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Finanz Informatik / Personalie
Volle Power für den gemeinsamen Weg zum Kunden
Zum Jahresende übergibt Franz-Theo Brockhoff als Chef der Finanz Informatik den Staffelstab an Andreas Schelling. 25 Jahre war Brockhoff dann für die Sparkassen-IT tätig. Sein eindringlicher Appell zum Abschied: „Skalen heben, Tempo machen, standardisieren und verbinden!“

Der hochgewachsene Manager ist in der Finanzgruppe für seine Energie und seine offenen Worte bekannt. Trotzdem kann er auch Selbstkritik. Brockhoff hatte seit seinem Einstieg in die Geschäftsführung der Buchungszentrale westfälisch-lippischer Sparkassen (BWS) 1995 mehrere Fusionsstufen der FI-Vorgängerinstitute mit begleitet, die 2008 in die heutige FI mündeten. Aus heutiger Sicht sieht er die Schwächen dieses Prozesses deutlicher.

Vielfach seien bei den Zusammenschlüssen Wünsche und Anforderungen der Kunden „mitgeschleppt“ worden, die später nicht mehr benötigt wurden und letztlich zweimal bezahlt werden mussten: beim Einbau und beim Rückbau aus den gemeinschaftlichen Systemen. Aber immerhin habe man konsequent die Kunden und Gesellschafter auf ein einheitliches, gemeinsames System verpflichtet – das heutige OSPlus.

Bremsen ausbauen

Das Bedürfnis, sich innerhalb der technischen Infrastruktur ein und desselben Verbundes voneinander abzuheben, wertete Brockhoff im Gespräch mit der "Börsenzeitung" jüngst etwas überspitzt als „historisch und hysterisch getrieben.“ Damit wendet er sich nicht gegen eine differenzierte Kundenansprache mit regionalen Ausprägungen und Konditionen, wohl aber gegen Mehrfachlösungen im Verbund, etwa bei der Verwaltung von Kundenstammdaten oder Passworten. Generell müsse das Kundenerlebnis noch stärker in den Vordergrund rücken.

 

Tritt zum Jahresende in den wohlverdienten Ruhestand: Franz-Theo Brockhoff, Vorsitzender der Geschäftsführung.


Was im Hintergrund läuft, sollte stringenter vereinheitlicht werden, so sein Credo. Auch Eingabemasken und Internet-Auftritte können aus Sicht des noch amtierenden FI-Chefs unter dem „roten S“ bundesweit ähnlich oder gleich sein, ohne dass Kundennähe verlorengeht. Bei den Sparkassen habe man mit der Internet-Filiale oder der Sparkasse-App samt Satelliten-Apps wie „S-Invest“ bereits viel erreicht, aber im Verbund sieht er noch Potenzial für weitere Vereinheitlichungen.

Auch die Geschwindigkeit, in der neue Anwendungen der FI von den Sparkassen in der Fläche eingesetzt und angeboten werden, müsse noch steigen – auch wenn die FI hier zusammen mit den Regionalverbänden schon sehr weit in der Roll-out-Unterstützung gekommen sei.

Kritische Infrastruktur

Brockhoff kennt die Sparkassen-IT noch aus ganz alten Zeiten. Mitte der 1990er Jahre kam er von Nixdorf und war dann Geschäftsführer mehrerer FI-Vorgängerunternehmen. 2008 wurde er stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung des neu fusionierten zentralen IT-Dienstleisters der Sparkassen-Finanzgruppe, den er seit 2015 führt.

In dieser Zeit hat er nicht nur den Weg „von der Lochkarte zur Cloud“ erlebt, sondern auch den zunächst oft unbemerkten Bedeutungsgewinn und die Gestaltungspflicht der IT in der Finanzwirtschaft, die oft als Machtzuwachs gedeutet wurden. Rechnergestützte Informationsverarbeitung gibt es auch in den Sparkassen schon seit vielen Jahrzehnten.

Die massive Digitalisierung des gesamten Geschäfts aber fordert von der IT auch neue Managementkompetenzen. „Klarer sagen, was geht und was nicht“ nennt Franz-Theo Brockhoff diese Aufgabe. Geschäftsstrategie, Bankfachlichkeit und IT-Strategie sind heute so eng verwoben, dass die FI und ihre Töchter einerseits sehr viel früher in den Entscheidungsprozessen involviert sind, sich gleichzeitig in den Entwicklungsprozess aber sehr viel mehr am Endkunden und -anwender orientieren.

Dazu dient unter anderem auch der von Brockhoff angestoßene Sparkassen Innovation Hub in Hamburg mit seiner AHOI-Schnittstelle, oder das KI-Kompetenz-Center KiXPerts in Frankfurt.

 

Tritt an die Spitze der FI: Andreas Schelling.


Ein Team

Gerade die letzten Jahre hat er dabei selbst auch dazugelernt. Brockhoff räumt ein, dass er die Eigenwilligkeit und Besonderheiten der Sparkassen-Organisation etwa beim Projekt „Yomo“ unterschätzt hat. Die IT muss also nicht nur technisch möglich machen, was sich Vorreiter in der Gruppe ausdenken – ihre Argumente müssen auch diejenigen überzeugen, denen die Vorteile neuer gemeinschaftlicher Lösungsansätzen noch nicht unmittelbar einleuchten.

Wo früher nur Daten im Hintergrund verarbeitet wurden, ist daher heute vermehrt auch Anschubkommunikation in den Gremien der Gruppe nötig.

Dicke Wände

Offenheit nach innen – Geschlossenheit nach außen, so könnte man die Situation der Sparkassen-IT zum Ende der Ära Brockhoff zusammenfassen. Mit dem gemeinschaftlichen System OSPlus, das inzwischen auch große Verbundpartner intensiv nutzen, hat die Finanzgruppe ein großes gemeinschaftliches Asset geschaffen, mit dem sie in der Plattformwelt nah bei Kunden ist.

Der Erfolg der Sparkassen und ihr hoher Vernetzungsgrad macht sie aber auch zu einem attraktiven Ziel für Störer und kriminelle Angriffe von außen. In der Cyberabwehr gelte daher „üben, üben, üben – und dickere Wände bauen“ – das hat auch Franz-Theo Brockhoff gelernt und verinnerlicht.

Mehr Mut

Seinen Job als Chef des zentralen IT-Dienstleisters der Sparkassen hat Brockhoff erkennbar geliebt. Die damit verbundene Verantwortung hat er „sehr gerne getragen“, wie er selber sagt. Das ist keine Worthülse.

Wo auch immer Franz-Theo Brockhoff nun im Ruhestand Verbesserungsbedarf ausmachen wird, können sich die Betreffenden schon mal warm anziehen. Sie bekommen es mit echter Begeisterung und Überzeugung zu tun.

Anke Bunz, Florian Schleicher
– 24. Dezember 2020