Zurück
Bundesbank/Personalie
Weidmann geht
Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat überraschend seinen Rücktritt zum Jahresende angekündigt. Die Deutsche Kreditwirtschaft äußert ihr großes Bedauern. Es komme jetzt darauf an, dass die neue Regierung eine Persönlichkeit bestimme, mit der die Stabilität im Euroraum dauerhaft und nachhaltig gesichert werde.

Die Deutsche Bundesbank teilt mit, ihr Präsident Jens Weidmann habe Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier um seine Entlassung aus dem Amt zum 31. Dezember 2021 gebeten. Weidmann steht seit Mai 2011 an der Spitze der Bank.

Er verlasse die Bundesbank aus persönlichen Gründen, so der Bundesbankpräsident: „Ich bin zur Überzeugung gelangt, dass mehr als zehn Jahre ein gutes Zeitmaß sind, um ein neues Kapitel aufzuschlagen – für die Bundesbank, aber auch für mich persönlich“, schreibt Weidmann in einem Brief an seine Mitarbeiter.

Weidmann tritt lange vor Ende seiner bis 2027 laufenden Amtszeit ab. Erst im Mai 2019 war ihm ein weiteres achtjähriges Mandat zur Führung der Bundesbank gewährt worden. Der 53-jährige gebürtige Solinger war 2011 als Nachfolger von Axel Weber zum Präsidenten der Bundesbank ernannt worden, nachdem sein Vorgänger im Streit um die Krisenpolitik der EZB das Handtuch geworfen hatte.

Weidmann: Inflationsgefahren nicht aus dem Blick verlieren

Unter Weidmann hatte sich das Verhältnis zwischen der Bundesbank und der Europäischen Zentralbank nach Ansicht vieler Beobachter entspannt. Weidmann verweist in seinem Dankesschreiben an die Mitarbeiter zugleich darauf, dass es ihm immer wichtig gewesen sei, „dass die klare, stabilitätsorientierte Stimme der Bundesbank deutlich hörbar bleibt“.

Zugleich mahnte er, auf Inflationsgefahren zu achten: Es gelte, „nicht einseitig auf Deflationsrisiken zu schauen, sondern auch perspektivische Inflationsgefahren nicht aus dem Blick zu verlieren“. Eine stabilitätsorientierte Geldpolitik werde zudem dauerhaft nur möglich sein, wenn der Ordnungsrahmen der Währungsunion weiterhin die Einheit von Handeln und Haften sichere, die Geldpolitik ihr enges Mandat achte und nicht ins Schlepptau der Fiskalpolitik oder der Finanzmärkte gerate: „Dies bleibt meine feste persönliche Überzeugung genauso wie die hohe Bedeutung der Unabhängigkeit der Geldpolitik.“

Seinen Kollegen im EZB-Rat dankte Weidmann für die offene und konstruktive Atmosphäre in den zuweilen schwierigen Diskussionen der vergangenen Jahre. Lob erhielt er aus der Politik. „Danke für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit, Jens Weidmann“, twitterte Wolfgang Schmidt, ein enger Vertrauter von Bundesfinanzminister Olaf Scholz.

Deutsche Kreditwirtschaft äußert großes Bedauern

Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) hat den Rücktritt Weidmanns zum Jahreswechsel „mit großem Bedauern“ zur Kenntnis genommen und dankt dem scheidenden Bundesbankpräsidenten ausdrücklich. Die DK habe Weidmann stets persönlich und in seinem ordnungspolitischen Wirken als Stabilitätspfeiler der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion wahrgenommen.

Denn auch die DK fühle sich ganz besonders der geldpolitischen Stabilität verpflichtet: „Gerade in Zeiten erhöhter Inflationsgefahren und dem bevorstehenden Exit aus der ultraexpansiven Geldpolitik kommt es jetzt ganz besonders darauf an, dass die neue Regierung eine Persönlichkeit bestimmt, mit der die Stabilität im Euroraum dauerhaft und nachhaltig gesichert wird“, so die DK in ihrer Stellungnahme.

ZEW-Ökonom Heinemann: Verlust für den EZB-Rat

ZEW-Ökonom Friedrich Heinemann, am Leibniz-Zentrum Leiter des Forschungsbereichs Öffentliche Finanzwirtschaft, teilt mit, der Rücktritt Weidmanns sei ein herber Verlust für den EZB-Rat. Weidmann gehöre zu den wenigen Mahnern im Rat, die kontinuierlich vor einer Überforderung der Geldpolitik und einer zu großen Nähe zur Fiskalpolitik warnten.

Heinemann schreibt: „2022 könnte den entscheidenden Test bringen, ob die EZB das Ziel der Inflationsbekämpfung ernster nimmt als das Interesse der Finanzminister an niedrigen Zinsen und Anleihekäufen. Hier wird Weidmann fehlen. Die neue Bundesregierung hat eine große Verantwortung bei der Neubesetzung. Wenn Deutschland eine geldpolitische Taube in den EZB-Rat schicken würde, wäre das fatal.“ (rtr, bec)

(Bild oben: dpa)
– 20. Oktober 2021