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Sparkassengeschichte / Bildstrecke
Was bis heute geblieben ist
Vor 50 Jahren sah die Sparkassenwelt ganz anders aus. Der ehemalige Sparkassenmitarbeiter Wolfgang Kortgödde schildert seine Erinnerungen. Eines habe sich bis heute nicht verändert.
Blick in eine Sparkassenfiliale der 1960er-Jahre. Eine komfortable Zinsspanne sicherte den Sparkassen damals eine meist sorgenfreie Rentabilität. Da blieb oft noch etwas übrig für gediegenes Interieur.

Manches Haus hatte laut Wolfgang Kortgödde sogar Schwierigkeiten damit, den Gewinnausweis durch Bildung stiller Reserven so zu drosseln, dass die Begehrlichkeiten des Gewährträgers nach höheren Gewinnausschüttungen gebremst wurden.

 

Die Zinsen auf den Kundenkonten wurden noch bis in die 1980er-Jahre in manchen Häusern manuell mithilfe von Gillardon-Tabellen errechnet.

Die Zinsrechnung war oft eine Nebentätigkeit der Kassierer, von denen der Firmengründer Wilhelm Gillardon auch einmal einer war. Das Unternehmen des Zinstabellen-Erfinders heißt heute msgGillardon.

Das Software- und Beratungshaus aus Bretten in Baden-Württemberg feiert in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen.

 

Bevor sich die Elektronische Datenverarbeitung (EDV) in den Sparkassen etablierte, fielen regelmäßig Inventuren der Kundenkonten an. Das bedeutete viele Überstunden für die Mitarbeiter.

Daraus wurde dann die Überstunden-Pauschvergütung, das sogenannte 13. Gehalt. Das Bild zeigt den Schalter einer Nebenzweigstelle der Kreissparkasse Wittmund.

 

Die Kundenkommunikation in den 1960er-Jahren verlief entweder direkt oder beschränkte sich auf die Hilfsmittel Telefon und Fernschreiber. In großen Häusern gab es intern manchmal Rohrpostanlagen, hier in der ehemaligen Stadtsparkasse Dresden.

Die Ostsächsische Sparkasse Dresden weihte die historische Anlage am Güntzplatz nach einer Restaurierung im Jahr 1997 wieder ein und hielt sie bis etwa 2016 in Betrieb.

30 bipolare Rohre verbanden Service-Center, Beraterhalle und Kasse mit der sogenannten Wertezentrale. Das längste Rohr überbrückte eine Entfernung von 113 Metern.

 

Eine Saldiermaschine im Einsatz. Zur aktiven Zeit von Wolfgang Kortgödde wurden täglich noch alle Umsätze auf Walzenbuchungs-Maschinen umgebucht. Fast jeden Abend mussten sich Mitarbeiter auf Fehlersuche begeben, „zur Stärkung gab es Würstchen oder Ölsardinen“, sagt Kortgödde.

Gerechnet wurde mit Walter-Additionsmaschinen. Die sogenannten Fazit-Vierspezies-Maschinen mit Kurbel oder sogar Elektroanschluss waren das höchste der Gefühle, da kostete das Stück aber auch 4000 D-Mark.

 

Blick in den Schalterraum der Kreissparkasse Friedberg um 1973. Heute unterhält die Sparkasse Oberhessen in Friedberg ein Beratungscenter. 

Vor den großen Fusionswellen kannten die Sparkassenvorstände oft alle Mitarbeiter und viele Kunden persönlich. Viele Tätigkeiten von damals fallen mittlerweile nicht mehr an. Eine Kasse gibt es heute oft nur noch in der Hauptstelle, Geld und Kontoauszüge kommen aus dem Automaten.

 

Ein Wertpapierberaterin der Stadtsparkasse Frankfurt mit einem Kundenpaar, um 1970. In Zeiten hoher Renditen von fünf bis sechs Prozent waren Sparkassenbriefe oder Ratensparverträge für Kunden attraktiv und brachten den Häusern eine auskömmliche Gewinnspanne.

 

Diese Damen und Herren waren vor etwa 60 Jahren in der Giroabteilung der Städtischen Sparkasse Stuttgart unter anderem damit beschäftigt, Überweisungsaufträge für den Versand zur Girozentrale aufzubereiten.

Für die Zahl der Mitarbeiter pro Sparkasse galt damals noch eine Faustregel: ein Mitarbeiter pro eine Million durchschnittliche Bilanzsumme (DBS). Diese Relation sei heute dank Technikeinsatz undenkbar, so Kortgödde.

 

Formvollendet wie die Kunst am Bau im Bildhintergrund war in westdeutschen Sparkassen die korrekt-dezente Kleidung der Mitarbeiter und auch vieler Kunden, die oft Krawatte trugen.

Neben perfektem Äußeren sei in den Häusern vor allem Allround-Wissen gefragt gewesen, sagt Kortgödde. Sparkassenmitarbeiter hatten in der Regel einen Lehrabschluss, Führungskräfte absolvierten zusätzlich einen Fachlehrgang. Ausbildungen am Bonner Lehrinstitut oder ein Universitätsstudium waren große Ausnahmen.

 

Sparkassenkassierer hatten oft eine Pistole in einer Schublade, um gegen Überfälle gewappnet zu sein, berichtet Kortgödde.


Was ist bis heute gelieben?

Was sich bis heute nicht geändert habe, sei der grundlegende Bedarf des Kunden, sagt Kortgödde. Dieser wünsche sich eine freundliche, kompetente und persönliche Bedienung – möglichst in einer gut erreichbaren Filiale. 

Zum Autoren

Der heute 76-jährige gebürtige Rheinländer Wolfgang Kortgödde war nach seiner Schulzeit zehn Jahre bei der Sparkasse Hilden tätig, heute Sparkasse Hilden-Ratingen-Velbert. Weitere zehn Berufsjahre verbrachte er als Verbandsprüfer bei der Prüfungsstelle in Düsseldorf.

1980 wechselte er als Revisionsleiter zur Sparkasse Gifhorn-Wolfsburg und übernahm dort von 1990 bis zu seinem Ruhestand die Leitung des Bereichs Organisation. Neben der fachlichen Leitung war Kortgödde stellvertretendes Vorstandsmitglied der Sparkasse Gifhorn. Bis heute hält er sich mit der Sparkassenzeitung auf dem Laufenden.

4. Dezember 2020