Die Milliardenschäden wegen des Hochwassers an kleinen Flüssen und Bächen haben die Debatte um eine Pflichtversicherung wieder aufleben lassen. Eine solche Pflichtversicherung gegen Elementarschäden mit einer Einheitsprämie für alle halte er nicht für sinnvoll, sagte Ernst Rauch, Klimawissenschaftler bei der Münchener Rück, im Gespräch mit Reuters TV.
Der Tarif einer freiwilligen oder einer Pflichtversicherung müsse das örtliche Risiko widerspiegeln: „Sonst würden wir Anreize schaffen für die Besiedelung von Gebieten, die hoch gefährdet sind“, erklärte Rauch. Bei Einheitstarifen würde das Risiko auf die Allgemeinheit abgewälzt.
Rauch sieht auch die Kommunen in der Verantwortung, für mehr Schutz vor Hochwasser zu sorgen. Private Vorsorgemaßnahmen wie wasserdichte Fenster oder Drainagen an den Grundstücken hätten gegen die Wucht der Sturzfluten nichts ausrichten können.
Die öffentliche Hand müsse die Infrastruktur systematisch an die Veränderungen in der Natur durch den Klimawandel anpassen, etwa durch die Renaturierung von Bächen, um fließenden Gewässern bei Starkregen mehr Freiraum zu geben. Private und kommunale Schutzmaßnahmen seien erforderlich, um gegen künftige Katastrophen besser gewappnet zu sein, sagte Rauch.
Rauch: Klimawandel spielt wahrscheinlich eine Rolle
Sturzfluten wie in den derzeitigen Katastrophengebieten gebe es fast überall in Deutschland, Vor allem Besitzer von Immobilien in Tallagen müssten sich „noch intensiver mit dieser Gefahr auseinandersetzen und Maßnahmen ergreifen“, sagte der Klimaexperte.
Der Dauerregen lasse sich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch auf den Klimawandel zurückführen. Wegen der höheren Temperaturen in der Arktis lasse der Jetstream nach, wodurch Hoch- und Tiefdruckgebiete sich langsamer bewegten.
Eine staatlich unterstützte Elementarversicherung hält Rauch in Deutschland für unnötig. Versicherer und Rückversicherer stießen längst nicht an die Grenzen ihrer Kapazität. Im größten Schadenjahr 2017 haben die Rückversicherer laut Rauch weltweit mehr als 100 Milliarden Euro an Schäden bezahlt.
„In Europa, in Deutschland sprechen wir von Größenordnungen, die ein einstelliges, in seltenen Fällen mal zweistelliges Milliarden-Euro-Niveau erreicht haben.“ Die Frage sei eher, wie hoch die Prämien künftig sein müssten: „Die Anpassung an das heute schon Unvermeidbare ist wesentlich relevanter als die Sorge, dass in absehbarer Zeit Versicherung nicht mehr zur Verfügung steht“, so Rauch. (Reuters)