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Digitale Währungen
Was für den digitalen Euro spricht
Noch wird getüftelt im Frankfurter Ostend. Doch Mitte 2021 will die EZB über die Einführung eines digitalen Euros entscheiden. Damit öffnen sich auch für Sparkassen neue Geschäftschancen – wenn sie technisch vorbereitet sind.

Weltweit arbeiten 80 Notenbanken und private Anbieter an unterschiedlichen Typen von digitalem Geld – CBDCs, Stable Coins oder Kryptowährungen. Bedarf gibt es vor allem dort, wo Bargeld weniger verbreitet und digitale Bezahlmethoden gängig sind. Das ist zunehmend auch in Europa der Fall, zuletzt beschleunigt durch die Corona-Krise. Vor allem aber wollen die Notenbanken verhindern, dass private Konsortien wie das Libra-Konzept als erste eine digitale Weltwährung platzieren. Auch die EZB stellt sich technisch auf.

Möglicher Einsatz im Alltag

Digitales Zentralbankgeld (Central Bank Digital Currency, CBDC) würde Bürgern und Unternehmen in digitaler Form zur Verwendung im Zahlungsverkehr zur Verfügung gestellt. Ein „digitaler Euro“ im Sinne einer CBDC wäre eine Verbindlichkeit des Eurosystems, registriert in digitaler Form. Er würde Bargeld und Zentralbankreserven als Verrechnungseinheit ergänzen.

Bürger des Euroraums könnten einen digitalen Euro am Point-of-Sale und auch bei Online-Zahlungen einsetzen. Man könnte ihn nutzen wie Bargeld – aber nicht horten. Soweit hat sich die EZB in ihren Überlegungen schon festgelegt: Ein digitaler Euro soll kein signifikantes Investitionsobjekt werden.

Weckruf durch Libra: Nachdem private Anbieter digitale Währungen angekündigt haben, gehen auch die Notenbanken in die Offensive. Aus Sicht der Sparkassen ist wichtig, dass ein zukünftiger „digitaler Euro“ nicht die Aufgabe eines Wertaufbewahrungsmittels übernimmt.

In fünf Jahren spätestens

In einer aktuellen Studie geht die LBBW davon aus, dass es den digitalen Euro in zwei Entwicklungsstufen geben könnte. Schon in wenigen Jahren wäre eine privat, aber von regulierten Einheiten programmierbare digitale Währung in Europa denkbar. Ab 2025 sei digitales Zentralbankgeld für den Einsatz im Alltag „möglich und nötig“.  

Die Entwicklung könnte auch schneller kommen. China hat 2014 mit den Arbeiten an einer digitalen Währung begonnen. Anlässlich der Olympischen Winterspiele 22 ist geplant, einen digitalen Yuan“ auf Basis der Blockchain-Technologie an Bürger und Touristen auszugeben. Dies geschieht über die Banken und mit Hilfe großer chinesischer Tech-Konzerne. Es könnte der Urknall für digitale Währungen weltweit werden, weil alle anderen Projekte von diesem Piloten lernen.

Fundamentale Änderung des Finanzsystems

Die Banque de France arbeitet bereits mit französischen Geschäftsbanken an einem Testlauf für einen digitalen Euro. Die Bank of England hat den Aufbau einer digitalen Plattform schon begonnen. Große internationale Bankkonzerne arbeiten ebenfalls an Testläufen. Die EZB muss also zusehen, dass nicht andere an ihr vorbeiziehen.

Ein großer Teil des Retail-Handels läuft bereits über E-Commerce-Plattformen. Diese Plattformen können auch zentrale Funktionen des Geldes übernehmen – sie bewahren Werte auf und bieten Zahlungsmittel. So entstehen privatwirtschaftlich angebotene Geldformen.

Projekte wie der „digitale Euro“ sollen sicherstellen, dass Geldverkehr weiterhin in der Hoheit der Zentralbanken bleibt. Auch ein abrupter Wandel der Kundengewohnheiten weg vom Bargeld soll durch digitale Alternativen aufgefangen werden.

Europäisches Interesse

Die LBBW argumentiert, dass ein digitaler Euro nicht nur vorsichthalber, sondern sogar unbedingt eingeführt werden sollte. Er sei für den Retail-Zahlungsverkehr von Bedeutung, und auch für die Industrie. Denn im Internet der Dinge sind Maschinen miteinander vernetzt. Die Leistungen zwischen den Maschinen (auch von externen Zulieferern) müssen verrechnet werden.

Ein digitaler Euro würde die Automatisierung von Zahlungen und letztlich auch die Zahlungsverkehrsströme des Finanzsektors erleichtern. Das würde die Digitalisierung der europäischen Wirtschaft unterstützen und die digitale Souveränität europäischer Anbieter gegenüber ausländischen CBDC oder privaten digitalen Zahlungsmitteln stärken.

Die Sicht der Sparkassen

Aus Sicht der Sparkassen ist wichtig, dass ein zukünftiger „digitaler Euro“ nicht die Aufgabe als Wertaufbewahrungsmittel einnimmt. Die Rolle von Banken als Intermediäre im Zahlungsverkehr muss erhalten bleiben. Sie haben bereits das nötige Know-how und auch die nötige Infrastruktur, um Massenzahlungen abzuwickeln. Für Notenbanken wäre dies ein völlig neues Feld.

Programmierbares Geld sollte in andere digitale Währungen konvertierbar sein - Bargeld aber nicht zwingend ersetzen.

Neue Märkte entstehen

Experten der Sparkassen-Finanzgruppe schätzen, dass die Corona-Krise die Zeit bis zum Start von digitalem Zentralbankgeld um mehrere Jahre verkürzt hat, weil digitales Bezahlen und Wirtschaften einen so starken Zuwachs erleben. Damit verbinden sich auch geschäftliche Chancen.

In der digitalen Welt sind Zug um Zug Geschäfte zwingend. Warenbezug und Bezahlung sind ein Vorgang. Aus dem klassischen Payment heraus entstehen so neue Ertragsfelder. Statt der Verwahrung von Einlagen könnte die Verwahrung anderer Werte wichtig werden. Die Verwahrung von digitalen Wertpapieren etwa ist ab nächstem Jahr gesetzlich geregelt.

Wer nun schnell eine technische Infrastruktur entwickelt und anbietet, kann leichter die Standards in der neuen Welt digitaler Währungen mitbestimmen – und letztlich auch neue Märkte besetzen.

Anke Bunz
– 25. November 2020