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Fondssiegel
Gütezeichen gegen Greenwashing
Das FNG-Siegel unterstützt Anlageberater bei der Sicherung und Kommunikation nachhaltiger Produktqualität. 257 Produkte tragen bereits das hierzulande sehr anerkannte Siegel des Forums nachhaltige Geldanlagen (FNG), darunter Fonds der LBBW Asset Management, Deka Investment und der Hamburger Sparkasse.

Nachhaltiges Investieren ist bekanntlich ein Trendthema. Längst vorbei ist die Zeit, als „ethische“ oder „grüne“ Anlagen eine Nische bildeten, heute liegen die Produkte in den Schaufenstern ganz vorn.

In der Gesellschaft wächst das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer sozial-ökologischen Transformation ebenso wie die Sensibilität der Finanzmarktaufsicht für nachhaltigkeitsinduzierte Risiken. Arbeitsstandards in Lieferketten, Biodiversität, Klimawandel oder Mobilität der Zukunft sind nur einige Schlagworte, die Veränderungen ebenso implizieren wie Chancen zukunftsorientierter Investments.

In seinem Marktbericht 2021 weist der deutschsprachige Fachverband für nachhaltiges Investieren, das Forum nachhaltige Geldanlagen e.V. (FNG), zum Vorjahr ein beeindruckendes Wachstum von 117 Prozent allein bei nachhaltigen Fonds von Privatinvestoren aus. 6,4 Prozent beträgt inzwischen der segmentbezogene Marktanteil aller Fonds und Mandate dieser Art im Gesamtvolumen von 335,3 Milliarden Euro.

Medien warnen Investoren von Greenwashing

Nachhaltigkeit ist als gesamtunternehmerisches Thema in den Führungsetagen angekommen. Das bewirkten nicht zuletzt regulativ wirkende Aktivitäten, etwa die EU-Taxonomie oder der Klimastresstest der EZB – und dies selbst bei Instituten, die unternehmeri­sche Verantwortung oder eine ökologisch ausgerichtete Produktpolitik bislang als Luxus oder Randthema betrachteten.

Der Boom nachhaltiger Investments im institutionellen und privaten Geschäft lockt manche Akteure auf den Markt, die vor allem das schnelle Geschäft sehen. Nicht nur der kommunikationsstarke Markteintritt der eher als sogenannte Heuschrecken bekannten Institute aus Übersee, auch Kritik an renommierten zentraleuropäischen Anbietern ließ jüngst die Alarmglocken schrillen, bei Anlegerschützern ebenso wie bei Nachhaltigkeitsmanagern.

Die Stiftung Warentest und verschiedene Medien warnten Investoren bereits im Sommer 2021 vor Greenwashing bei nachhaltigen Anlageprodukten. Denn beispielsweise nicht geschützte Begrifflichkeiten, fehlende Transparenz der Investments oder ein zweifelhaftes Hauptgeschäft der Anbieter lassen begründete Zweifel am Nachhaltigkeitsanspruch von Produkten aufkommen.

Branchenweit hat sich daher die – lange kontrovers diskutierte – Einschätzung etabliert, dass Nachhaltigkeit zwar nicht normierbar sei, dass die Einhaltung grundlegender Kriterien jedoch sehr wohl durch Gütezeichen, die Mindeststandards repräsentieren, sichergestellt werden könnte.

FNG-Siegel hilft, tatsächlich nachhaltige Produkte zu finden

Das FNG-Siegel hat sich seit 2015 als eines von mehreren Gütezeichen am Markt für nachhaltige Anlageprodukte etabliert. Das Siegel vergibt die Qualitätssicherungsgesellschaft Nachhaltiger Geldanlagen (QNG), eine Tochtergesellschaft des FNG. Die Universität Hamburg fungiert als Auditdienstleister.

Unter einer wachsenden Zahl von Gütezeichen am Markt kann das FNG-Siegel keinen Alleinvertretungsanspruch geltend machen. Denn schließlich ist jedes Rating, Scoring  oder Zeichen nur ein Werkzeug, um einen definierten (Dokumentations-)Zweck zu erreichen.

Selbst die QNG beschreibt ihr Zeichen teils nur als Label. Allerdings gilt das FNG-Siegel inzwischen im deutschen Sprachraum als das am weitesten verbreitete und bei Anbietern anerkannte Gütezeichen mit stetig weiterentwickelten und transparent kommunizierten Kriterien.

 

Kriterienschaubild des FNG-Siegels

 

Grundlage der Methodik des FNG-Siegels ist die Erfüllung zentraler Nachhaltigkeitskriterien als Mindeststandard. Anlageprodukte, die Ausschlusskriterien (etwa Atomkraft, Kohleabbau oder Rüstungsgeschäfte) gerecht werden und Mindestanforderungen in den Bereichen Umweltschutz, Arbeits- und Menschenrechte, Transparenz und Governance erfüllen, qualifizieren sich für die Grundstufe des FNG-Siegels.

Hohe Anforderungen schrecken Bewerber nicht ab

Bei Fondsprodukten müssen alle enthaltenen Unternehmen eine Nachhaltigkeits­prüfung durchlaufen, und der Fonds selbst muss über eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie verfügen. Fonds, die darüber hinausgehende Anforderungen bei den Themen institutionelle Glaubwürdigkeit, Produktstandards und Portfolio-Fokus erfüllen, können sich über ein Punktesystem für höhere Stufen des FNG-Siegels mit bis zu drei Sternen qualifizieren. Analysten stellen mehr als 80 Kernfragen an jedes Anlageprodukt, das sich um das FNG-Siegel bewirbt.

Die hohen Anforderungen an Transparenz und die Preisgabe teils interner Daten ihrer Produkte schrecken Anbieter nicht ab, sich mit ihren Fonds um das Siegel zu bewerben. Auch das Auditentgelt ist mit einem mittleren vierstelligen Eurobetrag je Bewerber für die Anbieter kein Hinderungsgrund.

Bereits im Sommer 2021 berichtete die QNG, dass sich 281 Fonds von 102 Anbietern um das Gütesiegel beworben hatten, die Anzahl der Produkte sei um 59 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gewachsen. Unter den neu hinzugekommenen Fondgesellschaften – ihre Zahl stieg um 39 im Vergleich zum Vorjahr – fanden sich neben SRI-Spezialisten auch einige der großen Namen am Markt.

Gerade britische und französische Anbieter legten unter den Bewerbern aus 14 Staaten stark zu – ein in absoluten Zahlen beachtliches Wachstum. Allerdings stellen sich nur etwa ein Zehntel der 2721 anbieterseitig als nachhaltig bezeichneten Fondsprodukte den strengen Kriterien der QNG, mit sinkender Tendenz.  

QNG zeichnet Fonds von drei Verbundunternehmen aus

Bei einer Vergabefeier hat die QNG am 25. November 2021 insgesamt 257 Fonds ausgezeichnet, die das FNG-Siegel in einer der vier Kategorien erhalten. Diese Produkte können damit nicht nur die steigende Marktnachfrage bedienen, sie erleichtern es Anbietern auch, in Beratungssituationen qualitätsgesicherte Produkte offerieren zu können – gemäß der Mifid-II-Änderung ab Mitte 2022, die Berater zur Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen verpflichtet.

Gleichzeitig grenzen sich die mit dem Siegel ausgezeichneten Fonds als Qualitätsführer vom sprunghaft gestiegenen und inzwischen unüberschaubaren Angebot nachhaltiger Anlageprodukte ab. Die ausgezeichneten Fonds verwalten ein Vermögen von 120 Milliarden Euro, doppelt so viel wie im Vorjahr. Mit 450 Millionen Euro beträgt das Durchschnittsvolumen je Fonds das Dreifache der Siegelvergabe im Jahr 2019. Damals erreichte kein einziger Fonds ein Volumen von mehr als einer Milliarde Euro, derzeit sind es schon 26 Produkte.

Unter den ausgezeichneten Fonds erhalten 117 Produkte (42 Prozent) das FNG-Siegel mit zwei Sternen, dieser Anteil erweist sich über die Jahre gesehen als vergleichsweise konstant. Stark gewachsen ist hingegen die Basisstufe des Gütezeichens, und zwar auf 34 Produkte, ein Anstieg um zwölf Prozent.

Zehn Prozent der Bewerber erhielten kein Gütesiegel

Gesunken ist dagegen der Anteil der Anlagen mit einem Stern auf 14 Prozent nach 40 Prozent im Vorjahr. Im langjährigen Vergleich sank auch der Anteil von Fonds in der höchsten Kategorie mit drei Sternen, die jetzt nur 66 Produkte tragen, also 23 Prozent der ausgezeichneten Produkte.

Die Ursachen einer gefühlt sinkenden Produktqualität bedürfen weiterer Klärung. Nicht unberücksichtigt bleiben darf aber, dass etwa zehn Prozent aller Bewerber das Klassenziel nicht erreichten, eine Verdopplung im Vergleich zum Vorjahr.

Aus der Sparkassen-Finanzgruppe stammen drei Anbieter nachhaltiger Fonds, die jetzt mit einem Siegel ausgezeichnet wurden. LBBW Asset Management führt die Rangliste an mit sechs Produkten in den Zwei- und Drei-Sterne-Kategorien.

Die Asset-Manager der Landesbank Baden-Württemberg erhalten bereits zum wiederholten Mal das FNG-Siegel, ebenso wie die der Hamburger Sparkasse, deren Produkt wieder mit zwei Sternen ausgezeichnet wurde. Newcomer ist Deka Investment. Zwei Produkte des Wertpapierdienstleisters erhielten je zwei Sterne.

Bewertungsmethodik im Wandel

Bereits in der Vergangenheit hat das Siegelteam der QNG bewiesen, dass es kontinuierlich und zielorientiert am Konzept des Gütezeichens arbeitet. Die weite Anerkennung am Markt honoriert diese Bemühungen. In der aktuellen Bewerbungsphase wurden etwa die Kriteriensets zur Kohleverstromung oder zum Themenfeld Tabak modifiziert.

Ebenfalls modifiziert wurden der Umfang der Nachhaltigkeitsanalyse aller Titel eines Fonds, die SFDR-Zuordnung eines Produkts oder die Ansätze zur Portfoliosteuerung. Auch für die Zukunft zeichnen sich Anpassungen ab, etwa bei der Aufnahme neuer Nachhaltigkeitsaspekte und deren Diskussion in Fachgruppen. Auch bei der Berücksichtigung neuer Anlagethemen wie Microfinance oder Property Investing wird es voraussichtlich Anpassungen geben. Gerade Property Investment erfordert ein konzeptionell neues Denken.

Nicht nur das QNG-Team kann für sich beanspruchen, das FNG-Siegel als Unsecured Rating am Markt verankert zu haben. Auch der Universität Hamburg ist es gelungen, den Lehrstuhl für Energie- und Umweltmanagement als Auftragnehmer der QNG als Kompetenz- und Dienstleistungszentrum für nachhaltige Finanzwirtschaft zu etablieren.

Das unterstützt die praxisorientierte Forschung in den handlungsorientierten Wirtschaftswissenschaften – eine Form der Kompetenzentwicklung bei ESG-Themen, die viele Produktanbieter derzeit noch mit einem gewissen Neid erfüllt. Denn oft fehlt es in Finanzinstituten noch an Verständnis für die fachübergreifenden Bezüge zeitgemäßen ESG-Managements.

 

Siegel des Forums nachhaltige Geldanlagen e.V. (FNG).  Das FNG-Siegel vergibt die FNG-Tochter  Qualitätssicherungsgesellschaft Nachhaltiger Geldanlagen (QNG). Der BWL-Lehrstuhl für Energie- und Umweltmanagement an der Universität Hamburg fungiert als Auditdienstleister.

Anlagetrend führt viele unterschiedliche Experten zusammen

Auf mittlere Sicht werden die Herausforderungen für Finanzinstitute jenseits der Produktwelten deutlich wachsen. Bereits die erwähnte Anpassung der Mifid-II-Regelungen zeigt, dass in den Instituten ein bereichsübergreifendes Handeln erforderlich wird – ein Handeln, das am Mifid-Beispiel Produktentwickler, Marktforscher, Risikomodellierer, Nachhaltig­keits­experten, Compliance-Abteilungen, Personaltrainer und Vertriebler in bereichsüber­grei­­fenden Projekten zusammenführt und fachliche Grenzen aufbricht.

Die zunehmende Verfügbarkeit von Nachhaltigkeitsdaten in allen Assetklassen und die wachsende Digitalisierung finanzwirtschaftlicher Prozesse verschieben Bedeutungsgewichte künftig weiter weg von den Produktwelten.

Nachhaltigkeitsstarke Produkte sind bereits heute möglich und werden künftig der Standard sein. Auch wenn es bis dahin noch einige Jahre dauern wird, der Trend zum professionellen Management von ESG-Daten und deren Integration in bestehende Modell- und Prozesswelten ist unumkehrbar.

Nachhaltigkeit wird zum IT-Thema

Eher traditionelle Funktionsbereiche von Finanzinstituten gewinnen damit wieder an Bedeutung. Erkennbar ist dies bereits heute in der Methodologie des mehrstufigen EZB-Klimastresstests im kommenden Jahr und in der seit November laufenden Konsultation des BCBS zur Governance von ESG-Daten im Klimakontext (BCBS 530). Aus dem fachlichen Querschnittsthema Nachhaltigkeit wird damit auch ein informationstechnisches Thema.

Risikomanagement und Regulatorik waren die Antwort auf den deutlichen Wunsch der Branche nach klaren Leitlinien, um das einst „extra financial“ genannte Thema Nachhaltigkeit besser fassen zu können. Sofern heute, zumindest auf der sozusagen nicht grünen Seite der Produktpalette, hektische Betriebsamkeit herrscht, indiziert dies höchstens, dass ESG dort noch als Fremdwort verstanden wird.

Ist das toll oder muss das weg? So lautete eine ernst gemeinte Verständnisfrage, die ein Bankmanager kürzlich an den Co-Autor dieses Beitrags richtete. Dass es rascher Antworten auf diese Frage und unternehmenskultureller Entwicklungen bedarf, dürfte unbestritten sein. Der Klimawandel wartet nicht auf Banken und Versicherungen, auch der Wettbewerb wartet nicht; er hat die geschäftspolitische Antwort auf viele umwelt-, sozial- und governancebezogenen Herausforderungen für die Finanzwirtschaft längst gefunden und steht davor, sie umzusetzen.

Banken und Versicherungen sind gut beraten, ihr Kerngeschäft jetzt nachhaltig aufzustellen. Mit dem FNG-Siegel steht bereits ein zeitgemäßes Werkzeug zur Sicherung und Kommunikation nachhaltiger Produktqualität zur Verfügung.

Markus Scholand ist Nachhaltigkeitsmanager mit langjähriger Branchenerfahrung und als Wissens- und Innovationsmanager für den ecofin Verbund tätig. Elke Bredl leitet das auf ganzheitliches Qualitätsmanagement spezialisierte Beratungsunternehmen eKonzept Bredl.

Markus Scholand und Elke Bredl (Bild oben: QNG)
– 26. November 2021