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Ostdeutscher Sparkassenverband
„Sparkassen leben soziale Marktwirtschaft und wirtschaftliche Nachhaltigkeit“
Der 17. OSV-Kommunalkongress suchte in Podiumsdiskussionen und Workshops Antworten auf die Fragen der Zeit.

In diesem Jahr fand der Kommunalkongress des Ostdeutschen Sparkassenverbands mit den Kommunalen Spitzenverbänden der OSV-Staatsvertragsländer wieder als Präsenzveranstaltung statt. Rund 130 Gäste kamen nach Potsdam. Die anderen Teilnehmer hatten die Möglichkeit, die Veranstaltung per Livestream zu verfolgen.

Michael Ermrich, Geschäftsführender Präsident des Ostdeutschen Sparkassenverbands, sagte, die 43 Mitgliedssparkassen im OSV stünden für soziale Marktwirtschaft und nachhaltiges Wirtschaften. Ermrich erklärte, warum es in diesem Jahr kein Motto für den Kongress gebe: Der Diskussion eines „wie weiter“ mit und nach Corona sollten keine Grenzen gesetzt werden.

In der Diskussion: Annett Zahn, Vorstandsvorsitzende Sparkasse Uecker-Randow, Moderator Heinz-Lothar Theel, Vorsitzender des Kommunalausschusses Ostdeutscher Sparkassenverband, Uwe Dürkop, Chefvolkswirt Berliner Sparkasse, und Jörg Dittrich, Präsident Handwerkskammer Dresden (von links).

Ermrichs Ausblick machte deutlich, dass die Themen vielfältig und anspruchsvoll sind. Arbeitsteilige Gesellschaft, Grenzen des Sozialstaats, Rolle der Kommunen, Daseinsvorsorge der Zukunft, Veränderungsbereitschaft, wirtschaftliche Rahmenbedingungen, Nahverkehr, Digitalisierung, Nachhaltigkeitsstrategien, Investitionen und Angebote für Kommunen: Das alles sollten Schlaglichter des Tages werden.

Showstopper Sozialstaat

Der erste Beitrag von Prof. Rainer Schlegel, Präsident des Bundessozialgerichts, zeigte bereits kritisch und mit klaren Worten, dass Wünsche und Versprechungen gerade im aktuellen politischen Wahlkampf eher selten mit der Wirklichkeit harmonieren.

Generationengerechtigkeit setze voraus, dass Renten und Sozialleistungen nicht auf „Pump“ finanziert würden. „Der Wohlstand Deutschlands steht auf tönernen Füßen“, so Schlegel. Mit Blick auf die Verteilung des Bundeshaushalts sind bereits 2021 die beitragsfinanzierten Einnahmen beziehungsweise Ausgaben in der Sozialversicherung höher als das gesamte Steueraufkommen in Deutschland.

Michael Ermrich, Geschäftsführender Präsident des Ostdeutschen Sparkassenverbands, begrüßte rund 130 Gäste in Potsdam und viele mehr, die per Live-Stream an der Veranstaltung teilnahmen.

2040 werden zwei Erwerbstätige einen Rentner finanzieren. Dabei wird die Rentenbezugsdauer weiter steigen, die Geburtenraten dagegen nicht. Das bedeutet, dass die Umlagesysteme ein Problem bekommen, wenn die Sozialabgaben nicht über 40 Prozent des Einkommens steigen sollen. „Schon heute sind Steuerzuschüsse erforderlich und steigen jährlich“, so Schlegel.

So könne es nicht weitergehen, mahnte Schlegel. Steuerzuschüsse und unlösbare Versprechen seien nicht seriös. Die Politik habe Angst vor den Realitäten. Diese müsse man aber benennen, Verantwortung übernehmen und durchdachte Lösungen erarbeiten. Dabei solle mehr Pragmatismus gesucht werden. Die Einhaltung der Schuldenbremse sieht Schlegel als wesentliche Vorrausetzung an.

Staat neu denken

Im Anschluss wurde das Thema Schuldenbremse in einer lebhaften Podiumsdiskussion weiter diskutiert, moderiert von Moritz Kirchner, Geschäftsführer und Trainer des Instituts für Kommunikation und Gesellschaft. Was macht eine Denkfabrik? Ist die Schuldenbremse von vorgestern? Muss man Coronakrise und Makrotrends auseinanderhalten? Wird im Finanzministerium nicht nachgedacht, was nachhaltig ist? Ist Deutschland asozial, wenn aktuell jeder nur seine Interessen vertritt?

Unter der Moderation von Moritz Kirchner, Geschäftsführer und Trainer des Instituts für Kommunikation und Gesellschaft, diskutierten Philippa Sigl-Glöckner, Direktorin Dezernat Zukunft e.V., Jürgen Leindecker, Landesgeschäftsführer Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt, und Prof. Rainer Schlegel, Präsident des Bundessozialgerichts (von links).

Das Rathaus sei die beste Denkfabrik; jeden Tag aufs Neue müssten hier Lösungen gefunden werden, sagte Jürgen Leindecker, Landesgeschäftsführer Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt a.D. Dabei gelte allerdings der kaufmännische Grundsatz, wer bestellt bezahlt, für den Bund offenbar nicht; die Kommunen würden es vielmehr schon richten, so die Kritik Leindeckers.

Mit Podiumsteilnehmer Prof. Rainer Schlegel und Philippa Sigl-Glöckner, Direktorin im Dezernat Zukunft, fand man trotz teilweise kontroverser Standpunkten eine gemeinsame Sicht: Man müsse den Staat neu denken. Die Kommunen seien die Lastenträger und brauchten daher auch eigene Mitspracherechte, lautete das deutliche Fazit in der Runde.

Corona: Blick zurück und nach vorn

Uwe Dürkop, Chefvolkswirt der Berliner Sparkasse, gab einen Rück- und Ausblick auf die ökonomischen Zahlen der Coronakrise. Anhand der Erfahrungen aus der Pandemie, der Sperrung des Suezkanals und der Flutkatastrophe zeigte Dürkop die Verwundbarkeit der Volkswirtschaft durch eine immer stärkere Globalisierung auf.

„Corona wird uns weiterbeschäftigen; der Dienstleistungssektor ist nachhaltig betroffen, die Rückkehr ins Arbeitsleben und der Stellenaufbau werden Zeit kosten“, sagte Dürkop.

Uwe Dürkop, Chefvolkswirt der Berliner Sparkasse, blickte auf die Auswirkungen der Coronakrise.

Das Zukunfts-Szenario sei noch nicht klar. Die Unsicherheit vor der vierten Welle der Pandemie bleibe auch bei den Indexwerten spürbar. Der Konsum werde steigen, Güter würden aber deutlich teurer werden als vor Corona, so Dürkop. Mehr Wachstum gehe nur mit Investition. Auch die Perspektiven der Berufsstarter und Schüler seien schwieriger geworden. Bildungslücken würden unausweichlich.

In einer zweiten Podiumsdiskussion wurde der Weg durch die Pandemie aus Sicht der Sparkassen und des Handwerks näher beleuchtet. Uwe Dürkop, Annett Zahn, Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Uecker-Randow, und Jörg Dittrich, Präsident der Handwerkskammer Dresden, sprachen über ihre Erfahrungen. Heinz-Lothar Theel als Vorsitzender des Kommunalausschusses Ostdeutscher Sparkassenverband moderierte.

„Die Maßnahmen der Sparkassen von permanenter Geldversorgung bis zu nicht reduzierten Öffnungszeiten haben den Menschen Sicherheit gegeben“, resümierte Vorstandschefin Zahn. „Zwar war die Demokratie am Anschlag, aber die Menschen und das Handwerk haben gezeigt, wie systemrelevant man ist“, sagte Handwerkskammer-Präsident Dittrich. Taxonomie und Green Deal seien große Themen, gingen aber häufig an der Realität vorbei.

Vielmehr müssten Genehmigungsprozesse beschleunigt werden. Bürokratie und rechtliche Fragen dürften nicht die Oberhand gewinnen. „Wie schaffen wir es, Menschen in Verantwortung zu bringen? Aktuell ist Selbstständigkeit nicht attraktiv.“ So Dittrichs Fingerzeig in Richtung politische Diskussion.

Die Digitalisierung hat sich zwar stark beschleunigt und bei der Kundenansprache vieles möglich gemacht. Eine flächendeckende Versorgung ist aber noch keine Realität. Was jetzt wichtig wäre, seien mehr Investitionen und Anwendungsforschung, wurde am Ende der Diskussion auch hier gemeinsam festgehalten.

Gemeinsamer Blick in die Zukunft: Prof. Rainer Schlegel, Präsident des Bundessozialgerichts, und Michael Ermrich, Geschäftsführender Präsident des Ostdeutschen Sparkassenverbands.

Humor macht Vorbilder

Wie gute Kommunikation und Motivation den Erfolg unserer Arbeit maßgeblich beeinflussen können, brachte die Trainerin Petra Diederich-Kammel den Teilnehmern näher. Motivation und Humor machten aus Führungskräften Vorbilder für die Mitarbeiter. Das sei in Sparkassen genauso ein Garant für Erfolg wie in Kommunen. Diederich-Kammel gab zahlreiche Tipps und praktische Anwendungsbeispiele zur Mitarbeitermotivation.

Der Nachmittag bot den Teilnehmern vier Workshops. Es ging um eine nochmalige Vertiefung von Themen wie Personalmanagement in Zeiten des Fach- und Führungskräftemangels oder Nachhaltigkeit in den Kommunen. So wird es als wichtiges Zeichen gewertet, dass 190 Kommunen die Musterresolution zur Agenda 2030 unterzeichnet und sich damit den „vier Gs“ der Nachhaltigkeit (Generationengerechtigkeit, Ganzheitlichkeit, Globale Verantwortung und Gemeinsames Vorgehen) verpflichtet haben.

Innovationen wurden auch bei den Nahverkehrsangeboten im ländlichen Raum präsentiert. Flexibilität bei den Angeboten unter einer einheitlichen Anwendungsoberfläche ist hier ein wichtiger Schritt. Wie bei allen Dienstleistungen gelte es hier, sich in die Rolle des Kunden hineinzuversetzen. Im Rahmen der digitalen Zusammenarbeit zwischen Sparkassen und Kommunen ist auch genau das der Anspruch der Sparkassenangebote. Gemeinsam mit den Kommunen ist man dem öffentlichen Interesse und damit den Menschen verpflichtet.

Um die Zusammenarbeit stetig weiter zu bereichern, wird auch 2022 der Kommunalkongress Kommunen und Sparkassen wieder eine Plattform bieten, um sich zu aktuellen Themen auszutauschen.

Weitere Informationen gibt es hier.

(Bild oben: SFG)
– 9. September 2021