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Corona-Engagement
„Wir haben einen verdammt guten Job gemacht“
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat ein Dankesfest für Engagierte in der Coronapandemie gegeben. Zu seinen Gästen im Garten von Schloss Bellevue gehörte Jolanta Thelen von der Kreissparkasse Heinsberg.

Frau Thelen, Sie waren am Freitag zu Gast bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Wie war es?

Jolanta Thelen: Das Dankesfest des Bundespräsidenten für Engagierte in der Coronapandemie war für mich ein überwältigendes und unvergessliches Erlebnis… einfach grandios. Die märchenhafte Parkkulisse des Schlosses Bellevue, das hochwertige Bühnenprogramm und die kulinarische Begleitung durch den Koch des Hauses gaben einen wunderbaren Rahmen für dieses Fest. Der emotionalste Moment für mich an diesem Abend kam in der Dankesrede des Bundespräsidenten bei den Worten „Sie leisten Großartiges“…

„Egal wie schwer die Sorgen, die Angst, die Rückschläge auch wiegen, unser Mut ist größer...“ Abgerundet wurde dieser Abend durch sehr interessante und wertvolle Gespräche über das Engagement anderer geladener Gäste.

 

Das Dankesfest des Bundespräsidenten für Engagierte in der Coronapandemie. Links im Bild: Jolanta Thelen.


Wofür hat der Bundespräsident Ihnen denn gedankt?

Eines möchte ich gleich vorweg betonen: Er hat nicht mir als Einzelperson gedankt, sondern als Vertreterin der Kreissparkasse Heinsberg – und für alle Sparkassen in Deutschland. Wir haben als Sparkassen in der Coronakrise einen verdammt guten Job gemacht!

Und was war Ihr „Job“ in der ersten Phase der Coronakrise?

Nachdem die Bundesregierung das Soforthilfeprogramm für Soloselbstständige und Kleinstunternehmer beschlossen hatte, war es das Ziel der Kreissparkasse Heinsberg, den betroffenen Kundinnen und Kunden, die durch die Coronakrise in finanzielle Engpässe geraten waren, schnellstmöglich zu helfen. So haben wir rasch eine Taskforce auf die Beine gestellt. Diese Arbeitsgruppe bestand aus 17 freiwilligen Mitarbeitern.

Für diese Kolleginnen und Kollegen war das Thema „Vorfinanzierungen“ völliges Neuland, genauso das zweite wichtige Aufgabengebiet: die Aussetzung von Darlehensraten.

Das frisch gegründete Arbeitsteam wurde von mir intensiv geschult und auf die neue Aufgabe vorbereitet. Die Leitung der Taskforce und die Aufgabenkoordination wurden mir von unserem Vorstand übertragen. An dieser Stelle meinen „herzlichen Dank“ für das Vertrauen.

 

„Er hat nicht mir als Einzelperson gedankt, sondern als Vertreterin der Kreissparkasse Heinsberg – und für alle Sparkassen in Deutschland. Wir haben als Sparkassen in der Coronakrise einen verdammt guten Job gemacht!“, betont Jolanta Thelen.


Bevor wir das vertiefen: Warum hatte der Bundespräsident die Kreissparkasse Heinsberg besonders im Blick?

Der Kreis Heinsberg war nach einer Karnevalssitzung im Februar 2020 zum ersten Epizentrum des Coronavirus in Deutschland geworden. Die Kreissparkasse Heinsberg war also die erste Sparkasse, die sich vor dem Hintergrund der Pandemie um die finanziellen Belange ihrer Kunden kümmerte. Vermutlich hat DSGV-Präsident Helmut Schleweis uns deswegen beim Bundespräsidenten für die Dankesveranstaltung vorgeschlagen.

Wie war die Situation bei Ausbruch der Pandemie?

Anfangs herrschte große Aufregung. Keiner hatte Erfahrungen mit dem neuen Virus, keiner wusste, wie man damit umgehen soll. Damit begann eine Zeit ohne Möglichkeit zum Rückgriff auf Erfahrungswerte – für unsere Region, aber insbesondere auch für unsere Sparkasse. Wir waren alle sehr verunsichert und fragten uns: „Wie wird sich die Pandemie auf unsere Familien und Freunde, auf unseren Arbeitgeber und unsere Kunden auswirken?“

Wie ging es für die Firmenkunden weiter?

Ende März 2020 wurden die ersten Corona-Soforthilfen beschlossen. Wir fragten uns: Wie können wir das, was verabschiedet wurde, schnell und unbürokratisch, unkompliziert für unsere Kundinnen und Kunden umsetzen? Dabei standen zunächst die Firmenkunden im Fokus. Ich konnte mich sehr gut in deren Lage versetzen und mich mit ihrer Situation identifizieren – mein Mann ist in der Event-Branche tätig und war direkt betroffen. Daher konnte ich sehr gut nachvollziehen, welche Gedanken und Sorgen die Firmenkunden bewegten. Es kam vor allem darauf an, dass die zugesagten finanziellen Hilfen ihnen schnell zugutekamen.

 

An diesem Abend entstanden interessante und wertvolle Gespräche über das Engagement anderer geladener Gäste.


Wie hat die Kreissparkasse das angepackt?

Unter Beachtung der bankaufsichtlichen Regelungen beschloss unser Vorstand am 26. März 2020 die anstehenden Kreditprozesse zu vereinfachen, um unter anderem die Vorfinanzierung der Soforthilfen zu beschleunigen. Die Entscheidung, ob man vorfinanziert oder nicht, musste innerhalb weniger Minuten getroffen werden.  Für die Abwicklung gab es keine langen Bearbeitungszeiten, die Zeit hatten wir nicht. Bereits am 27. März 2020 konnten die Betroffenen die erste Tranche der Corona-Soforthilfe beantragen. Es handelte sich um Beträge von 9000, 15.000 und 25.000 Euro.

Damit kommen wir wieder zu Ihrer Rolle in der Taskforce. Sie sagten, Ihre Kollegen waren allesamt fachfremd.

Richtig, die Kolleginnen und Kollegen wurden von mir geschult, einzeln und in Gruppen. Es gab sehr viele offene Fragen, zum Beispiel: „Wie sieht der Antrag aus? – Besteht er aus drei Seiten oder 30? – Worauf muss ich achten?“ Da galt es, sehr schnell Entscheidungen zu treffen und dies technisch umzusetzen. Hier waren der Zusammenhalt und die gute Zusammenarbeit aller Bereiche unserer Sparkasse deutlich spürbar.

Haben Sie Beispiele?

Um nur eines zu nennen: „Wie gehe ich mit negativen Bonitätsmerkmalen in der Kundenverbindung vor, wenn die Vorfinanzierung beantragt wird?“ Das gehörte auch zur Vorbereitung der 17 Personen. Am 27. März, Freitagnachmittag, wurde die Seite der Landesregierung für die Beantragung der Zuschüsse freigeschaltet. Am Tag danach, dem Samstag, haben wir die ersten Vorfinanzierungen zur Verfügung gestellt und alle Kundenanträge bearbeitet. Es war wichtig, dass das Geld schnell, möglichst taggleich auf dem Kundenkonto zur Verfügung stand.

 

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Gespräch mit Jolanta Thelen.


Waren Sie mehr mit der Leitungsfunktion beschäftigt, oder waren Sie selbst operativ „an der Front“?

Beides. Als die Anträge kamen, habe ich in der Taskforce, genauso wie meine Kolleginnen und Kollegen, die Vorfinanzierungen erfasst und geprüft. Da war ich nicht mehr Leiterin, wir waren ein Team und haben alle zusammen angepackt.

Wie lange dauerte diese Phase?

Die Vorfinanzierung konnte man von Ende März bis zum 30. Mai 2020 beantragen. Zu unseren Aufgaben gehörte ebenfalls die Überprüfung, ob die Gelder geflossen sind. Oder darauf zu achten, dass dem Kunden die Vorfinanzierung nicht doppelt zur Verfügung gestellt wurde.

Während dieser Zeit haben Sie enorm viel gearbeitet, auch an den Wochenenden.

Das ist richtig, aber ich sehe vor allem die Teamleistung. Viele Bereiche unseres Hauses waren daran beteiligt, auch darüber hinaus – Kollegen vom RSGV oder von der Finanz Informatik. Die Kollegen aus unserem Marketing haben beispielsweise unsere Internetpräsenz für die betroffenen Privat- und Firmenkunden angepasst. Dort wurden aktuelle Themen eingespielt, den Antrag gab es zum Herunterladen neben der Erläuterung, welche Unterlagen beigefügt werden sollten. 

Unsere Privat- und Firmenkundenberater haben einen enormen Beitrag geleistet. Hervorheben möchte ich an dieser Stelle die außergewöhnliche Leistung unserer Beraterinnen und Berater für die Förderdarlehen. Die bestehenden KfW-Programme für Liquiditätshilfen wurden ausgeweitet und den Unternehmenskunden schnellstmöglich zur Verfügung gestellt. Ich kann gar nicht alle Kolleginnen und Kollegen einzeln aufzählen, das gesamte Haus war beteiligt. Dass ich nun als Repräsentantin gewählt worden bin, das freut mich wirklich sehr, davon bin ich überwältigt. Aber ich bin nur eine von vielen. Wir alle haben etwas Besonderes geschafft!

 

Abgerundet wurde der Abend durch ein Bühnenprogramm und kulinarische Begleitung durch den Koch des Hauses.


Aber es hat wohl schon einen Grund, dass die Wahl auf Sie gefallen ist.

Man wollte sicherlich jemanden einladen, der an der Front mit angepackt hat, es sollte wahrscheinlich ein „normaler“ Mitarbeiter sein, nicht unbedingt jemand aus der obersten Führungsebene. Wir alle haben unseren Beitrag geleistet. Daher freut mich die Wertschätzung enorm. Unsere Arbeit sah der Kunde zwar nicht direkt, aber trotzdem waren wir ja in dieser besonderen Situation spürbar für unsere Kunden da.

Neben der Corona-Soforthilfe für Firmenkunden gab es noch eine andere Großbaustelle.

Mein Team hat ebenfalls die Darlehensratenaussetzungen für Privatkunden bearbeitet. Für sie wurden die Darlehensraten im Rahmen des gesetzlichen Moratoriums ausgesetzt. So hatten unsere Kundinnen und Kunden die Möglichkeit, für bis zu drei Monate die Darlehensraten auszusetzen, zum Beispiel bei Baufinanzierungen. Für den Aussetzungszeitraum wurden keine Zinsen berechnet. Unsere Kundschaft war sehr verunsichert, denn die Entwicklung, gerade in finanzieller Hinsicht, war nicht einfach einzuschätzen. Die Aussetzung der Darlehensraten hat vielen unserer Kundinnen und Kunden einen finanziellen Spielraum verschafft.

Gab es besondere Erlebnisse in der Zeit für Sie? Glücksmomente, oder auch frustrierende Erlebnisse?

Für mich persönlich gab es viel mehr schöne als negative Momente, besonders was den Zusammenhalt unter Kollegen betrifft. In meinem Team waren alles fachfremde Kollegen, die ich zum Teil gar nicht kannte. In dieser besonderen Zeit sind einige gute Freundschaften entstanden. Es war eine neue Art des Zusammenarbeitens. Wenn es Corona nicht gegeben hätte, wären wir uns auf dieser Ebene gar nicht begegnet. Als Gruppenleiterin kamen ganz neue Herausforderungen auf mich zu, zum Beispiel die Themen Homeschooling oder mobiles Arbeiten.

 

Parkkulisse des Schlosses Bellevue.


Sie waren bereits im vergangenen Jahr nach Berlin eingeladen worden. Damals konnte der Besuch aber nicht stattfinden.

Im vorigen Sommer wurde das Fest wegen der steigenden Infektionszahlen abgesagt. Damals erhielt ich ein Dankesschreiben mit Bundesadler und Unterschrift des Bundespräsidenten. Der Brief war sehr persönlich gehalten – er drückte sehr große Wertschätzung und Anerkennung für meinen Einsatz aus. Und jetzt, Mitte Juli, kam die erneute Einladung. Darüber habe ich mich riesig gefreut. Die ursprüngliche Veranstaltung sollte mit 40 Vertretern aus verschiedenen Bereichen stattfinden, meines Wissens erhielt ich als einzige Vertreterin der Sparkassen-Finanzgruppe eine Einladung. Das Fest fand im größeren Rahmen statt und bleibt für mich unvergesslich.

Seit Mitte Juli sind Teile Ihrer Firmen- und Privatkunden in einer anderen Notlage: Auch Ihr Geschäftsgebiet wurde stark vom Hochwasser getroffen.

Ja, durch die Lage insbesondere an den Flüssen Rur und Wurm wurden auch in unserem Kreisgebiet große Bereiche von Hochwasser in noch nie gekanntem Ausmaß getroffen. So wurden zum einen viele kleine Ortschaften überflutet und die gesamte Innenstadt von Geilenkirchen mit vielen Geschäften – einschließlich unserer dortigen Filiale – stand komplett unter Wasser.

Wie hilft die Sparkasse in diesem Fall?

Unsere Sparkasse hat unmittelbar ein Sonderkreditprogramm als Schnellhilfe für Hochwasserbetroffene mit einem Gesamtkontingent von 15 Millionen Euro aufgelegt. Die zinslosen Darlehen bis zu 50.000 Euro bieten wir privaten und gewerblichen Kunden an, damit sie Ersatzinvestitionen, Renovierungen und die Neuanschaffung von Möbeln und Fahrzeugen schultern können. Darüber hinaus beraten wir betroffene Kunden intensiv, um beispielsweise Liquiditätsengpässe durch die Unterbrechung des Geschäftsbetriebes unbürokratisch auffangen zu können.

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Zur Person:

Seit sie 1993 ihre Ausbildung begonnen hat, arbeitet Jolanta Thelen bei der Kreissparkasse Heinsberg, zunächst im Privatkundengeschäft. Sie legte Kundenberaterlehrgang und Ausbildereignungsprüfung ab und betätigte sich auch im eigenen Haus als Dozentin für verschiedene Themen. 2016 absolvierte sie die Prüfung zur Sparkassenbetriebswirtin.

2013 war Jolanta Thelen in das Kreditgeschäft gewechselt und übernahm 2016 die Leitung der Gruppe Kreditservice und -kontrolle. Zusätzlich hat sie die Funktion der Mentorin für Nachwuchskräfte übernommen.

Mitte Juli 2021 ging sie einen Schritt in eine neue Richtung und ist jetzt Sachbearbeiterin im Bereich Gesamtbanksteuerung im Finanz- und Meldewesen.

 

Peter Müller (Bild oben: Frank Thelen)
– 24. August 2021