Zurück
Homeoffice
Zwischen Home und Office
Am 1. Juli ist die von der Bundesregierung in der Bundesnotbremse verordnete Homeoffice-Pflicht ausgelaufen. Welche Regeln gelten künftig bei Sparkassen?

Unter dem Strich zieht Claudia Sigl eine positive Bilanz. „Insgesamt sind die Erfahrungen mit dem Homeoffice sehr gut“, sagt die Direktorin Personal der Sparkasse Nürnberg. Vieles habe sich sehr schnell eingespielt und erwartete Probleme hätten sich kaum aufgetan. „Abstimmungsprozesse etwa konnten wir deutlich effizienter gestalten und abwickeln. Im Kontakt mit den Kundinnen und Kunden waren die Erfahrungen im Wesentlichen ebenfalls positiv, aber auch von der Technikaffinität der Kundinnen und Kunden abhängig.“

Serviceanliegen hätten sich tendenziell noch stärker auf das Kundenservicecenter und Onlinebanking verlagert. Etwas gelitten haben jedoch die betrieblichen Kontakte. Um den Austausch zu fördern, organisierten die Nürnberger regelmäßig virtuelle Teamrunden und Coffie-Breaks. Spürbar sei jedoch, dass sich Mitarbeiterinnen und auch Kunden wieder mehr nach persönlichem Austausch und Präsenz sehnten, beobachtet Sigl.

Am 1. Juli 2021 ist die von der Bundesregierung in der Bundesnotbremse verordnete Homeoffice-Pflicht ausgelaufen. Ein vollständiges Zurück zum Zustand vor der Pandemie wird es für viele Institute jedoch nicht geben, wie eine Umfrage der SparkassenZeitung von Anfang Juli zeigt. Die Sparkasse Nürnberg etwa analysierte im Projekt „anders@arbeiten“ die weitere Flexibilisierung des Arbeitsortes und der Arbeitsplätze und entwickelte die Rahmenbedingungen weiter. „Künftig kann bis zu 80 Prozent der vereinbarten Arbeitszeit mobil gearbeitet werden. Wie bisher ist eine Absprache mit der Führungskraft Pflicht und die betrieblichen Abläufe müssen sichergestellt sein“, sagt Sigl. 

 

Auch nach der Pandemie wird es mehr Arbeiten im Homeoffice geben als zuvor.


Auch bei der Berliner Sparkasse kann der überwiegende Teil der Beschäftigten mobil arbeiten. In der Ausnahmesituation der Pandemie wurde in Rekordtempo die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mobil arbeiten können, von 1600 Anfang März 2020 auf heute 2900 erhöht. Das entspricht mehr als zwei Dritteln der Gesamtbelegschaft. Bis vorerst Ende August ist das mobile Arbeiten laut Pressesprecher Alexander Greven bis zu 100 Prozent möglich.

Auch die Nassauische Sparkasse, die – wie viele andere Institute – schon vor der Coronapandemie Homeoffice beziehungsweise mobiles Arbeiten angeboten hatte, hält seit dem 1. Juli an dem erweiterten Homeoffice-Angebot für ihre Belegschaft fest. Voraussetzung sei, dass alle Bereiche arbeitsfähig blieben, die man brauche, um den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten, unterstreicht Klaus Schlee, Zentralbereichsleiter Vorstandsstab und Kommunikation der Naspa.

Produktivitätsverluste habe man nicht festgestellt, dafür eine steile Lernkurve beim Einsatz von digitalen Kommunikations-Tools. „Unsere Kundinnen und Kunden haben erfahren, dass sie sich auch auf Distanz auf uns verlassen können, weil wir schnell die Voraussetzungen geschaffen haben, auch aus dem Homeoffice uneingeschränkt für sie da zu sein.“ Dank Digitalisierung habe man Dienstleistungen in den digitalen Raum verlegen können. Als Beispiele nennt Schlee die digitale Unterschrift auf Kreditanträgen oder die dezentrale Sprachaufzeichnung der Wertpapierberatung. 

 

Dienstleistungen können heute auch digital erbracht werden. 


Die Stadtsparkasse Augsburg betrachtet grundsätzlich eine Tätigkeit von maximal 60 Prozent im Mobile Office als sinnvoll für Arbeitgeber und Arbeitnehmer und hat das auch in ihrer Dienstvereinbarung so definiert, wie Karin Porsche von der Bereichsleitung Personal, Recht, Unternehmenskommunikation und Vorstandsstab, erklärt. Coronabedingt sei in Einzelfällen eine 100-prozentige Tätigkeit im Mobile Office genehmigt worden, abhängig von den Inzidenzzahlen werde dies wieder zurückgenommen.

„Unsere Mitarbeitenden lehnen eine Tätigkeit zu 100 Prozent im Mobile Office ab, da ihnen die Kontakte und der fachliche Austausch mit Kolleginnen und Kollegen fehlen“, sagt  Porsche. Viele hätten auch erkannt, dass es schwierig sei, im Mobile Office zu arbeiten, wenn gleichzeitig Kinder im Home-Schooling zu betreuen seien und eventuell auch die Partner mobil arbeiteten.

Wie die Naspa hat die Stadtsparkasse Augsburg von Kundenseite positives Feedback bekommen. Die Kunden hätten sich während der Pandemie nicht daran gestört, dass Mitarbeitende im Mobile Office arbeiten und die angebotenen technischen Möglichkeiten gern angenommen, um in Kontakt mit ihren Beratern/Betreuern zu bleiben. „Gerade in den gehobenen Kundensegmenten stellen wir aber fest, dass mit fallenden Inzidenzzahlen der Wunsch nach persönlicher Betreuung wieder zunimmt“, so Porsche.

 

Kundinnen und Kunden haben sich nicht daran gestört, dass Mitarbeitende im Mobile Office arbeiten und die angebotenen technischen Möglichkeiten gern angenommen, um in Kontakt mit ihren Beratern zu bleiben.


Auch die LBBW wird ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weiterhin die Möglichkeit zum mobilen Arbeiten anbieten. Ziel sei es jedoch, im Laufe der nächsten Wochen die Präsenzquote in der Bank nach und nach wieder umsichtig zu erhöhen, so ein Sprecher. Konkrete Quoten oder Zeitpunkte dafür gebe es nicht. Sicherlich werde das Thema mobiles Arbeiten aber auch künftig bei der LBBW einen höheren Umfang haben als vor der Pandemiezeit. Zu Spitzenzeiten während der Pandemie lag die Präsenzquote in der Bank bei unter 30 Prozent. 

Die Mittelbrandenburgische Sparkasse (MBS) hatte während der Pandemie gleichfalls ihr Angebot zum mobilen Arbeiten deutlich ausgeweitet und hält daran vorerst fest. „Parallel arbeiten wir an einer Anpassung der Vor-Corona-Vereinbarung, die gegebenenfalls eine Ausweitung der Möglichkeit für mobiles Arbeiten enthalten wird“, sagt Cornelia Kuhlmey vom Vorstandsstab/Kommunikation. Die meisten Kollegen und Kolleginnen wünschten sich nach Corona eine hybride Lösung, die sowohl das Arbeiten am Arbeitsplatz als auch das mobile Arbeiten ermöglicht. 

 

Viele Häuser wollen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch nach Corona die Möglichkeit geben, zeitweise im Homeoffice zu arbeiten.


Dasselbe Feedback hat Thomas Metzke, Vorstandsmitglied bei der Sparkasse Vorpommern, bekommen. „Unter Corona haben wir gelernt, dass viel mehr geht als wir uns vorgestellt hatten. Künftig werden wir es unseren Mitarbeitern ermöglichen, soweit gewünscht, im Homeoffice zu arbeiten. Wir streben eine 4:1-Lösung an, also bis zu vier Tage im Homeoffice, ein Tag im Büro.“ Natürlich gebe es aber auch Arbeitsplätze wie beim Kollegen an der Kasse, bei denen das nicht möglich sei. 

Arbeiten immer mehr Sparkässler auch von zu Hause aus, sinkt naturgemäß der Bedarf an Büroflächen. Für viele Institute ist das schon länger ein Thema. „Aktuell beschäftigen wir uns mit neuen Konzepten, in denen die veränderte Situation ihren Niederschlag finden wird“, sagt Kuhlmey von der MBS in Potsdam. Bereits vor Beginn der Pandemie habe es Überlegungen zur künftigen Nutzung der Büroflächen insbesondere in den Verwaltungsbereichen gegeben, heißt es bei der Naspa. „In den vergangenen 15 Monaten haben sich auch die Bedürfnisse der Mitarbeitenden verändert. Um diesen neuen Anforderungen gerecht zu werden, arbeiten wir derzeit an einem Nutzungskonzept, in das vor allem auch die Erfahrungen aus dieser Zeit einfließen“, so Schlee. 

 

Arbeiten immer mehr Sparkässler auch von zu Hause aus, sinkt naturgemäß der Bedarf an Büroflächen. Auch dies ist ein Aspekt, den es in Zukunft zu beachten gibt.


Die Sparkasse Nürnberg wird ihre Arbeitsplätze künftig flexibilisieren, das heißt, es gibt, wo möglich, Desk-Sharing. „Damit können wir die Flächen- und Arbeitsplatznutzung optimieren“, unterstreicht Sigl. Karin Porsche von der Stadtsparkasse Augsburg sieht ebenfalls Auswirkungen auf die Anzahl der zur Verfügung gestellten Arbeitsplätze. „So können Ressourcen gespart und darüber hinaus Kosten gesenkt werden.“

Einen Rechtsanspruch auf Homeoffice, wie ihn der DGB fordert und auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil ins Spiel gebracht hatte, lehnen viele Arbeitgeber jedoch ab. „Da die Unternehmen höchst unterschiedliche Voraussetzungen haben, halte ich es nicht für angemessen, den Unternehmern mobiles Arbeiten aufzuzwingen“, sagt zum Beispiel Claudia Sigl von der Sparkasse Nürnberg. Es gebe viele Berufsgruppen, in denen dieses Modell gar nicht denkbar sei.

Bei Berufsbildern und Arbeitsplätzen, die für mobiles Arbeiten und Homeoffice geeignet seien, sei es jedoch für Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Win-win-Situation. „So ist es schwer vorstellbar, dass ein moderner zukunftsgerichteter Arbeitgeberbetrieb kein mobiles Arbeiten beziehungsweise Homeoffice anbietet. Es gibt viele Gründe von wirtschaftlichen Vorteilen bis hin zur Attraktivität als Arbeitgeber*in, dies in einem individuell auf das Unternehmen zugeschnittenen Rahmen anzubieten“, so Sigl.

 

Eli Hamacher (Bilder: Shutterstock)
– 14. Juli 2021

Anonymous (nicht überprüft)

Der Artikel zeigt auf, wie unterschiedlich die einzelnen Häuser zukünftig mit diesem Thema umgehen wollen. Für viele Arbeitnehmer/innen wir ein hohes Maß an möglicher Flexibilität ein wichtiger Faktor sein…. wahrscheinlich wird man in den Stellenanzeigen „von morgen“ auch hiermit den „Vorteil Sparkasse“ (als Arbeitgeber) gut unterstreichen können / müssen.

Peter M.

Stimmt, gerade für junge Menschen könnte das künftig ein wichtiges Argument für oder gegen einen potenziellen Arbeitgeber sein.