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Sozialer Wohnungsbau
Mehr Risiken als Chancen
Die Förderung des sozialen Wohnungsbaus ist alles andere als eine Erfolgsgeschichte, schreibt Prof. Hans-Günter Henneke, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Landkreistags. Es gebe Alternativen, die auch die Stärken von Sparkassen und ihren Bausparkassen ins Spiel bringen.

Derzeit wird in Berlin erneut über Chancen und Risiken einer Wiederbelebung des sozialen Wohnungsbaus gestritten. Den Bund geht dieses Thema im Grunde gar nichts an, da die Länder kompetenziell dafür ebenso wie für die Bildungsinfrastruktur verantwortlich sind. Genau das soll nun aber wieder durchbrochen werden: Denn im Koalitionsvertrag ist verabredet worden, den sozialen Wohnungsbau langfristig zu verstetigen und dafür sogar das Grundgesetz zu ändern. Das Niveau der Förderung soll 2020/2021 mit insgesamt mindestens zwei Milliarden Euro beibehalten werden.

Dabei ist diese Förderung alles andere als eine Erfolgsgeschichte und wird zu recht breit in Zweifel gezogen, wie erst kürzlich der Wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium noch einmal verdeutlicht hat. Das Expertengremium rät dringend davon ab, den sozialen Wohnungsbau zu reanimieren, sondern schlägt im Gegenteil vor, ihn zurückzufahren. Wenn überhaupt, solle der soziale Wohnungsbau nur in Verbindung mit einer konsequenten Fehlbelegungsabgabe und mit der Auflage einer Durchmischung mit frei finanzierten Wohnungen im selben Wohngebiet fortgeführt werden.

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Aufgeregte Debatten vermeiden: Prof. Hans-Günter Henneke, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Landkreistags.
Das ist richtig. In der jüngeren Geschichte ist die Bedeutung dieses Instruments stetig zurückgegangen. Bedeutsam ist, dass die Berechtigung eines Haushalts zum Bezug einer geförderten, mietgebundenen Wohnung in der Regel nur ein einziges Mal überprüft wird, nämlich beim Einzug. Bewohner von Sozialwohnungen liegen aber bereits drei Jahre nach Einzug bis zu 40 Prozent über der Einkommensgrenze. Ein Missbrauch ist damit systemimmanent, weil Kontrollen nicht stattfinden oder die Belegungsbindung von den Ländern aufgehoben wurde, um sozial stabile Strukturen zu schaffen. Nur ein kleiner Teil der Steuermilliarden kommt damit den tatsächlich Bedürftigen zugute.

Auch besteht tendenziell die Gefahr, dass sich solche Wohnblocks zu sozialen Ghettos entwickeln. Diese Erfahrungen hat man vielfach in Randlagen der Großstädte gemacht, zum Beispiel in München-Hasenbergl, Hamburg-Osdorfer Born oder Berlin-Marzahn. Das Problem stellt sich vor allem dann, wenn in den Innenstädten kein ausreichendes Bauland zur Verfügung steht. Zudem ent­scheiden die Vermieter über die Vergabe von Sozialwohnungen, die wiederum Mieter mit hö­herem Einkommen bevorzugen. Damit finden gerade die Bezieher besonders niedriger Einkommen nicht so leicht eine subventionierte Wohnung.

Aber es gibt Alternativen: Steuerliche Anreize für den Wohnungsbau und zum Verkauf baureifer Grundstücke sowie für den Umbau von Altbauwohnungen. Dies würde auch die Stärken von Sparkassen und ihren Bausparkassen gut ins Spiel bringen. Ebenso angezeigt sind die Schließung von Baulücken und die Lockerung von Bauvorschriften. Auch gilt es, preistreibende Regelungen wie die Energieeinsparverordnung einer kritischen Überprüfung zu unterziehen. Schließlich ist das Wohngeld als adäquates Mittel zu stärken und in kurzen Intervallen an die Preisentwicklung auf den Wohnungsmärkten anzupassen.

All das würde zu stabileren Verhältnissen beitragen und aufgeregte Debatten vermeiden.

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Der Autor ist Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Landkreistages (DLT).

Hans-Günter Henneke
– 19. September 2018