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SVBW-Kommunalforum
Beim Klima tut sich der Markt schwer
„Nachhaltige Kommune – Verantwortung für morgen“: Mit diesem Thema beschäftigte sich das diesjährige Kommunalforum des Sparkassenverbands Baden-Württemberg (SVBW).

Marktmechanismen funktionieren sehr gut bei der kurzfristigen Preisbildung. Wenn sich aber langfristig strukturelle Änderungen ergeben, stoßen die Märkte an ihre Grenzen. Diese These vertrat Uwe Burkert, Generalbevollmächtigter der Kreissparkasse Waiblingen, mit Blick auf die Preisbildung am Energiemarkt auf dem 24. Kommunalforum des SVBW in Baden-Baden. „Märkte tun sich schwer mit langfristigen Themen“, so Burkert.

Vor diesem Hintergrund sprach sich der ehemalige Chefvolkswirt der LBBW für einen ordnungspolitischen Rahmen aus, der einen attraktiven CO2-Handel ermöglicht. Ebenso müssten Steuern auf fossile Energien erhöht werden, damit sich für Endverbraucher ein spürbarer Vorteil bei der Nutzung erneuerbarer Energien ergebe. „Durch diese Lenkungsfunktionen werden fossile Energien verteuert“, sagte Burkert.

Günstige Energieformen anzapfen

Allerdings dürfe die soziale Frage hier nicht vernachlässigt werden. Um diesen Aspekt müsse man das Thema Nachhaltigkeit erweitern. Burkert gestand mit Blick auf die Eingriffe der Opec oder von Russland aber auch zu, dass es ohnehin keinen freien Markt für Energien gebe. So verwies der Volkswirt darauf, dass insbesondere durch die Sonne genügend Energie zur Verfügung stehe. Es gehe nurmehr darum, die günstige Form der Energieerzeugung zu entwickeln und anzuzapfen. So sei es in anderen Regionen der Welt vielfach möglich, günstiger Strom aus Wind- oder Sonnenergien zu erzeugen als in Deutschland. Des Weiteren setzt Burkert auf die „Forschungslust“ deutscher Ingenieure, die sich zwar schwer steuern lasse, aber eben auch Hoffnung für ein Industrieland wie Deutschland mache.

Innovationskraft und soziale Verantwortung verbinden

Für ökonomische Mechanismen und Anreize wie eine CO2-Bepreisung zur Eindämmung klimaschädlicher Aktivitäten sprach sich auch Peter Schneider, Präsident des SVBW, aus. „Das wäre vereinbar mit unserer sozialen Marktwirtschaft, die ja die Innovationskraft des Marktes mit sozialer Verantwortung verbindet“, so Schneider. Allerdings vermisse er in der Nachhaltigkeitsdebatte die Balance. Man agiere mit enormen bürokratischen Vorgaben und Verboten, um Klimaziele sowie CO2-Neutralität zu erreichen. Vor diesem Hintergrund warnte Schneider vor bürokratisch überzogenen Forderungen an die Kreditwirtschaft, die am Ende weniger den Transformationsprozess zur Nachhaltigkeit stärken als die Branche der Berater und Prüfer.

Gruppenfoto vom Kommunalforum mit (von links): SVBW-Präsident Peter Schneider, Baden-Badens OB Margret Mergen, Sven Killinger, Geschäftsführer von Greenventory, Oberbürgermeisterin a.D. Gudrun Heute-Blum, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Städtetags Baden-Württemberg, Michael Benitz, Bürgermeister von Staufen im Breisgau, Steffen Jäger, Präsident des Gemeindetags Baden-Württemberg, Prof. Alexis v. Komorowski, Hauptgeschäftsführer des Landkreistags Baden-Württemberg, Wolfgang Dietz, OB von Weil am Rhein, der Soziologe Prof. Harald Welzer und SVBW-Verbandsgeschäftsführer Joachim Herrmann.

Schneider beklagte, dass Finanzinstitute zu Aussagen beziehungsweise Festlegungen über die Nachhaltigkeit von Finanzanlagen und Krediten gezwungen würden, deren Grundlage sie letztendlich nicht überprüfen könnten. „Nehmen Sie nur einen großen Kreditkunden mit weltweiter Produktion und Lieferketten“, so Schneider. „Welches Kreditinstitut kann hier bis zur letzten Schraube überprüfen, ob da keine Kinderarbeit dahintersteckt?“

Als zentralen Beitrag der Kreditwirtschaft für die Transformation in eine nachhaltige Wirtschaft nannte Schneider vor allem eine hohe und stabile Kreditvergabefähigkeit. „Dazu brauchen wir eine primär eine starke und funktionsfähige Kreditwirtschaft“, machte der SVBW-Präsident klar.

Schneider nannte in diesem Kontext die rekordhohen Kreditzusagen der baden-württembergischen Sparkassen von allein 16,6 Milliarden Euro im letzten Jahr, die zusammen mit den Genossenschaftsbanken in die Bresche gesprungen sind, um Schlimmeres im Mittelstand zu verhindern. Dazu zählten auch Stundungen in Zehntausenden von Fällen in einer Gesamthöhe von 1,7 Milliarden Euro in Baden-Württemberg sowie die Vermittlung von über 8500 coronabedingten Förderkrediten der L-Bank und KfW im Volumen von 2,1 Milliarden Euro.

Thomas Spengler (Bild oben: perfectfotos.com)
– 7. Oktober 2021