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ifo-Studie zu Pandemiefolgen
Fast 19 Prozent der Betriebe fürchten das Aus
Die Pandemie nagt an den Finanzpolstern der deutschen Unternehmen und sorgt für Existenzängste, besonders im Gastgewerbe, in der Reisebranche und mittlerweile auch in bestimmten Handwerksberufen.

Etwa 18,7 Prozent der Firmen sehen sich laut aktueller Umfrageergebnisse wegen der Virus-Krise von Insolvenz bedroht, das sei jedes fünfte Unternehmen, teilt das Münchner Ifo-Institut mit.

„Besonders gefährdet unter den großen Wirtschaftszweigen fühlte sich im Februar der Einzelhandel mit 34,5 Prozent der Firmen, vor den Dienstleistern mit 26,3 Prozent“, sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe.

Insbesondere Unternehmen mit Liquiditätsproblemen fürchteten um ihre Zukunft. Der Chef des Hotelverbands IHA, Otto Lindner, sagte, die Hotellerie kämpfr „ums nackte Überleben“.

Jeder vierte Gastronomiebetrieb plant Aufgabe

Laut Hotel- und Gaststättenverband Dehoga denkt jeder vierte Betrieb konkret über eine Geschäftsaufgabe nach. „Die Kassen sind leer, die Rücklagen aufgebraucht“, sagte Dehoga-Präsident Guido Zöllick. Die Corona-Hilfen der Regierung müssten schneller fließen, viele Firmen warteten immer noch auf beantragte Gelder.

In der Reisebranche fürchteten 83,7 Prozent der Firmen um ihren Fortbestand. Im Großhandel (12,8 Prozent), in der Industrie (7,5 Prozent) und in der Baubranche (3,6 Prozent) sei der Anteil geringer, so die ifo-Studie.

Vergleichsweise entspannt sei die Situation im Maschinenbau (5,6 Prozent), in der Elektrobranche (4,4), in der Chemieindustrie (3,9), in der Autoindustrie (2,3), bei den Rechts- und Steuerberatern (1,2) und in der Pharmabranche (0,9).

 

Die Insolvenzzahlen sind auf Tiefstand. Das könnte sich schnell ändern.

Reserven sind aufgebraucht

Das RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen rechnet mit spürbar mehr Firmenpleiten. "Bei vielen Unternehmen scheinen die Liquiditätspuffer aufgebraucht zu sein", sagte RWI-Konjuntkurchef Torsten Schmidt. Sollte eine neue Infektionswelle Lockerungen verzögern, „könnte eine größere Zahl an Unternehmen gezwungen sein, ihre wirtschaftlichen Aktivitäten einzustellen.“

Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin rechnet mit mehr Pleiten, nachdem sich 2020 der Rückgang wegen der ausgesetzten Insolvenzantragspflicht und der Hilfen für Betriebe fortgesetzt hatte. DIW-Ökonomen erwarten, dass bis zu 4500 Firmenpleiten „nachgeholt“ werden.

Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform macht auch im Kfz-Gewerbe und im Nahrungsmittelhandwerk „eine regelrechte Erosion der Eigenkapitalquoten“ aus. Creditreform-Chefökonom Patrik-Ludwig Hantzsch erläuterte, der Anteil der eigenkapitalschwachen Betriebe erhöhe sich hier auf gut ein Drittel. Kfz-Gewerbe und das Nahrungsmittelhandwerk gehörten in der Vergangenheit zu den finanziell robustesten Gruppen im Handwerk: „Das ist nun Geschichte – die Reserven sind vielfach aufgebraucht,“ so Hantzsch. rtr

18. März 2021