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Bilanzzahlen / SVBW
„Krisenzeiten sind Sparkassenzeiten“
Für die 50 Sparkassen in Baden-Württemberg war das erste Halbjahr 2021 von einem stark wachsenden Kundengeschäft geprägt. Sowohl die Nachfrage nach Krediten als auch die Einlagen sind während der Corona-Pandemie deutlich gestiegen.

Peter Schneider, Präsident des Sparkassenverbands Baden-Württemberg, erklärte bei der Präsentation der Geschäftszahlen: „Einmal mehr zeigt sich in diesen Tagen: Krisenzeiten sind Sparkassenzeiten. Wir waren vom ersten Tag der Pandemie an voll handlungsfähig und haben die Bargeldversorgung, das Online-Banking sowie die Liquiditätssicherung des Mittelstands und der Wirtschaft insgesamt vollumfänglich garantiert.

Hinzu kamen Tausende, fundierte Beratungsgespräche sowohl in den Filialen als auch in den digitalen Kanälen der Sparkassen. Dazu gibt es viele positive Reaktionen der Kundinnen und Kunden.“ Insgesamt haben die Sparkassen in der  Corona-Krise zehntausende Kredite gestundet mit in der Spitze bis zu 1,7 Milliarden Euro. Gemeinsam mit der LBBW wurden seit März 2020 rund 8100 Förderkredite durch die Sparkassen in Baden-Württemberg vermittelt. 

Diese haben ein Volumen von 2,2 Milliarden Euro. Schneider: „Die Sparkassen wurden so auch ihrer Verantwortung als Marktführer gerecht.“ Die Bilanz zum 30. Juni 2021 ist einmal mehr von einem stark wachsenden Kundengeschäft geprägt. Die Bilanzsumme der 50  Sparkassen in Baden-Württemberg ist deutlich um über 14 Milliarden Euro gestiegen – auf jetzt 229,8 Milliarden Euro. 

Kundeneinlagen steigen um über elf Milliarden Euro

Zur Jahresmitte 2021 ist der Bestand der Kundeneinlagen erneut überdurchschnittlich gewachsen. Innerhalb eines Jahres vertrauten die Menschen den Sparkassen in Baden-Württemberg 11,3 Milliarden Euro mehr an als Ende Juni 2020 – eine höhere Summe als jemals zuvor. Damit liegt der Bestand bei den Sparkassen jetzt erstmals  über 160 Milliarden Euro. Dies ist ein deutliches Plus von 7,5 Prozent. Zum Stichtag 30. Juni 2021 beträgt der Bestand 162,0 Milliarden Euro. 

Die Privatkunden haben rund 8,7 Milliarden Euro mehr auf der hohen Kante als vor einem Jahr (ein Plus von 7,6 Prozent). Insbesondere in den Monaten mit Lockdown erhöhten sie ihre Einlagen besonders stark. Auch die Unternehmenskunden halten ihr Geld zusammen. Ihr Geldvermögen wuchs um 1,8 Milliarden Euro (ein Plus  von 7,1 Prozent).

 

Peter Schneider, Präsident des Sparkassenverbandes Baden-Württemberg.


Einlagen-Wachstum mit Folgen

Auch wenn die Bundesbank in ihrem Monatsbericht im Juni 2021 prognostizierte, dass sich diese starke Spartätigkeit bis Ende 2022 wieder normalisiert, wird dadurch  trotzdem das Ergebnis der Sparkassen belastet. Denn mit dem starken Wachstum auf der Einlagenseite hält das Wachstum auf der Kreditseite nicht mit. „So viele Kredite  können die Sparkassen gar nicht vergeben, wie neue Einlagen eintreffen“, so SVBW-Präsident Schneider.

„Daher müssen auch die Sparkassen wie alle Banken  in Deutschland einen Teil ihrer überschüssigen Liquidität bei der EZB zu einem negativen Zins parken. Dies bringt zwangsläufig Belastungen mit sich.“ Die  expansive Geldpolitik der EZB führt nicht nur zu Negativzinsen, sondern sie treibt auch den Markt insgesamt immer weiter ins Minus. Selbst wenn Sparkassen einen Teil ihrer überschüssigen Liquidität anlegen wollen, gibt es kaum noch Angebote, bei denen sie nicht draufzahlen. 

Schneider: „Auch die neue geldpolitische Strategie der  EZB mit dem neu justierten Inflationsziel von nun zwei Prozent und mit der Möglichkeit der symmetrischen Abweichung nach oben und unten hat das offensichtliche Ziel, mit  Hilfe der Geldpolitik die hohe Staatsverschuldung in Europa weiterhin zu ermöglichen. Für uns heißt das: Wir müssen leider davon ausgehen, dass es eine Zinswende auf Jahre hinaus nicht geben wird“, sagte Schneider. „Daher sind Kreditinstitute gezwungen, Verwahrentgelte auf hohe Einlagensummen zu erheben.“

Dies gelte insbesondere für neue Kunden. „Aber Negativzinsen widersprechen unserem öffentlichen Auftrag und unserer Grundüberzeugung, denn wir sind Sparkassen und keine  Entreicherungskassen.“ Hilfreich wäre, wenn die EZB die Kreditinstitute erheblich stärker von den schädlichen Auswirkungen des Negativzinses entlasten würde. Aktuell liegt die Schwelle, bis zu der Überschussreserven vom Negativzins bei der EZB freigestellt sind, beim Sechsfachen der Mindestreserve eines Kreditinstituts. In anderen  Währungsräumen, zum Beispiel in der Schweiz, ist das Dreißigfache der Mindestreserve freigestellt. 

Wertpapiergeschäft stark ausgebaut

Der Wertpapierumsatz (Käufe plus Verkäufe) erhöhte sich im ersten Halbjahr 2021 gegenüber dem Vorjahreszeitraum deutlich um 1,4 Milliarden Euro auf 13,7 Milliarden Euro. Das ist ein Plus von über 11 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2020. Von Januar bis Ende Juni kauften die Kunden bei den Sparkassen Wertpapiere für 7,9 Milliarden Euro und verkauften Papiere im Wert von 5,8 Milliarden Euro. 

Die Zahl der Wertpapierdepots bei den baden-württembergischen Sparkassen stieg bis Ende Juni 2021 innerhalb eines Jahres um gut drei Prozent auf 965.000. Auch die Zahl der Deka-Sparpläne mit Wertpapieren erhöhte sich deutlich: Seit Anfang Juli 2020 haben die Sparkassenkundinnen und -kunden über 260.000 neue  Deka-Fondssparpläne abgeschlossen – fast 60.000 Neuverträge mehr als im Vorjahreszeitraum.

Schneider: „Die Zahlen zeigen, dass die Kundinnen und Kunden der Sparkassen Wertpapiere als Anlagen in der Corona-Krise deutlich stärker im Blick haben. Gleichzeitig müssen sie aber auch die Risiken berücksichtigen und ihre Anlagen möglichst breit streuen. Zudem hat die Corona-Krise auch der Aufsicht ganz praktisch vor Augen geführt, dass die Regulierung des Wertpapiergeschäfts deutlich über das Ziel hinausgeschossen ist.“

Rekordwerte bei den Kreditbeständen

Am 30. Juni 2021 hatten die Sparkassen 146,3 Milliarden Euro verliehen. Im Vergleich zum Vorjahr konnte das Kreditvolumen erneut gesteigert werden – diesmal um 7,1  Milliarden Euro. Das entspricht einem Plus von 5,1 Prozent. SVBW-Präsident Schneider: „Die ausgewogene Aufteilung der Kreditsumme auf
Privat- und Unternehmenskunden zeigt die gute Risikostreuung in der Kreditvergabe der Sparkassen. Daher sind Sparkassen wenig anfällig für Krisen.“ Die Kredite an Privatpersonen steigen seit Jahren kontinuierlich an. Zwischen Juli 2020 und Ende Juni 2021 wuchs der Bestand um 6,8 Prozent auf jetzt  69,9 Milliarden Euro.

Immobilienkredite weiter im Fokus

Ungeachtet der Corona-Krise entwickelt sich der Markt für Immobilienkredite weiterhin mit sehr hohen Wachstumsraten. Der Bestand wuchs um 8,3 Prozent auf 78,4  Milliarden Euro. Rund 80 Prozent der Summe von 78,4 Milliarden Euro entfallen auf Kredite für Privatpersonen (62 Milliarden Euro). Bauträger und andere Unternehmen haben bei den Sparkassen aktuell rund 16,0 Milliarden Euro ausgeliehen. Schneider: „Die Zahlen zeigen, wie stark die Nachfrage nach Immobilienkrediten anzieht.“

Mehr Kredite an Unternehmen und Selbstständige

Auch der Bestand an Krediten an Unternehmen und Selbstständige ist gewachsen – zwischen Anfang Juli 2020 und Ende Juni 2021 um 3,8 Prozent auf jetzt 68,9 Milliarden Euro.

Rekordzusagen für neue Darlehen

Deutlicher als bei den Bestandszahlen, in denen auch Rückzahlungen und Sondertilgungen enthalten sind, zeigen sich die Aktivitäten der Sparkassen vor allem in den Zusagen von neuen Krediten. Diese haben im ersten Halbjahr 2021 mit insgesamt 16,1 Milliarden Euro einen neuen Höchststand erreicht – und dies obwohl der Wert  bereits im ersten Halbjahr 2020 sehr hoch war. Gleichzeitig wurden 14,2 Milliarden Euro in den vergangenen sechs Monaten auch tatsächlich ausgezahlt – ein neuer Rekordwert.

Mehr als 8000 Förderkredite bei KfW und L-Bank

In vielen zehntausend Beratungsgesprächen haben die Sparkassen seit Beginn der Corona-Krise mit ihren Kundinnen und Kunden Lösungen für finanzielle Engpässe gesucht und gefunden. Neben der Aussetzung von Ratenzahlungen handelt es sich dabei in erster Linie um neue Kredite, Überbrückungsgelder und die  Zuschuss- und Förderkreditangebote aus den Programmen der staatlichen Förderbank KfW sowie der landeseigenen L-Bank und der Bürgschaftsbank. So haben die  Sparkassen über die LBBW für ihre Kundinnen und Kunden rund 7800 Kreditanträge mit einem Volumen von 2,1 Milliarden Euro bei der KfW beantragt.

Darüber hinaus  gingen rund 270 Kreditanträge mit einem Volumen von 80 Millionen Euro an die L-Bank. Gerade bei den Förderkrediten zeigt sich besonders die Leistungsfähigkeit im Verbund. Ihr Know-how bündelt die Sparkassen-Finanzgruppe in einer eigenen Abteilung bei der LBBW. Dort sind über 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Förderkredite spezialisiert.

Sparkassen erwarten 2021 ordentliches Ergebnis

Für das Jahr 2021 erwarten die Sparkassen in Baden-Württemberg ein leicht niedrigeres Ergebnis als im vergangenen Jahr. Der Zinsüberschuss lag 2020 bei 3,09 Milliarden Euro (2019: 3,18 Milliarden). Für 2021 rechnen die Sparkassen zur Zeit damit, dass der Zinsüberschuss um rund 120 Millionen Euro sinken wird. Der Ordentliche Ertrag erreichte 2020 einen Wert von 1,28 Milliarden Euro. 2019 lag dieser Wert bei 1,24 Milliarden Euro. Auch in diesem Jahr rechnen die  Sparkassen damit, dass sie den Ordentlichen Ertrag erneut steigern können – diesmal um rund 30 Millionen Euro. 

Nach einem leichten Rückgang im vergangenen Jahr  rechnen die 50 Sparkassen in Baden-Württemberg damit, dass der Ordentliche Aufwand in diesem Jahr um rund 80 Millionen Euro auf 2,90 Milliarden Euro steigen wird. Hier wird vor allem bei der IT-Ausstattung und beim Personal mit Mehrkosten gerechnet. 2020  erzielten die Sparkassen in Baden-Württemberg ein Betriebsergebnis vor Bewertung von 1,54 Milliarden Euro. 2021 werden rund 1,37 Milliarden Euro erwartet. 

Bei der Risikovorsorge für möglicherweise ausfallende Kredite planen die Sparkassen erneut mehr Geld ein. Am Ende des Jahres 2020  lag diese bei 216 Millionen Euro. Jetzt kalkulieren die Sparkassen mit 320 Millionen Euro. 

„Unsere Zahlen zeigen, wie stabil der baden-württembergische Mittelstand vor der Krise aufgestellt war und wie gut die staatlichen Hilfsprogramme gewirkt haben“, so Schneider. „Vor einem Jahr, Ende Juni 2020 bildeten die Sparkassen noch 400 Millionen Euro Risikovorsorge für notleidende Kredite. Dieser  Betrag hat sich im Laufe des zweiten Halbjahrs fast halbiert auf 216 Millionen Euro. Das ist vor allem auch den staatlichen Hilfsprogrammen zu verdanken, von denen  zahlreiche Unternehmenskunden profitierten.“ 

Aktuell erwarten die Sparkassen eine Kreditrisikovorsorge in Höhe von 320 Millionen Euro. Schneider: „Dies wäre gut  verkraftbar. Allerdings gehen wir davon aus, dass diese Risikovorsorge wie im vergangenen Jahr erneut im zweiten Halbjahr sinken wird – vorausgesetzt es ist kein  weiterer Lockdown notwendig.“ Am Ende wird sich der verfügbare Gewinn zwar verringern, aber mit rund 700 Millionen Euro immer noch ordentlich sein.

400.000 Euro für Betroffen der Flutkatastophe

Die Auswirkungen der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen haben  Deutschland erschüttert. Daher ist auch in der Sparkassen-Finanzgruppe eine große Spendenaktion angelaufen. Die Institute der Sparkassen-Finanzgruppe  Baden-Württemberg beteiligen sich mit 400.000 Euro an der Spendenaktion. Darüber hinaus hat der Deutsche Sparkassen- und Giroverband zwei Millionen Euro zugesagt  und die DekaBank eine Million Euro. Etliche Sparkassen in Baden-Württemberg haben auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für ihren ehrenamtlichen Dienst im  Deutschen Roten Kreuz und Technischen Hilfswerk freigestellt.

 

Weitere Informationen 

 

(Bild oben: SFG)
– 29. Juli 2021