Sparkasse
Zurück
Europäische Zentralbank
Zinswende nicht in Sicht
Die Europäische Zentralbank werde die Wirtschaft weiter mit einer sehr lockeren Geldpolitik stützen, heißt es in einem neu formulierten Ausblick der Bank nach der heutigen Zinssitzung. Ein neues Inflationsziel gibt es auch.

Das neue Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) lautet nun auf zwei Prozent, zuvor hatte es auf „unter, aber nahe zwei Prozent“ gelautet. Die Anpassung des Zinsausblicks war notwendig geworden, nachdem sich die Euro-Wächter vor zwei Wochen ein neues Inflationsziel gesetzt hatten.

Die EZB wolle mit dem geänderten Ausblick ihr Bekenntnis unterstreichen, eine anhaltend konjunkturstützende Geldpolitik beizubehalten, um ihr Inflationsziel zu erreichen, erklärte die Notenbank. Sie will unter anderem nun ihre Leitzinsen solange auf dem aktuellen oder einem noch tieferen Niveau halten, bis zu sehen ist, ist dass die Inflation zwei Prozent erreicht und dies beständig so bleibt. Das könnte auch eine Übergangszeit von Inflationsraten über zwei Prozent beinhalten.

ZEW-Volkswirt Friedrich Heinemann sieht darin eine deutliche Veränderung gegenüber der bisherigen Vorgehensweise: „In der heutigen Entscheidung des EZB-Rats zeigt sich, dass die veränderte geldpolitische Strategie nicht nur eine neue Rhetorik, sondern auch eine Veränderung in der Sache bringt“, sagte Heinemann. Mit dem überarbeiteten zinspolitischen Ausblick immunisiere die EZB ihre Negativzinsen und die Anleihekäufe auf lange Zeit gegen einen überraschend starken Inflationsanstieg.

 

ZEW-Volkswirt Friedrich Heinemann: „Nicht nur eine neue Rhetorik, sondern auch eine Veränderung in der Sache.“

Experten erwarten Teuerungsrate von mehr als zwei Prozent

Auch Alexander Krüger, Chefvolkswirt beim Bankhaus Lampe, rechnet damit, dass die Zeit der Ultratiefzinsen noch länger anhalten wird. „An eine Leitzinswende ist nicht nur noch lange nicht zu denken, sie ist zeitlich sogar noch gestreckt worden“, erläuterte er.

Die Inflationsrate im Euroraum lag im Juni bei 1,9 Prozent. Für die nächsten Monate erwarten viele Experten einen Anstieg der Teuerungsrate auf Werte über dem neuen EZB-Inflationsziel. Ein Grund ist, dass das Preisniveau in Deutschland im zweiten Halbjahr 2020 von der pandemiehalber vorübergehend gesenkten Mehrwertsteuer gedämpft wurde.

Dieser Effekt dürfte sich nun umkehren. Die EZB erachtet den Preisanstieg als nicht nachhaltig. Für das Jahr 2023 erwartet sie gerade einmal eine Rate von 1,4 Prozent. Damit läge das neue Zwei-Prozent-Ziel der Notenbank noch weit entfernt.

 

Die referenzierte Medienquelle fehlt und muss neu eingebettet werden.
Hatte den Strategiewechsel mit dem neuen Inflationsziel am 8. Juli schon angekündigt: EZB-Chefin Christine Lagarde.

Leitzinsen verharren auf Rekordtief

Die EZB beschloss außerdem, die Leitzinsen auf ihrem rekordtiefen Niveau zu belassen. Der Schlüsselsatz zur Versorgung der Geschäftsbanken mit Geld bleibt damit weiterhin bei 0,0 Prozent. Auf diesem Niveau liegt er bereits seit März 2016. Auch am Einlagesatz von minus 0,5 Prozent rüttelte die EZB nicht. Banken müssen somit weiterhin Strafzinsen zahlen, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder parken.

Die Währungshüter teilten zudem mit, dass die Ankäufe im Rahmen ihres billionenschweren Krisen-Anleihenkaufprogramms Pepp weiterhin deutlich umfangreicher ausfallen sollen als zu Jahresbeginn. Die EZB hatte das Tempo der Käufe im Frühjahr im Vergleich zum Jahresstart deutlich erhöht. Das Monatsvolumen der Käufe lag zuletzt bei 80 Milliarden Euro.

Das im Frühjahr 2020 aufgelegte Programm, das Staatsanleihen, Firmenanleihen und andere Titel umfasst, wurde bereits zweimal aufgestockt. Es hat einen Gesamtrahmen von 1,85 Billionen Euro und die Käufe sollen noch bis Ende März 2022 fortgesetzt werden. (rtr)

(Bild oben: dpa)
– 22. Juli 2021