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Immobilienpreise
Wohnen toppt, Handel floppt
Seit der Finanzkrise von 2008 kannten die Immobilienpreise nur eine Richtung, aufwärts. Seit einigen Quartalen zeigt sich aber eine sehr heterogene Entwicklung. Besonders bei Handelsobjekten gehen die Preise zurück.

Die Hauspreise sind in den vergangenen Jahren sehr stark angestiegen. Problematisch ist dabei, dass der Anstieg immer stärker wurde. Allein im dritten Quartal 2021 wuchsen die Preise bei allen Neu- und Bestandsbauten um mehr als zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das betrifft sowohl die Eigentumswohnungen als auch die Ein- und Zweifamilienhäuser.

Bei den Wohnungsmieten ist hingegen eine Entspannung festzustellen. Die Mietsteigerungen gehen in Großstädten und auch in kleineren Städten zurück und liegen teilweise schon unter der Inflationsrate. Hingegen sind die Mietsteigerungen im Umland größer geworden. Das ist weniger eine Folge der Coronapandemie als vielmehr die ökonomische Reaktion auf die hohen Wohnkosten in den Großstädten. Die Zuwanderungen in die Städte gehen zurück.

Die unterschiedliche Entwicklung von Kaufpreisen und Mieten ist darauf zurückzuführen, dass die Wohnungsanmietung nur zur Selbstnutzung erfolgt, während der Kauf von Wohneigentum darüber hinaus auch zur Geldanlage dient. Aufgrund der niedrigen Zinsen und der vorangegangenen Wertentwicklung halten Anleger Wohneigentum für ein überaus lohnenswertes Investment.

 

Preise für Wohnimmobilien werden wahrscheinlich auch weiterhin ansteigen.

Diese Entwicklung erinnert aber fatal an die Preisentwicklung in den USA, die in einer Preisblase endete. Ob es vor allem in den deutschen Großstädten zu einer derartigen Entwicklung kommt, ist noch nicht abzusehen. Die Preisanstiege sind zumindest teilweise auf fundamentale Faktoren wie Demografie und vor allem auf die Zinsentwicklung zurückzuführen.

Psychologische Faktoren wie Spekulation sind eher weniger am Markt vertreten, auch wenn sie teilweise in Großstädten gegeben sind. Die Wende am Wohninvestmentmarkt könnte durch steigende Zinsen oder einen Käuferstreik (wegen zu hoch empfundener Preise) verursacht werden.

Büroimmobilien: noch seitwärts

Der Büroimmobilien-Investmentmarkt zeigt sich nach jahrelangem Wachstum mit einer Preisstagnation. Seit Beginn des Vorjahres sind die Preise im Vergleich zum Vorquartal nicht mehr gestiegen, wohl aber noch im Vergleich zum Vorjahr (rein statistischer Effekt).

Hier zeigt sich die Rückkehr der fundamentalen Faktoren für die Preisentwicklung, während in den Vorjahren vor allem die finanzwirtschaftlichen Faktoren wie Zinsen dominiert haben. Der Preisanstieg in den 2010er-Jahren war vorwiegend auf die Niedrigzinspolitik und mangelnde Anlagealternativen zurückzuführen. Damals waren die Preisanstiege auch weitaus stärker als die Mieterhöhungen.

 

Seit Beginn des Vorjahrs sind die Preise für Büroimmobilien im Vergleich zum Vorquartal nicht mehr gestiegen.

Seit Beginn der Pandemie wird sehr intensiv über die Auswirkungen von Homeoffice auf die weitere Nutzung von Büroflächen diskutiert. Auch wenn die aus Sicht der Büroimmobilieneigentümer negativen Aussagen der Unternehmen vermutlich nicht in dem Maße eintreffen werden, sind die Investoren doch vorsichtig geworden. Die Folgen zeigen sich besonders bei der Preisentwicklung und eher weniger bei den Aktivitäten. Die Investoren sind nicht mehr gewillt, stetig steigende Preise zu akzeptieren.

Entscheidend für die kommende Zeit wird zum einen die Zinsentwicklung und zum anderen die Marktsituation sein. 2020 traf ein stark wachsendes Angebot (weitaus mehr Fertigstellungen) auf eine sich abschwächende Nachfrage. Sollte sich das fortsetzen und auch noch verstärken, dann wären weitere Preisrückgänge die logische Folge.

Einzelhandelsimmobilien: abwärts

Ein negatives Beispiel für die kommende Preisentwicklung ist der Investmentmarkt für Einzelhandelsimmobilien. Auch hier zeigte sich ein starker Preisanstieg, der aber nur von 2012 bis 2017 nach den Daten des vdp andauerte und auch schwächer als bei den anderen Objekten ausfiel.

Bei den vdp-Daten, die deutschlandweit gelten, zeigt sich zunächst eine Stagnation und damit noch ein Anstieg im Vorjahresvergleich. Ab dem Jahresbeginn 2020 setzte der Preisrückgang ein, sodass die Preise aktuell um mehr als fünf Prozent unter dem Höchstwert liegen. Auch die Bundesbank weist für 2020 einen Preisrückgang im gleichen Ausmaß für die größeren Städte aus.

 

Vor allem bei Einzelhandelsimmobilien sind die Käufer sehr viel vorsichtiger geworden sind und zahlen keine hohen Preise mehr.

Auch bei den Einzelhandelsimmobilien zeigt sich eine Rückkehr der Dominanz fundamentaler Einflussfaktoren auf die Kaufpreisentwicklung. Die Investoren befürchten, dass der Online-Handel weiter stark zunehmen wird und das zulasten der stationären Einzelhandelsflächen geht. Der E-Commerce belastet den stationären Einzelhandel, sodass nicht nur die Mieten unter Druck geraten, sondern auch die Leerstände zunehmen.

So zeigen sich bei den Shoppingcentern ein Rückgang der Besucher, dem ein Mietrückgang folgt, und schwächere Renditeaussichten. Ein fehlendes Investoreninteresse zeigt sich ebenfalls daran, dass die Anleger nicht mehr bereit sind, die hohen Preise zu zahlen. Im Endeffekt befinden sich die Preise für Einzelhandelsimmobilien im Sinkflug.

Meiner Meinung nach ist bei den Wohnimmobilien ein Ende der Aufwärtsbewegung noch nicht abzusehen, während bei den Büroimmobilien und vor allem bei Einzelhandelsimmobilien die Käufer schon sehr viel vorsichtiger geworden sind und nicht mehr die hohen Preise bezahlen.

 

Leerstand in einem Berliner Shoppingcenter. Dem Besucherschwund folgen Mietrückgang, schwächere Renditeaussichten und Desinteresse von Investoren.
Prof. Günter Vornholz, EBZ Business School, Bochum (Bild oben: dpa)
– 19. November 2021