einmal, technische Voraussetzun­gen dafür zu schaffen, dass der Robot nativ auf relevante Anwendungen des IT-Dienstleisters zugreifen kann. Dazu hätte die RPA-Anwendung auf den entsprechenden Servern des IT-Dienstleisters installiert werden müssen.

Da hierzu aber noch das erforderliche Framework fehlt, ist die benötigte Applikation beziehungsweise das Front-End durch den IT-Dienstleister auf einem SIA-Terminalserver der Frankfurter Sparkasse installiert worden. Für den Realbetrieb ist dieses Problem freilich noch zu lösen, worauf der Autor später noch einmal eingehen wird.

 

Maschine muss menschliche Routinehandgriffe lernen

Nach dem Projektstart waren zunächst die einzelnen Prozessschritte für die ausgewählten Use Cases zu definieren. Dabei hat sich gezeigt, dass Hand­griffe, die der menschliche Anwender ganz unbewusst und selbst­verständlich ausübt, der Software beziehungsweise dem Robot erst dezidiert vorgegeben werden mussten.

Jeder einzelne Mausklick, jede Taste, die zu drücken ist, war Schritt für Schritt zu programmieren. Von Vorteil war dabei, dass solche Prozessmodellierun­gen gleichzeitig als Prozessdokumentation im Geschäftsbetrieb genutzt werden können (und quasi als positives „Abfallprodukt“ anfallen).

Nachdem die Robots programmiert waren, mussten sie im Test bestehen. Arbeits- und Funktionsweise eines Robots sollen an dieser Stelle exemplarisch näher beschrieben werden: Er hatte die Aufgabe, aus einer Excelliste Änderungsdatensätze auszulesen, die auf den Meldedatenbestand in der Meldewesen-Software BAIS angewendet werden und hier zu korrigierten Datensätzen führen sollten.

Im Zuge der Erstellung einer aufsichtsrechtlichen Meldung (in diesem Fall die Liquiditätsmeldung AMM) sind regelmäßig (zum Beispiel aufgrund nicht umgesetzter Sachverhalte in der Datenverarbeitung) Datensätze zu ändern, zu löschen oder zu ergänzen. Alle drei Varianten gab es in der Excelliste und waren entsprechend gekennzeichnet. Konkret hatte der Robot nun, nachdem er sich in der Anwendung selbstständig angemeldet und die Excelliste geöffnet hatte, die Korrekturdatensätze auszulesen und je nach Änderungsart entsprechen­de BAIS-Formulare und darin die relevanten Datensätze aufzurufen und die erforderlichen Eingaben vorzunehmen.

Robot löst die ihm gestellte Aufgabe mit Bravour

Im Ergebnis hat der Robot die ihm gestellte Aufgabe tadellos gelöst. Ange­sichts des enormen Umfangs der bisher von Menschen vorzunehmenden Änderungen würde der Einsatz des Robots an dieser Stelle eine spürbare Erleichterung im Tagesgeschäft für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedeuten.

In einer weiteren Ausbaustufe könnte der Robot, so die Planung, die von ihm korrigierte Meldung in BAIS selbstständig neu generieren, die vorgenomme­nen Änderungen in Form eines Protokolls in einem bestimmten Verzeichnis ablegen, mit seinem „Handzeichen“ versehen und die fachlich Verantwortlichen per E-Mail über den Vollzug der Korrekturen informieren.
Auch die anderen beiden Prozesse (Erstellung Tagesbilanz und Befüllung einer Reportingdatenbank für ein Managementreporting) konnten erfolgreich von je einem Robot abgearbeitet werden.

Die Frankfurter Sparkasse hat sich daher entschieden, das Thema weiter zu verfolgen und arbeitet derzeit mit ihrem IT-Dienstleister an einem Betriebskonzept, das die technischen und prozessualen Voraussetzungen für den Einsatz von RPA im Regelbetrieb enthalten soll. Der entscheidende Erfolgsfaktor wird sein, die Frage zu beantworten, wie ein nativer Zugriff eines Robots auf die Anwendungen des IT-Dienstleisters im Rahmen der bestehenden Governance-Strukturen ermöglicht werden kann.

Vorrangig müssen daher Fragen rund um die IT-Sicherheit und IT-Governance beantwortet werden:

  • Wie sind die Robots mit ihren User-IDs in das Berechtigungssystem der Sparkasse zu integrieren?
  • Wie kann ein potenzieller Masseneinsatz von Robots organisiert werden?
  • Wie lässt sich sicherstellen, dass die Performance der IT-Systeme durch Massenzugriffe zahlreicher Robots im Tagesgeschäft nicht beeinträchtigt wird?

Im Zielbild wäre denkbar, dass der IT-Dienstleister eine Technologie (zum Beispiel eine Software wie UIPath) bereitstellt, die es den Sparkassen erlaubt, in einem zu definierenden Rahmen eigene Anwendungen zu kreieren. Parallel müssten auch Standardanwendungen, die der IT-Dienstleister als Standard­angebot bereitstellt, genutzt werden können (analog IDH oder MS Office). Einer der Standard-Robots könnte etwa die oben skizzierte Erfassung von Korrekturdatensätzen in BAIS sein, die grundsätzlich jede Sparkasse nutzen könnte.

 

Maschinen sind keine Bedrohung

Schon bei den Planungen berücksichtigen sollte man allerdings mögliche Ressentiments gegen­über einem Robot-Einsatz im eigenen Haus. Die neue Technik wird nicht selten als Bedrohung für den eigenen Arbeitsplatz empfunden. Hier ist Überzeugungsarbeit zu leisten, denn die freigeschaufelten Mitarbeiterkapazitäten werden in anderen Tätigkeitsfeldern benötigt werden, da die Robots überwacht und gewartet werden müssen. Dies hat zum überwiegenden Teil in den Fachbereichen stattzufinden. Ferner werden die frei werdenden Mitarbeiter­kapazitäten für höherwertige Aufgaben einsetzbar, die kognitive und analytische Fähigkeiten erfordern.

Nicht nur deshalb sollte die neue Technik behutsam eingeführt werden, sondern auch weil zunächst einmal Erfahrungen gesammelt werden sollten beziehungsweise das erforderliche Know-how im Haus aufzubauen ist. Insgesamt hat sich in der Studie als zielführend erwiesen, alle tangierten Fachbereiche inklusive Personalrat frühzeitig einzubinden.

Fazit

Bis zu einem breiten Einsatz von RPA wird sicher noch etwas Zeit vergehen, aber man kann schon heute davon ausgehen, dass die zunehmende Automatisierung durch Technologien wie RPA vor dem Hintergrund des zunehmenden Kosten- und Digitalisierungsdrucks nicht aufzuhalten sein wird. Die Frankfurter Sparkasse möchte ihren Beitrag dazu leisten, dass ein Robot-Einsatz in nicht allzu ferner Zukunft selbstverständlich ist. Die Resonanz auf den Vortrag im Rahmen der Risikofachtagung hat jedenfalls gezeigt, dass sich bereits in vielen Häusern Menschen mit diesem Thema beschäftigen.

Autor
Jörg Spannhoff ist Leiter Regulatorisches Reporting der Frankfurter Sparkasse.

Der Beitrag basiert auf dem überarbeiteten Vortrag und Ergebnissen im AK5 der DSGV-Fachtagung „Risikocontrolling und -management“ 2019. In nächster Zukunft veröffentlichen die BBL an dieser Stelle weitere Vorträge der Tagung sowie die wichtigsten Ergebnisse der Arbeitskreise. Bisher veröffentlicht:

Karl-Peter Schackmann-Fallis: Banksteuerung hat Lotsenfunktion für die Zukunft
Johannes Behrens-Türk: Nachhaltigkeit braucht Haltung

Jörg Spannhoff
– 16. Januar 2020