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Geschäfts- und Gewerbekunden
Freie Fahrt auf der Business Line
Kleine Gewerbekunden haben ein schweres Jahr hinter sich. Sparkassen bauen die Kontakte mithilfe sogenannter Business-Center aus, wie beispielsweise in Bottrop und Dillenburg. Projektbeteiligte berichten, wie kleinere Häuser das Konzept umsetzen.

Ein KSC, also ein Kunden-Service-Center, haben inzwischen wohl fast alle Sparkassen. Doch der Fokus aufs Privatkundengeschäft reicht nicht mehr: „Wir wollen auch im gewerblichen Segment den stationären Betrieb entlasten“, sagt Patrick Hötten, Leiter Vertriebsunterstützung der Sparkasse Bottrop.

„Im PK-Bereich stellen wir fest, dass Kunden mit dem Service deutlich zufriedener sind, wenn sie den ganz kurzen Weg per Mail oder Telefon nutzen können. Sie empfinden mehr Leistung.“ Diese guten Erfahrungen, findet er, sollte man wiederholen. Im Projekt „Vertriebsstrategie der Zukunft (VdZ-FK)“ fand Hötten Vorschläge zur Umsetzung eines gewerblichen Kundencenters und übertrug diese auf Bottroper Verhältnisse. Die letzten Vorarbeiten laufen gerade.

„Unsere Mengengerüste reichen für etwa zwei MAK im Business-Center“ sagt Hötten – zu wenig für einen stabilen Betrieb. Das erweiterte Team besteht deshalb auch aus der Vertriebsunterstützung FK und dem Electronic Banking. Als „Überlauflösung“ steht das KSC bereit, auch deshalb, weil sich viele Bedarfe von Geschäfts- und Privatkunden ähneln. Eine feste Kundenzuordnung gibt es deshalb nicht.

Inbound als Vertriebschance

Die Sparkasse Dillenburg ist mit ihrer Business Line bereits gestartet. Dort sind Simona Schmidt und Katharina Klingelhöfer ausschließlich für die Belange der Geschäftskunden zuständig. Doch sie vernetzen sich eng mit weiteren Einheiten des Hauses und auch mit Verbundspezialisten, beispielsweise aus dem Versicherungsbereich.

Ihre Erfahrung: Vielen Kunden genügt inzwischen der telefonische Kontakt, auch weil sie damit unabhängig von festen Terminen sofort eine Rückmeldung erhalten: „Wir melden uns spätestens innerhalb eines Arbeitstages zurück oder sind sofort verfügbar“, sagt Schmidt.

Während des ersten Lockdowns 2020 wurden Geschäftskunden auch aktiv in sogenannten Care-Calls angerufen. Für die gerade neu installierte Business Line hieß das: von null auf hundert in kürzester Zeit.

Unterschiedliche Projektierungswege

Kern einer Business-Center-Lösung ist stets, kleinere gewerbliche Kunden persönlich und medial besser betreuen zu können und ihnen kurze Wege zur Sparkasse zu schaffen. Das Grundkonzept geht davon aus, dass eine eigenständige Organisationseinheit ab 5000 Verbünden zielführend und ein möglicher Ertragsbringer ist.

Doch die jüngst überarbeiteten Vorschläge zum Roll-out geben auch kleineren Instituten die Möglichkeit, eine Lösung je nach den eigenen Erwartungen zu „konfigurieren“. Die Sparkasse kann den Ertrag aus Kundenverbünden steigern; sie kann eine hybride Lösung anstreben; und sie kann entscheiden, die Business Line mit dem digitalen Beratungscenter zu koppeln.

Die Sparkasse Bottrop hat sich aus dieser Palette einen eigenen Weg zusammengebaut: „Wir nutzen ein Angebot der FI, um unterschiedliche Kundenbedarfe über eine Anrufsteuerung gleich richtig zuzuordnen“, sagt Patrick Hötten. „Gewerbliche Servicekunden kommen dann im KSC an. Wo es um fachlichere Fragen geht, nehmen die geschulten Berater des Business-Centers ab.“ Die haben dann die Aufgabe, Anfragen fallabschließend zu lösen.

Intern eng verzahnt

In Dillenburg ist die Business Line für gut 900 Adressen zuständig und setzt gerade deshalb auf eine enge Verzahnung mit anderen Teams. Das digitale Beratungscenter S-Live und die Business Line teilen sich eine Telefonnummer: „Doch wir bieten mehr als telefonisches Kümmern. Wir denken und handeln als Teil des aktiven Vertriebs“, sagt Simona Schmidt.

Die gewerbliche Aktivlinie der betreuten Kunden liegt bei mindestens 5000 Euro, die Schwelle wurde wegen Corona gesenkt. Zudem gilt in Dillenburg die Regel: Alle gewerblichen Neukunden werden zunächst über die Business Line geleitet.

„Durch die gezielte Betreuung der Business Line entdecken wir ungenutztes Potenzial viel schneller.“ In fast jeder Fallgestaltung finde sich ein Ansatzpunkt für Spezialisten des Hauses. „Wir leiten nicht erst dann über, wenn eine konkrete Finanzierungsanfrage vorliegt. Damit sind wir sehr erfolgreich – auch bei konkreten Abschlüssen“, sagt Schmidt.

Nachmachen empfohlen

Patrick Hötten und Simona Schmidt haben nicht nur in ihrer Sparkasse das neue Betreuungsangebot für Geschäftskunden projektiert, sie können dies auch anderen Sparkassen empfehlen: „Mit dem überarbeiteten Roll-out-Leitfaden ist die vorgeschlagene Konzeption jetzt leichter für kleinere Häuser umsetzbar“, bestätigen beide. „Es ist ein Büfett entstanden“, sagt Hötten. Bei der richtigen Konfiguration helfen beispielsweise Empfehlungen und Praxisbeispiele.

Einig zeigen sich beide Experten auch in einem weiteren Punkt: „Mit einer solchen medialen Anlaufstelle gehen die Institute im Grunde kein Risiko ein. Sie unterstreichen nur, dass sie gewerblichen Kunden mehr Wege zur Sparkasse bieten und auch den persönlichen Weg nicht abschneiden.“

Guter Zeitpunkt

Aus Sicht beider Häuser ist jetzt ein guter Zeitpunkt, den medialen Vertrieb für das gewerbliche Segment auszubauen. „Bei uns in Bottrop ist dadurch der Druck gestiegen, auf OSPlus-neo-Prozesse für gewerbliche Kunden zu migrieren. Das wird noch einmal ein Kraftakt“, sagt Hötten, „aber dann können wir alles nutzen, auch das Nutzer-Berechtigungskonzept, das 2021 und 2022 im Zuge des Firmenkundenportals ausgerollt wird.“

Näheres zum überarbeiteten Roll-out-Leitfaden im Umsetzungsbaukasten.

3. Februar 2021