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DSGV-Retentionstudie 2019/20 / waswillstdumehr
Arbeitserleben von Azubis und jungen Mitarbeitenden
In einer dreiteiligen Serie geben die BBL Einblicke in die Bankausbildung, den Übergang in den Beruf und die Tätigkeit in der Sparkasse aus Sicht der Auszubildenden und Nachwuchskräfte.

In den vergangenen Jahren hat sich die Zahl der Bewerbungen um einen Ausbildungsplatz bei Sparkassen fast halbiert, das macht die Nachwuchssuche nicht leichter. Doch besonders schwer scheint vielen Häusern zu fallen, junge Mitarbeitende nach der Ausbildung zu binden.

Warum das so ist und wo man ansetzen kann, um die Situation zu ver­bessern, hat eine „Retentionstudie“ erörtert – durchgeführt vom Deut­schen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) und der Hochschule für Technik Stuttgart. Die Ergebnisse der Studie werden aktiv in das DSGV-Projekt „Bankausbildung 2020“ einbezogen.

Ablauf der Studie und Teilnehmer

In einem ersten Schritt sind zunächst die Sichtweisen von 1873 Auszu­bil­denden (davon 105 dual Studierende) sowie 1053 jungen Mitarbei­tenden, die bis zu drei Jahre nach dem Abschluss ihrer Ausbildung stan­den, erfasst worden. In einem zweiten Schritt sind dann 164 Personal­ver­antwortlichen und 29 Vorstandsmitgliedern die Ergebnisse der ersten Befragung zurückgespiegelt und Einschätzungen dieser Gruppen eingeholt worden. Insgesamt haben 129 Sparkassen – verteilt über ganz Deutschland – teilgenommen (siehe Abbildung 1).

Themen der Studie

Befragungsgegenstand waren unter anderem folgende zentralen Themenfelder der Aus- und Weiterbildung:

  • Onboarding-Prozess zu Beginn der Ausbildung;
  • Aufgaben und Gestaltung der Ausbildung;
  • Übernahmeprozess;
  • Weiterbildung und Karriere;
  • Führung;
  • Leistungsbeurteilung;
  • Digitalisierung.

Zudem sind Unternehmenskultur und Arbeitgeberattraktivität von den Auszubildenden und jungen Mitarbeitenden bewertet worden. Der Schwerpunkt der Befragung lag auf der Einschätzung der Zufriedenheit in den einzelnen Themenfeldern, dem Commitment insgesamt und dem Abgleich der Sichtweisen der Auszubildenden und jungen Mitarbeitenden mit denen der Vorstandsmitglieder sowie Personalverantwortlichen.

Erste Einblicke in die Studienergebnisse

Arbeitserleben Auszubildender
Einerseits zeigen sich 73 Prozent der Auszubildenden zufrieden mit dem Onboarding-Prozess in der Sparkasse. Auch hinsichtlich der Aufgaben gibt der überwiegende Teil der Befragten an, zufrieden zu sein. Die Zufriedenheit nimmt jedoch im Laufe der Ausbildung ab.

81 Prozent sind mit der Betreuung durch die Personalabteilung und Ausbildungsbe­gleitenden zufrieden. 78 Prozent sehen das Verhalten ihrer Führungskräfte als werteorientiert an. 71 Prozent bestätigen, gut auf die Arbeit im Vertrieb vorbereitet zu sein.

Nur 41 Prozent fühlen sich auf die Arbeit in internen Bereichen gut vorbereitet. Im Rückblick auf die Ausbildung verstärkt sich diese Sichtweise (siehe Abbildung 2).

Es zeigt sich, dass 42 Prozent zusätzlich ein Patenprogramm mit älteren Auszubildenden im Zuge des Onboarding-Prozesses zu Beginn der Ausbildung wünschen. Lediglich 60 Prozent der Auszubildenden sind zufrieden mit der Leistungsbeurteilung während der Ausbildung und nur etwas mehr als die Hälfte ist davon überzeugt, dass der Übernahme­prozess fair ist.

Insgesamt zeichnen die Auszubildende ein positives Bild ihrer Aus­bil­dung in den Instituten. Folgende Themen können dabei als erste Handlungsfelder identifiziert werden:

  • Einführung von Patenprogrammen;
  • Angebot von abwechslungsreicheren und verantwortungsvolleren Aufgaben während der Ausbildung;
  • intensivere Vorbereitung auch auf Aufgaben im Stabs- und Steuerungsbereich;
  • transparente und faire Leistungsbeurteilung verbunden mit einem als fair empfundenen Übernahmeprozess.

Arbeitserleben junger Mitarbeitender nach der Ausbildung
Die jungen Mitarbeitenden fühlen sich ihren Aufgaben gewachsen. 88 Prozent von ihnen geben an, dass sie die für ihre Arbeit notwendigen Fähigkeiten beherrschen. 91 Prozent fühlen sich sicher im Umgang mit neuen IT-Technologien und digitalen Medien.

Beim überwiegenden Teil zeigt sich, dass die Arbeit der Führungskräfte geschätzt wird. So bewerten 77 Prozent der jungen Mitarbeitenden das Verhalten ihrer Führungskräfte als werteorientiert. 55 Prozent der Befragten geben an, große Freiräume bei der Arbeitsausführung zu haben.

Weniger positiv werden individuelle Karriereförderung und Unternehmenskultur erlebt. So halten nur rund 50 Prozent der jungen Mitarbeitenden die Auswahl der Weiterbildungs­möglichkeiten für gut. Für lediglich 37 Prozent sind die Karrierepfade transparent.

42 Prozent sind zufrieden mit der Unternehmenskultur und 35 Prozent der jungen Mitarbeitenden halten Sparkassen für innovative Unterneh­men (siehe Abbildung 3).

Insgesamt zeichnen die jungen Mitarbeitenden ein deutlich weniger positives Bild als die Auszubildenden. Sie fühlen sich ihren anstehenden Aufgaben gewachsen, aber können nur teilweise bei der Arbeitsaus­führung und -gestaltung mitbestimmen.

Zudem ist ein großer Teil nicht zufrieden mit den Weiterbildungs­möglich­keiten, Karrierepfaden und Aufstiegschancen in der jeweiligen Sparkas­se. Sie wünschen sich mehr Transparenz sowie Unterstützung. Aus der Studie lassen sich folgende Themen als erste Handlungsfelder ableiten:

  • Förderung einer mitarbeiterorientierten Unternehmenskultur;
  • Erweiterung der Angebote und Transparenz hinsichtlich der Karriere- und Weiterbildungsmöglichkeiten;
  • Schaffung attraktiverer Tätigkeiten und Aufgaben durch mehr Gestaltungsmöglichkeiten.

Was tut die Sparkassen-Finanzgruppe?

Für Bankkaufleute, deren neue Ausbildungsordnung am 11. Februar 2020 im Bundesanzeiger veröffentlicht worden ist, hat das DSGV-Projekt „Bank­aus­bildung 2020“ in der ersten Projektphase modulare Lösungsange­bote zur Modernisierung der betrieblichen Ausbildung, welche auf die oben benannten Handlungsfelder Bezug nehmen, entwickelt. Die modularen Lösungsangebote umfassen unter anderem Konzepte, Instrumente, Praxisbeispiele.

Im Projekt ist ein pädagogisch-organisatorisches Konzept entwickelt worden, das dabei unterstützt, den Ausbildungsrahmenplan der neuen Ausbildungsordnung betrieblich umzusetzen. Zudem sind Lösungsan­gebote im Themenfeld „Bindung und Talentmanagement“ erarbeitet worden. Dabei wird sowohl die Zeit vor, während und nach der Ausbil­dung berücksichtigt. Der Fokus liegt dabei auf den zentralen Themen:

  • Onboarding;
  • S-Karriere;
  • (inter-)kulturelle Kompetenz.

Ein ganzheitliches „Feedback-System“, das die Auszubildenden und ihre Themen in den Mittelpunkt stellt, ist ebenfalls erarbeitet und digital umgesetzt worden. Es umfasst die Elemente „Leistungskompass, Azubi-LeistungsCheck und Erwartungsmanagement“, die jeweils institutsspe­zifisch implementiert werden können.

Da sich die Anforderungen an die Berufstätigkeit ändern, stellt das Projekt auch die Auswahlverfahren auf den Prüfstand und passt diese den neuen Anforderungen an.

Aber nicht nur die Auszubildenden werden im Projekt betrachtet, son­dern auch die Ausbilderinnen und Ausbilder vor Ort und die zentralen Verantwortlichen in den Personalbereichen, deren Rollenbild sich verändert.

Schulungskonzepte und digitale Lernmedien werden konzipiert, um alle an der Ausbildung beteiligten Personen, Auszubildende und Ausbilder, zu unterstützen. Die Ergebnisse finden sich im Umsetzungsbaukasten unter der Adresse www.umsetzungsbaukasten.de im dort hinterlegten Rollout-Leitfaden (ROLF) zum Projekt Bankausbildung 2020.

Fazit und Ausblick

Das Projektteam Bankausbildung 2020 erarbeitet bis Ende 2021 weitere modulare Lösungsideen im Schwerpunkt für die „Zeit nach der Ausbildung“. Die DSGV-Retentionstudie zeigt besonders im Übergang zwischen Ausbildung und den späteren Tätigkeiten und bei jungen Mitarbeitenden nach der Ausbildung Handlungsbedarf auf. Die Ergebnisse der dargestellten Studie werden aktuell aktiv in die Planung der zweiten Projektphase einbezogen. Die weiteren BBL-Artikel werden detailliertere Auswertungen vorstellen und dabei die Sichtweisen der Personalverantwortlichen und Vorstands­mitglieder einbeziehen und auf konkrete Handlungsempfeh­lungen eingehen.

Autoren
Michael Thaler ist Abteilungsdirektor und Leiter der Gruppe Personalmanagement und Bildungspolitik beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) in Bonn.
Prof. Patrick Müller ist Wirtschaftspsychologe an der Hochschule für Technik (HfT) in Stuttgart.
Simon Klos ist Teilprojektleiter Personalmanagement und Bildungspolitik beim DSGV in Bonn.
 

Die Beiträge der Serie

Teil 1: Im Mittelpunkt steht das Leben der Auszubildenden in den Sparkas­sen. Nachgegangen wird der Frage, wie die Auszubildenden ihre Tätigkeiten, Organisationen und Zukunftsperspektiven einschätzen und an welcher Stelle sich Verbesserungspotenziale bieten.
Teil 2: Er beschäftigt sich mit dem Übergang vom Auszubildenden zum Mitarbeitenden. In diesem besonders wichtigen Abschnitt bei der Bin­dung qualifizierter Mitarbeitender werden eine Reihe sehr relevanter Befragungsergebnisse vorgestellt.
Teil 3: Er greift die Perspektive junger Mitarbeitender in den ersten drei Jahren nach der Ausbildung und die Einschätzung bezüglich der Tätigkeiten und Perspektiven in den Sparkassen auf.
Alle Artikel geben damit einen umfassenden Einblick in den Arbeitsalltag und das Erleben der jungen Auszubildenden und Mitarbeitenden in den Sparkassen.

 

Michael Thaler, Prof. Patrick Müller, Simon Klos
– 16. Juni 2020